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·25 April 2025
Sollte Lena Oberdorf mit zur Europameisterschaft fahren?

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·25 April 2025
"Wie ist der aktuelle Stand bei Oberdorf?" Oder "Bis wann müsste Lena Oberdorf fit sein, damit sie bei der EM auf dem Platz steht?" Kaum ein Interview mit Christian Wück vergeht, in dem der Bundestrainer der DFB-Frauen nicht über eine bestimmte Personalie ausgefragt wird - Lena Oberdorf. Dabei bleibt die Antwort des 51-Jährigen immer die gleiche: Nach ihrem Kreuzbandriss sollte die talentierte Mittelfeldspielerin im Optimalfall "noch ein, zwei Spiele" machen, damit sie eine ernsthafte Kandidatin für einen der begehrten Plätze im EM-Kader ist. Doch ist eine Teilnahme von Oberdorf an der Europameisterschaft eine gute Idee?
In der ganzen Debatte ist eine Sache jedenfalls nicht diskutabel: Eine fitte Lena Oberdorf gehört zu 100 Prozent in den Kader der A-Nationalmannschaft. Die 23-Jährige wird vollkommen zurecht als beste Mittelfeldspielerin des Landes gehandelt. Schon früh stand Oberdorf im Fokus der Fußballwelt. Mit nur 17 Jahren feierte sie ihr Debüt in der deutschen Frauen-Nationalmannschaft. Ihr außergewöhnliches Spielverständnis, die Vielseitigkeit und physische Präsenz verliehen Lena Oberdorf den Status des Jahrhunderttalents. Mittlerweile verbucht die 23-Jährige 51 Länderspiele auf ihrem Konto und nahm in jungen Jahren bereits an zwei Weltmeister- und einer Europameisterschaft teil. Würde Oberdorf gerade nicht an ihrem Comeback nach dem Kreuzbandriss im Juli 2024 laborieren, wäre ihr Name einer der ersten, der auf der Kaderliste des Bundestrainers für die EM im Sommer stünde. Doch genau das ist eben aufgrund der schweren Verletzung nicht möglich - und die Zeit rennt.
Laut Christian Wück sei es so, "dass die zeitliche Komponente passen könnte - und müsste". Für ihn sei es wichtig, "dass sie vor der EM noch ein paar Spiele machen kann". Seit vier Wochen ist die 23-jährige Mittelfeldspielerin wieder im Teamtraining. Mit dem FC Bayern bleiben ihr in dieser Saison theoretisch noch vier Pflichtspiele. Im Pokalfinale nächste Woche "reinkommen, Kopfballtor machen", das wäre ihr Traum, verriet Oberdorf in ihrem Podcast Popcorn und Panenka. Die Frage ist nur, wie realistisch ist ein Comeback in den nächsten Wochen? Was dem Fanliebling zu Gute kommen könnte, ist das neu eingeführte World Sevens Football Turnier, an dem die Bayern-Frauen Ende Mai teilnehmen. Eine Partie dort dauert 30 Minuten, bis zum Finale wären es fünf Spiele - eine weitere Möglichkeit also für Oberdorf, um Spielpraxis zu sammeln. Zudem stehen für die DFB-Frauen vor der EM noch zwei Nations-League-Spiele an, bei denen die Langzeitverletzte langsam wieder herangeführt werden könnte.
Allerdings ist fraglich, wie sinnvoll das Ganze ist. Aufgrund der Dichte der Spiele ist ein solches Turnier wie die Europameisterschaft eine große körperliche Belastung. Alleine in der Gruppenphase warten drei Partien innerhalb von sieben Tagen auf die Spielerinnen. Sollte es darüber hinausgehen, bleibt die Schlagzahl ähnlich hoch. Der Kader ist limitiert - viel Risiko kann sich der Bundestrainer da nicht erlauben. Zudem spielt noch ein weiterer Aspekt eine wichtige Rolle: Mit Sjoeke Nüsken und Elisa Senß ist die Frauennationalmannschaft im defensiven Mittelfeld aktuell gut besetzt. Es ist einer der wenigen Mannschaftsteile, der keine allzu große Baustelle ist. Nüsken und Senß sammelten während der Saison ordentlich Spielzeit und vor allem Selbstvertrauen auf der Sechs bei den DFB-Frauen. Aber auch Spielerinnen wie Sara Däbritz, Janina Minge, Lisanne Gräwe, Linda Dallmann oder Sydney Lohmann können im defensiven Mittelfeld auflaufen, sind einigermaßen im Flow und flexibel einsetzbar. Dennoch ist auch klar, dass je nachdem wie die Comeback-Spiele verlaufen, Oberdorf schnell wieder gesetzt sein könnte - denn an Weltklasse kommt man eben nicht vorbei.
Wück hat mal wieder die Qual der Wahl. Natürlich sträubt sich kein Trainer gegen eine Lena Oberdorf auf der Auswechselbank. "Ich will mir in erster Linie selbst gerecht werden", betonte die Spielerin selbst. Zwar würde sie "brutal gerne" zur Europameisterschaft, doch Gesundheit steht immer an erster Stelle. Klar ist, dass die medizinischen Abteilungen gemeinsam mit Oberdorf die für sie beste Entscheidung treffen werden. Ob es aus der Sicht des FC Bayern klug ist, das Mittelfeldass direkt zur Europameisterschaft zu schicken, bleibt eine weitere knifflige Angelegenheit. Zur Wahrheit gehört eben auch, dass die 23-Jährige noch eine lange Karriere vor sich hat und im besten Fall noch ein paar EMs im Trikot des DFB spielen wird. Viele würden sich zurecht über Oberdorf im Kader freuen. Jetzt gilt es: Abwarten und Tee trinken - oder im Fall der Bayern: Abwarten und Weißbier trinken.