Rund um den Brustring
·30 September 2024
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·30 September 2024
Heute Abend empfängt der VfB zum ersten Champions League-Heimspiel seit 14 Jahren Sparta Prag im Neckarstadion. Gegen den tschechischen Hauptstadtclub bestritten die Brustringträger in ihrer Geschichte noch kein Pflichtspiel. Umso interessanter, was uns Sparta-Fan Jan vom Derby Podcast über seinen Verein zu berichten weiß.
Rund um den Brustring: Hallo Jan und danke, dass Du dir die Zeit für unsere Fragen nimmst. Bitte stell Dich und Deinen Podcast erstmal vor.
Jan: Hallo, mein Name ist Jan Pavlica und ich bin 37 Jahre alt. Ich bin als Sparta-Fan geboren und werde als Sparta-Fen sterben. In Prag gibt es neben Sparta noch Slavia und zwischen beiden Vereinen herrscht eine riesige Rivalität. Am kommenden Sonntag steht das nächste Derby an: Slavia empfängt Sparta. Die beiden Vereine haben in Prag ganz verschiedene politische, ökonomische und historische Hintergründe, wen man unterstützt ist auch eine Frage der gesellschaftlichen Stellung. Ich bin auch Unternehmer, habe Geschäfte im Tourismusbereich und mit Solarpanelen und jeden Montag nehmen ich mit mit meinem “Freund”, einem Slavia-Fan auf YouTube den DERBY PODCAST auf, in dem wir über die letzten und die anstehenden Spiele von Sparta und Slavia sprechen. Ich habe außerdem zwei Kinder, die zum Glück auch Sparta-Fans sind — auch wenn das bei uns zu Hause keine demokratische Abstimmung war (lacht). Ich mache auch Sport, aber mein größtes Hobby ist Fußball und Sparta im Speziellen
Am Freitag verlor Sparta zum ersten Mal in dieser Saison ein Pflichtspiel, gegen Sigma Olomouc. Was war der Grund dafür?
Sparta ging mit seiner besten Aufstellung ins Spiel, nach die Mannschaft zuletzt kritisiert wurde, sie würde sich zu sehr auf die Europapokal-Spiele fokussieren und in der Liga vor allem zu Hause nicht besonders überzeugend auftreten. Sparta gewann seine Heimspiele nur sehr knapp, weswegen unser neuer Trainer Lars Friis dieses Spiel nicht auf die leichte Schulter nehmen wollte und seine stärkste Mannschaft aufbot. Vermutlich wird Sparta heute Abend mit der gleichen Aufstellung auflaufen. Sparta ging nach einem weiten Abschlag von Torhüter Vindahl auch durch ein sehenswertes Tor von Viktor Olantunji in Führung und alles sah gut aus. Leider verlor die Mannschaft danach die Konzentration. Olomouc profitierte dann von zwei Fehlern unseres wertvollsten Spielers, Innenverteidiger Martin Vítík sowie unseres Nationalspielers Jaroslav Zelený und ging mit 3:1 in Führung. Unser zweites Tor reichte leider nicht, so dass Sparta sogar zum ersten Mal seit eineinhalb Jahren ein Heimspiel in der Liga verloren hat. Das war für uns alle ein Schlag ins Gesicht, aber wie ich finde auch ein wichtiger Weckruf, den die Mannschaft brauchte.
Vergangene Saison gewann Sparta zum ersten Mal seit zehn Jahren das Double und zum zweiten Mal in Folge die Meisterschaft. Ist Sparta jetzt wieder im Kommen, nachdem sich zehn Jahre lang Slavia und Viktoria Pilsen die Titel untereinander aufteilten?
Grundsätzlich muss man sagen, dass die tschechische Liga einen großen Schritt nach vorne gemacht hat und sich auch in der Fünf-Jahres-Wertung verbessert hat, so dass sich seit dieser Saison der Meister für die Champions League qualifiziert. Das bedeutet auch zusätzliche Einnahmen für die Vereine. In Tschechien gibt es, wie Du sagst, drei dominante Vereine: Sparta, Slavia und Viktoria Pilsen, wobei Pilsen häufig der lachende Dritte neben uns und Slavia war. Was man über Sparta wissen muss ist, dass ihr Besitzer Daniel Kretinsky einer der reichsten Männer des Landes ist — ein eleganter junger Geschäftsmann mit Firmen in England, Frankreich und anderen westeuropäischen Ländern, nicht der klassische osteuropäische Oligarch, sondern sehr charismatisch und gebildet. Er besitzt Sparta seit 14 Jahren, aber alles hat sich damit geändert, dass Tomáš Rosický vor fünf Jahren Sportdirektor wurde: Vor drei Jahren installierte er Brian Priske als Trainer — früher bei Midtjylland und Antwerpen — setzte vermehrt auf ausländische Spieler und implementierte eine Siegermentalität. Nach dem Double wechselte Priske zu Feyenoord, die Arne Slot ersetzen mussten und wurde durch den Co-Trainer der dänischen A‑Nationalmannschaft, Lars Friis ersetzt. Friis hat uns nach 19 langen Jahren endlich wieder in die Champions League geführt, mit dominanten Auftritten gegen Shamrock, Bukarest, Malmö und schließlich Red Bull Salzburg
Was sind deine Erwartungen an die aktuelle Saison?
Bei Sparta geht es immer darum, die Liga zu gewinnen und sich für Europa zu qualifizieren. Dieses Jahr wird es sehr schwer gegen Slavia, die nach langer Zeit endlich wieder den Titel holen wollen — das Derby am Sonntag wird da sehr bedeutsam werden. Auch in der Champions League will Sparta natürlich gut mithalten, Stuttgart wird für unser System eine interessante Herausforderung.
Welches System spielt Ihr denn, was sind Spartas Stärken und Schwächen und auf wen müssen wir besonders aufpassen?
Sparta spielt in einem 3–4‑3 mit Wingbacks. Gerade über unsere Flügelstürmer Haraslin und Birmančevič haben wir ein gutes Umschaltspiel, beide haben schon zahlreiche Tore vorbereitet und sind auch selber torgefährlich, auf die müsst ihr also aufpassen. Vorne spielt der bereits erwähnte Viktor Olatunji, schnell, ein guter Schütze und im Zweikampf. Mein Lieblingsspieler ist aber der Finne Kaan Kairinen, ein kreativer zentraler Mittelfeldspieler. Er kontrolliert Spartas Spiel und das Spieltempo und wird dabei, weil er nicht sehr schnell ist, von Laci oder Sadilek im Mittelfeld unterstützt. Torwart Vindahl ist sehr ruhig und gut mit dem Ball am Fuß, ähnlich wie Manuel Neuer fast ein weiterer Verteidiger. Insgesamt ist eine unserer Stärken auch, dass wir uns gut an das System des Gegner anpassen und dessen Stärken neutralisieren können.
Unsere Startelf ist also sehr gut, die Bank kann da nicht ganz mithalten. Zu unseren Schwächen gehört, dass die Mannschaft bei starkem Pressing unter Druck gerät und Fehler macht. Wir haben da allerdings viel aus den Spielen gegen Liverpool im Europa League-Achtelfinale (1:5 und 1:6) gelernt und stehen mittlerweile kompakter. Eine Schwachpunkt sind auch unsere Wingbacks Wiesner und Preciado. Beide sind defensiv anfällig, Wiesner ist relativ klein und hält den Ball zu lange. Preciado ist da etwas spielstärker aber auch zu verspielt.
Stuttgart und Sparta haben noch nie gegeneinander gespielt, der einzige Spieler, der für beide Vereine auflief, war Jan Simak. Wie war die Reaktion auf die Auslosung, welches Bild hat man vom VfB in Prag?
Die Auslosung war ziemlich schwer für Sparta: Salzburg, Stuttgart, Manchester City, Brest, Athletico Madrid, Feyenoord, Inter und Leverkusen. Das wurde mitunter als das zweitschwerste Los angesehen. Zu Hause sind wir eine Macht mit einer tollen Atmosphäre, die uns dabei geholfen hat, große Verein wie Betis oder Galatasaray zu schlagen. Auswärts sind wir schwächer und haben vor dem Auswärtsspiel in Stuttgart viel Respekt.
Die Bundesliga hat in Tschechien einen guten Ruf, schließlich sind die größten Stars unserer Liga alle dorthin gewechselt: Koller, Rosicky, Schick, Hlozek, Kaderabek or Hranac. Der VfB stand lange nicht mehr so weit oben in der Tabelle, deswegen wissen wir nicht so richtig, was uns in Stuttgart erwartet. Das Spiel bei Real Madrid, in dem der VfB trotz der 1:3‑Niederlage eine gute Leistung und guten Fußball zeigte, hat auf jeden Fall die Aufmerksamkeit vieler tschechischen Fans erregt. Ja, Jan Simak, das “wild child” des tschechischen Fußballs. Der war auch häufig Thema im Boulevard, nicht unbedingt nur wegen des Fußballs.
Weißt Du, wie viele Sparta-Fans sich auf die Reise nach Stuttgart begeben?
Sparta hat eine sehr große Fanszene, angeblich die größte in der Tschechischen Republik. Wir haben 3.300 Karten erhalten, die waren aber innerhalb einer Minute weg. Ich hatte Glück und bin heute mit einer Gruppe von zehn Leuten in Stuttgart. Wir werden heute Abend ein spezielles T‑Shirt tragen komplett in Schwarz. Sparta-Fans sind sehr heißblütig und leidenschaftlich, mit Choreographien und Pyro. Es wird mit Sicherheit ein Spektakel für Euch. In Europa sind wir für unsere gute Atmosphäre bekannt und ich bin sicher, wir werden Euch in der Lautstärke in nichts nachstehen.
Dein Tipp für das Ergebnis?
Ich glaube nicht, dass wir verlieren werden, die Wahrscheinlichkeit auf ein Unentschieden ist sehr groß. Ich könnte mir vorstellen, dass wir in Führung gehen und es davon abhängt, ob Ihr Eure Mannschaft zum Sieg tragen könnt. Ein 0:2- oder 0:3‑Niederlage wäre eine herbe Enttäuschung, ein knappe Niederlage wäre auf jeden Fall Thema in den Medien. Ich tippe auf ein 1:1
Vielen Dank und auf ein gutes Spiel!
Titelbild: © Alex Livesey/Getty Images