OneFootball
·15 Maret 2025
In partnership with
Yahoo sportsOneFootball
·15 Maret 2025
Ein Flop mit Ansage: Als Nadiem Amiri am Deadline Day 2024 von Leverkusen nach Mainz wechselte, waren sich nicht wenige sicher, dass da ein ganz schlechter Deal gemacht worden war. Und zwar für beide Seiten. Denn wozu braucht ein auf Soforthilfen angewiesener, akut abstiegsbedrohter Klub einen Spielmacher ohne Spielpraxis? Und andererseits: Warum sollte ein zumindest technisch doch zu deutlich Höherem berufener Ex-Nationalspieler eine deutsche Meisterschaft in Teilzeit gegen die Knochenarbeit Abstiegskampf eintauschen?
Amiri und der FSV Mainz 05 schienen zusammen eine für beide Parteien gleichermaßen sinnlose Entscheidung gefällt zu haben. Spätestens seit Donnerstag ist allerdings klar: Es war wahrscheinlich einer der smartesten Wechsel der jüngeren Bundesligageschichte.
Etwas mehr als ein Jahr nach dem in seiner Sinnhaftigkeit so umstrittenen Wechsel wurde Nadiem Amiri nun nämlich von Julian Nagelsmann nach vierjähriger Abwesenheit zurück in die deutsche Nationalmannschaft geholt. Dabei kehrt er gewissermaßen im Stile eines ganz Großen zurück. Denn obwohl Amiri längst nicht das Format von Toni Kroos oder Thomas Müller hat, muss man eins bedenken: Wenn ein Spieler nach so einer langer Zeit im DFB-Team ein Comeback geben darf, verspricht sich der Bundestrainer in der Regel viel davon.
Und dazu gibt es im Fall Nadiem Amiri durchaus Anlass. Heute ist er nämlich kein spielpraxisloser Spielmacher mehr, der im Begriff ist, die letzten Hoffnungen auf eine große Karriere mit einem Wechsel in den Abstiegskampf zu beerdigen. Stattdessen ist er die wichtigste Figur eines Champions-League-Aspiranten.
Bei den aktuell auf einem einigermaßen irren dritten Platz rangierenden Mainzern verkörpert nämlich niemand so gut das, was Bo Henriksen aus den Nullfünfern gemacht hat: Ein elfköpfiges Energiebündel, das am Fußballspielen großen Spaß hat, aber aus der Fußballverhinderung mindestens genauso große Freude zieht.
📸 Frederic Scheidemann - 2025 Getty Images
Gerade bei Letzterem verwundert es etwas, dass der eigentliche Edeltechniker Amiri vorangeht, als hätte er das Wort Zweikampf höchstselbst erfunden. Auf der Doppelsechs zieht er nicht nur die Fäden, er zerreißt auch am laufenden Band die des Gegners. Mit Grätschen, die aus dem Abstiegskampf kommen, aber in die Königsklasse führen.
Dass er sich innerhalb nur eines Jahres so entwickelt hat, rechnet er vor allem auch seinem Trainer an: “Bo hat in der Phase, in der keiner mehr an uns geglaubt hat, es allen gezeigt. Er war der, der an uns geglaubt hat”, so Amiri vor Kurzem in einem ’Sky’-Interview. Sätze, die zwar auf die Mainzer als Team bezogen sind, aber gleichzeitig perfekt individuell auf Amiri umzumünzen sind. Als gerade niemand mehr so richtig an ihn glaubte, machte Svensson den Leverkusener Bankdrücker zum Herzstück seiner Mannschaft.
Amiri zahlt es ihm seitdem mit dieser an ihm so neuen Seite des Fighters zurück und rennt, kämpft und grätscht, als ginge es auch jetzt noch gegen den Abstieg. Genau das macht ihn nun auch für Nagelsmann interessant. Denn der forderte schon als Bayern-Trainer von seinen Spielern “talentfreie Aktionen” und wollte vor der Heim-EM auf “zwei Prozentpunkte Talent verzichten und zwei ‘Worker’ mehr reinwerfen”. Mit Amiri holt er sich einen Spieler in den Kader, der aktuell die talentfreien Aktionen geradezu mustergültig mit dem gegebenen Talent verbindet.
Schließlich dürfen all die gewonnenen Zweikämpfe und Extrasprints ja nicht darüber hinwegtäuschen, dass er die Mainzer mit herausragendem Passspiel und neun Torbeteiligungen in 22 Partien auch spielerisch trägt. Und in dieser Hinsicht kommt dann Xabi Alonso auch etwas besser weg als jemand, der Amiri nur auf der Bank hat versauern lassen.
📸 Maja Hitij - 2025 Getty Images
„Ich habe so viel mitgenommen. Von Xabi, aber auch einem Spieler wie Granit Xhaka. Wichtige Details, wie ich zum Ball stehe, mit welchem Fuß ich annehme, wie ich Räume erkenne, Bälle in die Tiefe spiele. Da konnte ich mir sehr viel von Xabi abschauen und bin dafür sehr, sehr dankbar“, erklärte der 28-Jährige vor einiger Zeit in einem ‘kicker’-Interview.
Vielleicht noch ein bisschen mehr als im technischen Bereich hat Alonso Amiri aber wohl geholfen, als er ihm bei seinem Winterwechsel nach Mainz keine Steine in den Weg legte. Dass regelmäßige Spielzeit mit Blick auf die Nationalmannschaft dann doch etwas wichtiger ist als ein Meistertitel, zeigte nämlich zuletzt das Beispiel Aleks Pavlovic, als Nagelsmann sich zu dessen näheren Zukunftsaussichten im DFB-Team äußerte: “Um in der Nationalmannschaft eine wirklich wichtige Rolle zu spielen, muss man im Verein regelmäßig in der Startelf stehen oder zumindest 70-80 Prozent der Spiele bestreiten“, so der Bundestrainer.
Weil Amiri bei den so furios Richtung Champions League stürmenden Mainzern nicht nur regelmäßig in der Startelf steht, sondern der ganz entscheidende Mann ist, darf er sich mit Blick auf die kommenden Länderspiele durchaus Einsatzchancen ausrechnen. Wie weit das führt, bleibt noch abzuwarten, aber: So richtig geklärt ist die Nachfolge von Toni Kroos ja noch nicht. Es wäre nicht das erste Mal, dass Nadiem Amiri uns überrascht.
📸 Frederic Scheidemann - 2025 Getty Images
Langsung
Langsung