Neue DNA braucht altes Gen: Steht der größte Klub der Welt vor dem Fall? | OneFootball

Heute wird Luka Modric sein letztes Spiel für Real Madrid bestreiten. Mit dem 39-Jährigen dankt damit einer der letzten Königlichen ab, die das unerschütterliche Sieger-Gen des Weltklubs verkörperten. Nach einer titellosen Saison stellt sich in der spanischen Hauptstadt die Frage: Wächst die neue DNA erfolgreich zusammen oder steht der größte Klub der Welt vor einem spektakulären Fall?

'Remontada' war das geflügelte Wort im madrilenischen Kosmos, vor dem Rückspiel im CL-Viertelfinale gegen Arsenal. Spektakuläre Aufholjagd. Wenn ein Team die 3-Tore-Hypothek aus dem Hinspiel noch aufholen kann, dann Real Madrid. Ein Selbstverständnis, dass in der Person von Luka Modric in der 73. Minute an der Seitenlinie stand.

Der Kroate lief unter sehnsüchtigem Jubel im Estadio Santiago Bernabéu auf den Platz - und musste mit ansehen, wie Gabriel Martinelli in der Nachspielzeit den 1:2-Endstand erzielte. Das Aus des Rekordsiegers. Die Strahlkraft des Letzten einer goldenen Generation vermochte das Ruder nicht mehr rumzureißen.

Ebenso wenig galt das für das Rennen um die spanische Meisterschaft und den Pokal. Beide Titel gingen an den Erzrivalen vom FC Barcelona. In zwei denkwürdigen Partien ließen sich die Madrilenen auf dem Weg dahin jeweils eine Führung noch aus der Hand nehmen. Wie konnte das passieren? An individueller Qualität hat es sicher nicht gefehlt. Weder bei Modric, noch bei Real.

Der osteuropäische Volksheld stellte auch in seinem 40. Lebensjahr in schöner Regelmäßigkeit unter Beweis, dass er seinem alternden Körper noch Zauberpässchen und Traumtore entlocken kann. Das Star-Ensemble von Carlo Ancelotti bekam derweil mit Kylian Mbappé einen weiteren Überflieger dazu. Statt (inter-)nationaler Dominanz wurde die erste Spielzeit mit dem Franzosen aber eine titellose Schmach.

Klar, die zahlreichen Verletzungen haben sicherlich nicht geholfen. Eine ähnliche Misere gab es aber auch schon in der vorherigen Saison. Trotzdem durfte am Ende zum 15. Mal der Henkelpott am Cibeles-Brunnen präsentiert werden. Dann hörte Toni Kroos auf. Bei Dani Carvajal versagte im Oktober das Kreuzband. Jetzt nehmen Modric und Ancelotti ihren Hut.

Unbestritten, auch Thibaut Courtois, Antonio Rüdiger oder Vinicius Jr. wissen genau, wie man mit Silberware auf dem Schoß möglichst schief "¡Hala Madrid!" auf einem Doppeldeckerbus schmettert. Die Anzahl der Textsicheren ist über die Jahre aber immer kleiner geworden. Wer liefert eine frische Injektion Sieger-Arroganz?

📸 KIRILL KUDRYAVTSEV - AFP or licensors

Xabi Alonso! So zumindest die Hoffnung der geschätzten 41 Millionen Madridistas alleine in Europa. Der spanische Welt- und Europameister ist die logische Wahl. Als Ex-Spieler kennt er jede Fußmatte im Verein, hinterließ als Kicker - und mittlerweile auch als Coach - eine beeindruckende Schneise des Erfolgs.

Am Montag tritt der Leverkusener Meistermacher seinen Dienst an, alle Augen werden sich auf ihn richten. Vor ihm liegt die wohl schwierigste Aufgabe im Weltfußball seit der Mission Wiederaufstieg in einer norddeutschen Hansestadt. Die Hierarchie muss neu sortiert werden. Auch der erst 43-Jährige Übungsleiter muss dabei erstmal sein Standing behaupten.

Personell muss ein großer Umbruch bewerkstelligt werden, während bitteschön jedes Spiel gewonnen wird. Achja, und es soll natürlich toll aussehen. Dem werden auch unschöne Entscheidungen vorausgehen müssen. Wie geht es mit David Alaba oder Eder Militao weiter? In welcher Form kommt der 33-jährige Carvajal wieder? Kommt noch ein potentieller Nachfolger von Modric?

📸 JAVIER SORIANO

Seine stoische Ruhe werden die (spanischen) Gazetten dem Neu-Coach bei jeder noch so kleinen Gelegenheit als Untätigkeit aufs Brot schmieren. Es wird den Architekten von Laterkusen kaum kümmern. Die Siegessicherheit gehört zum zweifachen CL-Sieger, wie sein stilvolles Auftreten.

Mit beidem wurde bei seinem neuen Arbeitgeber zuletzt gegeizt. Schon in knapp drei Wochen, bei der Klub-WM, wird der Turnaround beginnen. Eine nachhaltige Erfolgsdelle - oder gar einen Absturz - des größten Klubs der Welt wird es nicht geben. Zumindest Luka Modric wird davon, mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, überzeugt sein.

📸 Angel Martinez - 2025 Getty Images