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·28 Januari 2025
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Das exklusive db24-Interview von Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter ist das Top-Thema der Woche beim TSV 1860. Das 66-jährige Stadtoberhaupt hat wiederholt signalisiert, dass er in der Zusammenarbeit mit dem Drittliga-Dino in der Stadion-Frage für alles offen ist - mit einer Bedingung: Die Löwen müssen mit einer Zunge sprechen. Nicht gut weg kam bei Reiter auch Löwen-Boss Robert Reisinger. Das db24-Interview - Teil 2:
db24: Herr Reiter, kurz vor dem Jahreswechsel hatten Sie den Löwen in einem AZ-Interview ein Ultimatum zum Grünwalder Stadion gesetzt. Warum so deutlich?
DIETER REITER: Wir müssen das Grünwalder Stadion sanieren und das in den kommenden Jahren - das sagt mir mein Baureferat. Wir können das Thema nicht aussitzen. Wir müssen Geld in die Hand nehmen und wir reden von richtig viel Geld: 70, 80 oder 100 Millionen Euro - wenn man die Baukostensteigerung der letzten Jahre im Hinterkopf hat. Die Stadt braucht Sicherheit. Uns hilft es nicht, wenn Hasan Ismaik ein Jahr nach Baubeginn dann sagt: “Ich lege jetzt 50 Millionen Euro auf den Tisch! Wir bauen ein eigenes Stadion!” So kann ich mit Steuergeldern nicht umgehen. Es muss in diesem Jahr eine Entscheidung fallen! Bleibt’s drittliga-tauglich - dann machen wir das, um auch die Auflagen vom Bayerischen Fußballverband und DFB zu erfüllen: Der Beton muss saniert werden, das Flutlicht und die Stromanlage. Wenn wir uns nicht einigen, würden wir nichts tun, was man in der Zweiten Liga braucht, also auch keine Business Seats einbauen oder ein Dach über der Westkurve planen. Bei allem Respekt gegenüber den anderen Vereinen, die im Grünwalder spielen: Sie brauchen beispielsweise keine Business Seats - sondern ausschließlich Sechzig. Wir werden nur investieren, wenn wir einen dauerhaften Mieter haben. Ich sage deutlich: Ein Mietvertrag für mindestens zehn Jahre ist ein Muss, und wenn ich sehe, dass die Löwen gerade Tabellen-14. in der Dritten Liga sind, dann sind zehn Jahre aus meiner Sicht nicht überzogen. Deswegen braucht es zeitnah ein Commitment - und selbst dann brauche ich immer noch eine politische Mehrheit, für dieses Millionen-Projekt. Wenn ich überzeugt bin, heißt das noch lange nicht, dass auch die 80 Stadträtinnen und Stadträte den Daumen heben. Für 100 Millionen Euro kann man in der Stadt auch andere Projekte umsetzen…
All die Geschichten, die ich höre und lese, dass die Sechzger nicht wissen, welcher Mietzins im Falle des Umbaus abgerufen wird, sind Schmarrn.
db24: Es heißt immer wieder von Seiten der Löwen, die Stadt würde die Mietkonditionen nicht offenlegen…
All die Geschichten, die ich höre und lese, dass die Sechzger nicht wissen, welcher Mietzins im Falle des Umbaus abgerufen wird, sind Schmarrn. Ich weiß von meiner Verwaltung, dass es intensive Gespräche zu diesem Thema mit den Sechzgern gegeben hat. Und dass sich Präsident Reisinger dann hinstellt und sagt, man wisse von nichts…Das kann für ihn vielleicht persönlich gelten, hat aber nichts mit der Realität zu tun. Das ist vielleicht seine eigene persönliche Einschätzung. Wir sollten gemeinsam Probleme lösen, aber bitte nicht die Fakten ignorieren. Das ist leider ein latentes Führungsproblem bei Sechzig. Man verlangt von uns, dass wir irgendwelche Mieten prognostizieren, nach irgendwelchen Umbauszenarien, die wir noch nicht kennen. Wenn wir uns auf Augenhöhe begegnen würden, bin ich mir aber sicher, dass es nicht an der Miete scheitern würde.
db24: Stichwort Miete: Die Löwen hatten sich in der Vergangenheit schon des Öfteren beschwert, dass bereits die aktuelle Miete viel zu teuer sei…
Es gibt ein Bewertungsamt, das jeden Tag nichts anderes tut, als Objekte zu bewerten. Das sind meine Fachleute. Ich gehe davon aus, dass in den vielen Gesprächen mit 1860 die wertmindernden Dinge in der Miete berücksichtigt sind. Das sind jetzt keine Beträge, die einen funktionierenden Profiverein niederschmettern sollten. Ich glaube, wir sind hier durchaus entgegenkommend.
db24: Bei 1860 will man auch nicht wahrhaben, dass die Obergrenze bei der Zuschauerzahl fürs Grünwalder Stadion bei 18.105 Fans liegt.
Diese Zahl ist das Maximum. Wir können ein paar tausend Plätze mehr anbieten als aktuell - da kommen wir im baurechtlichen Rahmen auf ein Fassungsvermögen von 18.105 Zuschauer und die Überlegung, Business Seats zu vermarkten. Damit kann man schon Geld verdienen. Es gibt Bundesliga-Vereine, die keine größeren Stadien haben.
db24: Das ist richtig, aber München ist eine Millionen-Stadt - und alle Vereine wollen wachsen. Mittlerweile kommen nur noch Heidenheim und Kiel mit jeweils 15.000 Plätzen aus…
Die Zeiten sind vorbei, dass alle Sechzger oben in Giesing leben und die Kissen aufs Fensterbrett legen. Von diesem Gedanken muss sich 1860 definitiv lösen.
Wir reden nicht davon, ob wir als Stadt wollen oder nicht. Es sind einfach die Auflagen, die uns beim Grünwalder Stadion limitieren. Es geht nicht um die Kostenfrage: So groß wäre der finanzielle Sprung der Baukosten nicht, wenn man statt auf 18.105 auf 30.000 Plätze ausbauen würde. Wenn wir baurechtlich die Möglichkeit hätten, könnte man mit uns auch reden. Aber wir haben diese Option leider nicht. Es dauert gefühlt nur eine Sekunde, wenn wir den Bebauungsplan auflegen. Dann habe ich 500 Widersprüche auf dem Tisch, wobei ein Widerspruch schon reicht. Die Zeiten sind vorbei, dass alle Sechzger oben in Giesing leben und die Kissen aufs Fensterbrett legen. Von diesem Gedanken muss sich 1860 definitiv lösen.
Gespielt werden kann während des Umbaus in Giesing sicher nicht.
db24: Sollte das Grünwalder Stadion umgebaut werden, würde 1860 dann temporär wieder ins Olympiastadion zurückkehren?
Es spräche sehr viel dafür! Die Bauzeit fürs Grünwalder Stadion beträgt ein paar Jahre, je nachdem, für welche Umbau-Version man sich entscheidet. Die Sechzger müssen sich mit diesem Gedanken beschäftigen, gespielt werden kann während des Umbaus in Giesing sicher nicht.
db24: Warum ist es eigentlich keine Option, dass 1860 für immer ins Olympiastadion zurückkehrt?
Mich ärgert das seit Jahren, dass wir keinen Fußballbetrieb in diesem tollen Stadion haben. Das Olympiastadion ist ein Wahrzeichen der Stadt. Wir geben dafür zig Millionen Euro aus, dass die olympischen Sportstätten so erhalten bleiben wie sie sind. Es ist alles da, wir hätten bei 1860 nie wieder ein Verkehrsthema. Für 1860 entstehen allein durch den Spielort da oben in Giesing viele Probleme. Es gibt keine Parkplätze, die Verkehrsanschlüsse sind im Olympiapark mindestens doppelt so gut wie in Giesing. Und Erste Liga wird man im Grünwalder Stadion auch nicht mehr spielen können.
db24: Nach db24-Informationen hatten die Löwen in den letzten Jahren in verschiedenen Städten (Regensburg, Ingolstadt, Augsburg, Unterhaching, Nürnberg) angefragt, ob sie dort zur Miete spielen können - und überall hatten sie sich einen Korb geholt…
Einen bewussten Olympiastadion-Verzicht würde ich als Affront gegen die Stadt München sehen.
Wenn die Löwen ihre Heimspiele in Nürnberg machen wollen, obwohl das Olympiastadion leer steht, dann muss man sich langsam überlegen, ob das noch alles sinnhaft ist, was bei 1860 geschieht. Dass man sich als Münchner Verein damit überhaupt auseinandersetzt, eventuell in einer anderen Stadt zu spielen, ist für mich unerklärlich. Wenn 1860 solche Pläne weiterverfolgt, würde mich das echt ärgern, wenn der örtliche Fußballverein, den wir wirklich gern unterstützen, sagt: “Wir gehen nicht ins Olympiastadion - das mögen wir nicht! Wir spielen lieber in Nürnberg!” Mir ist bewusst, dass es Fans gibt, die dieses Stadion nicht mögen - aber einen bewussten Olympiastadion-Verzicht würde ich als Affront gegen die Stadt München sehen.
db24: Man wird das Gefühl nicht los, dass die Rückkehr des TSV 1860 ins Grünwalder Stadion dem Verein mehr geschadet als geholfen hat: Haben Sie mal darüber nachgedacht, was gewesen wäre, wenn Sie dem Umzug der Löwen von der Allianz Arena zurück nach Giesing nicht zugestimmt hätten?
Ich kenne die Konditionen von damals. Da hat sich Karl-Heinz Wildmoser natürlich weit aus dem Fenster gelehnt - mit der Einschätzung der sportlichen und wirtschaftlichen Entwicklung der Löwen. Er war da sehr optimistisch - das sage ich ganz ehrlich, wenn man weiß, was er für einen Vertrag unterschrieben hat. Insoweit war es den Überlegungen geschuldet aus der Arena rauszugehen.
db24: Kleiner Einwurf: Insbesondere die Cateringverträge, die aber nicht von Wildmoser unterschrieben wurden, hatten den Löwen die Luft zum Atmen abgeschnürt: Pro Saison musste 1860 rund 2,3 Millionen Euro abdrücken, egal wie viele Essen tatsächlich gebraucht wurden…
Gerade deswegen hatte ich den Umzug 2017 zurück ins Grünwalder Stadion wirtschaftlich verstanden - und ich hatte damals auch schon viele Sechzger hier, die sagten: “Wir müssen zurück ins Sechzger Stadion!” Und dann war der nächste Schritt, dass man sich bewusst war, dass man bei Topspielen nicht mehr die Einnahmen generieren kann wie in der Allianz Arena. Und sportlich recht erfolgreich war man ja auch in Fröttmaning nicht besonders, deswegen der Wunsch nach der Rückkehr nach Giesing…
Es gibt durchaus auch Sechzger-Fans in den oberen Etagen von Unternehmen, wenn du zu denen sagst “Du, wir haben einen Plan! Wir haben eine Studie!”, sind die sofort Feuer und Flamme.
db24: Für 1860-Mehrheitsgesellschafter Hasan Ismaik kann es nur einen Neubau auf der grünen Wiese geben: Gibt es überhaupt ein Grundstück, das Sie den Löwen anbieten könnten?
Die Fläche in Riem ist aktuell nicht mehr zu haben, der Mietvertrag wurde vor geraumer Zeit verlängert - weil sich 1860 nicht mehr gemeldet hat, und dann kam 2017 der Abstieg. Und freie Grundstücke haben wir in München nicht gerade in großer Zahl. Aber auch das ist was: Ich schicke meine Leute erst los, wenn ich von 1860 Einigkeit habe und es tatsächlich ein ernsthaft hinterlegtes Interesse gibt. Die Stadien werden nicht billiger. Als Hasan Ismaik das erste Mal bei mir war, ich glaube, es war 2016, da waren die Preise noch deutlich anders als jetzt. Ein Stadion zu bauen wird nicht einfacher. Deswegen brauche ich dazu eine konkrete Aussage beziehungsweise einen Finanzierungsplan des Vereins. Wenn ich merke, das hat Hand und Fuß, bin ich gern bereit, mich einzuschalten und zu helfen, dass wir ein passendes Grundstück finden, das dann aber wohl irgendwo am Stadtrand liegt. Es muss ja nicht unbedingt ein städtisches Grundstück sein. Es gibt ja einige Investoren, die bereit wären, gegen eine Pacht, ein Grundstück anzubieten. Aber ich werde erst aktiv, wenn ich Fakten habe. Es gibt durchaus auch Sechzger-Fans in den oberen Etagen von Unternehmen, wenn du zu denen sagst “Du, wir haben einen Plan! Wir haben eine Studie!”, sind die sofort Feuer und Flamme.