
Vertikalpass
·20 April 2025
Lecko Millot: irrer Kick in Köpenick

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·20 April 2025
Sebastian Hoeneß sagte nach dem Spiel, er könne seiner Mannschaft “keinen Vorwurf machen, ich muss sie loben!“ Sport-Vorstand Fabian Wohlgemuth fand gar, es gibt „wenig Grund zu nörgeln“. Hatte der VfB bei Union Berlin gewonnen? Hatte der VfB ein gutes Spiel in Köpenick gemacht? Nicht wirklich. Ok, es war ein aufregendes 4:4. Und es war ein Spektakel, das sich als Erklärung gut eignet.
So wie sich seit Ende Januar verwegene Spielverläufe gut als Erklärung für fehlende Punkte eigneten, ungerechtfertigte Platzverweise, Unreife, eine an sich gute Spielanlage, kuriose Abwehrfehler. Jetzt kommt eine Rekordhalbzeit dazu. Erklärungen hat der VfB immer schnell und davon viele. Lösungen leider keine, auf Platz 14 steht der VfB in der Rückrunde, in der Gesamttabelle auf einem enttäuschenden Platz 11. Und das wird für viel zu gut befunden und „gute Phasen“ oder eine „gute Entwicklung“ gesehen. Dabei ist die einzige Entwicklung die, die nach unten geht.
Eigentlich ist es die Saison, die wir immer wollten. Insgesamt sorgenfrei, mit absoluten Highlights in der Champions League und einzelnen Bundesligaspielen (Dortmund, Leipzig, Freiburg). Dazu kann der erste Titel seit 18 Jahren errungen werden. Aber dass man die Saison kritisch sehen muss, sieht man an der Formulierung von Deniz Undav nach dem Spiel: „Wir wissen, dass wir durch den Pokalsieg vieles retten können.“
Deniz Undan trifft wieder – obwohl er immer noch dasselbe Auto fährt.
Das Maßlose und das Fehlerhafte gehen beim VfB Hand in Hand: schon seit einigen Monaten und sogar innerhalb eines Spiels. Beeindruckend, wie die Mannschaft wieder ins ins Spiel fand. Enttäuschend, wie das Team die Tore zuließ. Als ob man nicht wisse, dass gerade in Standards die einzige Stärke der Unioner liegt. Die können ja an sich überhaupt nicht Fußball spielen, deshalb setzen sie ja auf die ruhenden Bälle. Verteidigen können sie, hatten bis dato wohl die formstärkste Innenverteidigung der Liga, die köpfen Dir auch Medizinbälle oder Balkonkästen aus dem Strafraum. Gegen den VfB hatten sie ihre Stärken dagegen eher im gegnerischen Strafraum.
Schön, dass sich Spieler, denen die Qualität abgesprochen wurde, in Berlin zeigten: Undav mit einem trockenen Abschluss zum wichtigen 1:2, plus Vorlage auf Chris Führich zum 3:4. In der Beurteilung seiner Person waren bisher andere Themen als das Sportliche wichtiger: sein Fuhrpark, seine Essensgewohnheiten, sein Laufstil. Oberflächlich und unsachlich das Ganze. Ähnlich bei Enzo Millot, den die meisten gut und sogar persönlich zu kennen schienen, weil sie ihm Arroganz, Überheblichkeit und Divenhaftigkeit attestierten. Lecko Millot war das ein schönes Tor zum 2:2. Der Kapitän der französischen U21-Nationalmannschaft überhaupt mit einem guten Spiel, obwohl eine Partie in der schmuddeligen Alten Försterei angeblich unter seiner Würde sei.
Zu viel Geld für zu wenig Punkte Das Spektakel verdeckt den Blick auf die Probleme, die der VfB in der Bundesliga seit der Niederlage in Mainz am 19. Spieltag hat. Trainer Hoeneß gelingt es nicht, die Dauerbaustellen und anhaltenden Probleme zu lösen. Das ist an sich kein Drama, siehe sorgenlose Saison. Aber angesichts des Potentials der Mannschaft und der Investitionen in das Team ist das Abschneiden zu wenig.
Die große Gefahr: das Pokalfinale. Weil es euphorisierend wirkt, der Gedanke an Berlin vieles überstrahlt, was aktuell im Tagesgeschäft Bundesliga falsch läuft. Dieser Erfolg wirkt wie ein Schutzschild. Ein Triumph in Berlin könnte die Saison krönen – sportlich wie emotional, ohne dass jedoch die anhaltenden Probleme in der Rückrunde angegangen werden.
Die Hoffnung ist, dass die Mannschaft in den verbleibenden vier Spielen genug Spannung hat, um die Saison ordentlich zu Ende zu spielen. Schließlich entscheidet auch die Platzierung in der Endtabelle über die Ausschüttung von Fernsehgeldern. Zu hoffen ist weiterhin, dass sich jeder Spieler in der Mannschaft in den restlichen Spielen zeigen will, um im Finale auf dem Platz zu stehen. Und dass es dann Dinge gibt am 24. Mai, die man wirklich loben kann.
Zum Weiterlesen: Unser vertikalGIF sieht „Football, bloody hell!“ und meint, „vier Tore auswärts sollten immer reichen, um drei Punkte mitzunehmen.“
Die Süddeutsche Zeitung schreibt, dass “aufgrund der besseren Spielanlage der Stuttgarter und angesichts eines Ballbesitzes von 74 Prozent zugunsten des VfB (man) hätte alles Mögliche vermuten können”. Nicht aber das, was auf der Anzeigetafel stand.
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Bilder: Maja Hitij/Getty Images)
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