Früher bei 1860, heute Sport-Geschäftsführer bei Dynamo: Thomas Brendel im db24-Interview | OneFootball

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·12 September 2024

Früher bei 1860, heute Sport-Geschäftsführer bei Dynamo: Thomas Brendel im db24-Interview

Gambar artikel:Früher bei 1860, heute Sport-Geschäftsführer bei Dynamo: Thomas Brendel im db24-Interview

Zwei Tage noch bis zum ausverkauften Liga-Knaller zwischen 1860 und Dresden (Samstag, 14.03 Uhr, db24-Ticker) - wir haben uns vorab mit Dynamo-Geschäftsführer Thomas Brendel (48) unterhalten. Das db24-Interview:

db24: Herr Brendel, seit 1. Juni sind Sie Sport-Geschäftsführer bei Dynamo Dresden. In Ihrer Vita steht, dass 1860 zu Ihren Ex-Vereinen zählt: Klären Sie uns bitte auf!


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THOMAS BRENDEL: Ich bin im Sommer 1999 als Torschützenkönig aus der Oberliga Hessen zu 1860 gewechselt. Ich hatte mich für die Löwen entschieden, weil die Gespräche mit Edgar Geenen sehr gut waren.

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db24: Heißt also: Sie gehörten zum erweiterten Kader der Saison 1999/2000, der sensationell Platz vier erreichte und sich für die Champions League-Relegation qualifizierte?

Ja, genau. Leider war es mir nicht vergönnt einmal im Spieltagskader zu stehen, aber man muss wissen: Die Konkurrenten hießen Martin Max, Bernhard Winkler, Markus Schroth und Paul Agostino – das sagt alles (lacht).

db24: Wie lief das damals mit Ihnen ab?

Ich durfte die komplette Vorbereitung bei den Profis unter Werner Lorant und Peter Pacult mitmachen. Geplant war es so: Ich trainiere oben und spiele unten. Im September 1999, also nur wenige Monate nach meinem Wechsel nach München, war aber eigentlich alles schon wieder vorbei: Ich brach mir beim Zweikampf im Training die Kniescheibe. Das war der Anfang vom Ende. Das hat mich ein dreiviertel Jahr gekostet.

db24: Lassen Sie uns teilhaben: Wie war das früher bei Sechzig?

1860 gehörte damals mit Thomas Häßler zur Top Five im deutschen Fußball. Der Verein hatte ganz München elektrisiert. 1860 wurde in dieser Saison auch Stadtmeister, gewann beide Derbys im Olympiastadion gegen Bayern. Das war eine tolle Erfahrung. 1860 war eine verschworene Gemeinschaft - ich hatte viel mit Martin Stranzl, Michel Dinzey oder Michael Hofmann zu tun. Wir haben uns oft am Abend getroffen zum gemeinsamen Playstation 1 spielen. Hofmann hatte damals immer einen Ordner mitgenommen, in der er genau Buch führte und seine Ergebnisse eingetragen hat (lacht).

db24: Kulttrainer Werner Lorant war der Chef: War er wirklich so ein harter Hund?

Er war schon sehr unnahbar. Lorant war eben ein Trainer der alten Schule, der nicht so den Fokus auf die Talente legte. Als junger Spieler war man ein bisschen auf sich allein gestellt. Bei Lorant galt ausschließlich das Leistungsprinzip. Was man aber wissen muss: Der Jugendförderung wurde noch nicht die große wirtschaftliche Aufmerksamkeit geschenkt.

db24: Sie haben nicht den großen Namen in der Szene - und trotzdem hat sich Dynamo Dresden für Sie als Geschäftsführer Sport entschieden: Macht das ein wenig stolz - und wie kam’s, dass sie nach sieben Jahren beim FSV Frankfurt eine neue Aufgabe antreten wollten?

Dass ich den Zuschlag bei Dynamo bekommen habe, macht mich sehr stolz und ist auch eine Anerkennung für meine Arbeit, die beim FSV Frankfurt von einer großen Kontinuität geprägt war. Dass ich mich gegen zahlreiche Mitbewerber durchgesetzt habe, macht mich glücklich. Der Tag, an dem der Anruf mit der Zusage von Dynamo Dresden kam, wird mir lange in Erinnerung bleiben. Damit hat mein Leben eine schöne Wendung genommen - und ich will nicht sagen, dass mein Leben vorher schlecht war. Aber Dynamo ist ein Verein mit fast 30.000 Mitgliedern, der zu den besten Adressen in Deutschland gehört. Es gibt nicht viel Vergleichbares.

db24: Das große Pfund bei Dynamo ist vor allem die herausragende Infrastruktur und die Fans: Wie nehmen Sie den Klub wahr?

Was wir hier vorfinden, hat Bundesliga-Niveau: Das Stadion, das fast immer ausverkauft ist, das Trainingsgelände - dazu unsere Jugendakademie. Das hat nichts mit Dritter Liga zu tun. Der Verein hat eine große Aufmerksamkeit, dass der Wunsch natürlich lebt, die Dritte Liga alsbald zu verlassen.

db24: Haben Sie eine Erklärung dafür, warum sich inzwischen so viele Traditionsvereine in der Dritten Liga tummeln - und warum viele über Jahre nicht hochkommen?

Die Vereine, die ruhig und sachlich arbeiten und eine gewisse Kontinuität an den Tag legen, werden zwangsläufig Erfolg haben und belohnt werden. Freiburg und Heidenheim oder eine Klasse tiefer Ulm oder Elversberg sind hierfür die besten Beispiele, wenn Beharrlichkeit und Gemeinschaftssinn über Aktionismus steht.

db24: Welche Philosophie gilt bei Dynamo? Auffällig war, dass der Klub vor dieser Saison nicht den Aufstieg ausgerufen hat.

Nach den zwei Jahren, in denen es nicht geklappt hat, wollten wir Ruhe reinbringen, ohne große Töne zu spucken. Was uns wichtig ist: Wir wollen noch stärker den Nachwuchs integrieren. Das wollen wir uns in Zukunft wieder auf die Fahne schreiben. Bestes Beispiel ist Tony Menzel. Er ist als Sechsjähriger zu Dynamo gewechselt - jetzt ist er 19 und spielt in der Ersten Mannschaft. Mehr Dynamo-DNA geht nicht. Wir wollen unser NLZ mit Leben füllen. Mit Thomas Stamm haben wir natürlich einen Trainer, der diesen Weg in Freiburg schon mitgelebt hat. Das ist auch unser Weg. Und trotzdem wollen wir ambitioniert bleiben.

db24: Im Sommer hat der DFB den Drittliga-Vereinen mitgeteilt, dass kein Nachfolger als Ärmelsponsor für Wettanbieter “bwin” gefunden werden konnte. Dadurch fehlen rund 170.000 Euro. Ist das ein Alarmsignal für die Dritte Liga zu verstehen?

Eigentlich sollte die Dritte Liga das Premiumprodukt des DFB sein. Wir alle waren enttäuscht, dass der DFB es nicht hinbekommen hat, einen Vermarkter für die Liga zu finden. Trotz acht Monaten Vorlaufzeit lag am Ende kein einziges Angebot auf dem Tisch - und das obwohl die Liga zumindest nach außen hin boomt. Wir müssen aufpassen, dass die Schere zwischen Dritter Liga und 2. Bundesliga nicht noch größer wird.

db24: Im Bildarchiv sind Sie desöfteren an der Seite des früheren Bundesliga-Torjägers Ulf Kirsten zu sehen: Was hat es hier auf sich?

Ulf ist sehr verwurzelt mit dem Verein. Er hat seit letztem Jahr auch eine beratende Funktion bei Dynamo. Er ist für mich ein hervorragender Austauschpartner, wenn es um den Sport geht. Wir schauen zusammen viele Jugendspiele. Ulf ist nicht nur in Leverkusen ein Gesicht, sondern auch bei Dynamo.

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db24: Wie lautet Ihre Mission in Dresden?

Wir wollen die Strukturen insgesamt verbessern - und die Verbindung zwischen Nachwuchs und Profis noch effizienter ausbauen. Dynamo soll für eine gute Ausbildung stehen, nicht nur für uns selbst, sondern auch für externe Vereine. Dann können wir auch partizipieren. Am besten wäre es natürlich, wenn hochveranlagte Talente mit uns den Weg in die Zukunft gehen können. Unser Plan ist außerdem, dass wir einen Kader zusammenstellen, der perspektivisch in beiden Ligen spielen kann. Eine Transferperiode reicht dafür aber nicht aus, um alle Pläne umzusetzen. Wir tun aber gut daran, ein wenig Demut zu zeigen. Wir wollen mit sachlicher Arbeit überzeugen.

db24: Das funktioniert offenbar momentan ganz gut. Der Dynamo-Start ist durchaus gelungen: Neun von möglichen 12 Punkten in der Liga, in der ersten Pokal-Runde Fortuna Düsseldorf ausgeschaltet…

Erst einmal muss man sagen: Nach unserer durchwachsenen Vorbereitung konnten wir damit nicht unbedingt rechnen. Bis auf Aue haben wir sehr gute Spiele gezeigt, vor allem im Pokal gegen Düsseldorf. Jetzt müssen wir schauen, dass wir weiter kontinuierlich arbeiten. Was man jetzt schon sieht: Wir haben im Sommer vor allem auch Verlässlichkeit eingekauft.

db24: Am Samstag gastiert Dynamo Dresden bei 1860 München: Die Ist-Situation der jeweiligen Vereine könnte nicht unterschiedlicher sein: Während Dynamo auf Platz 3 steht, liegen die Löwen auf Rang 18. Wird Dresden seiner Favoritenrolle gerecht?

Wir fahren nach München, um zu punkten - das ist klar. Favoritenrolle hin oder her. Aber wir sind erst am 5. Spieltag. Wir können auch auf eine super Unterstützung bauen: Der Gästeblock ist mit 1.500 Fans seit Tagen ausverkauft. Ich kann mich an Spiele in der Allianz Arena erinnern, als allein 20.000 Dresden-Fans gekommen sind. Unsere Fans sind einmalig.

db24: Mit Thomas Stamm hat Dynamo eine ganz heiße Trainer-Aktie verpflichtet: Wie charakterisieren Sie ihn?

Er ist sehr akribisch, erklärt viel. Er nimmt sich für seine Arbeit sehr viel Zeit. Was mir aber sofort aufgefallen ist: Er ist abseits des Platzes unruhiger als auf dem Platz. Wir sind sehr glücklich, dass sich Thomas für Dynamo entschieden hat. Er schafft uns einen anderen Blickwinkel auf den Klub. Er ist von morgens bis abends für Dynamo unterwegs. Es ist schon beeindruckend, wie er sich mit Dynamo identifiziert.

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db24: Wie bewerten Sie die Löwen aus der Ferne?

Man verfolgt das Ganze natürlich, gerade weil 1860 ein großer Traditionsverein ist. Es gibt den ein oder anderen interessanten Spieler in den Reihen, der perspektivisch großes Potential hat. Ich finde es ausgezeichnet, dass man bei einem Verein, der aufgrund seiner Historie große Ambitionen hegt, Talenten die Möglichkeit gibt, sich zu entfalten.

Ihr Kollege Christian Werner bei 1860 setzt in seiner Personalpolitik u.a. auch auf Künstliche Intelligenz - wie wird das in Dresden gehandhabt?

Auch wir arbeiten mit Daten und Statistiken. Wir haben einen Kaderplaner und drei Scouts, die sich mit Spielern im deutschen und dem europäischen Raum beschäftigen. Wir würden aber niemals einen Spieler verpflichten, mit dem wir uns vorab nicht persönlich ausgetauscht haben. Anders geht es nicht. Der Spieler muss uns erreichen. Da reichen Video-Material oder Daten allein nicht aus.

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