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·28 Juni 2024

Euro-Paadie, Nationalismus, Meinungsfreiheit

Gambar artikel:Euro-Paadie, Nationalismus, Meinungsfreiheit

Faschisten und Nazis bewegen sich im Rahmen eines „Fußball-Festes“ frei durch die Städte – die EM bietet Fankultur zum Abgewöhnen. Ein Kommentar.Titelfoto: Kenzo Tribouillard / AFP via Getty Images via OneFootball

Ein Kommentar von Tim und Maik.


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Große internationale Turniere fallen beim MillernTon ja eigentlich unter den großflächigen Filter des Ignorierens – wir finden: durchaus zu Recht. Allerdings gibt es Dinge, die man nicht verschweigen und ignorieren sollte, die in den breit berichtenden Medien aber kaum Erwähnung finden.

Öffentliche Darstellung

Ist Euch mal aufgefallen (wenn Ihr die Berichterstattung rund um die EM denn verfolgt), wie toll Fußballfans jetzt plötzlich sind? Fanmärsche mit Pyrotechnik ohne Ende, Pyrotechnik in den Stadien, volle Innenstädte mit Hardcore-besoffenen Gröhlfans, Verkehrs-Chaos, unfassbar hohe Polizeikosten.Und die überwiegende Reaktion darauf? Wir fassen mal unzählige Artikel zusammen: „Ein Fußball-Fest!“

Die Liste lässt sich problemlos erweitern: Handfeste Auseinandersetzungen im Stadion (Georgien – Türkei), teilweise temporäre Sperrungen der Fanfeste aufgrund von (stattgefundenen oder befürchteten) Ausschreitungen (so geschehen am Samstag in Hamburg nach dem Spiel Türkei – Tschechien), viele kleine Auseinandersetzungen in den Städten im Rahmen des Spieltags.Und die überwiegende mediale Reaktion darauf? Ja, ein „Fußball-Fest“.

Das würde uns nicht so sehr stören, wenn, ja, wenn es nicht diese riesengroße Diskrepanz geben würde. Stellt Euch mal vor die Hauerei zwischen Fans aus Georgien und der Türkei in Dortmund hätte es bei einem Bundesligaspiel gegeben. Drei Wochen ARD-Brennpunkt und „Taliban der Kurve“-Gelaber hätte man durchstehen müssen, inklusive Foto-Homestory von Rainer Wendt. Glaubt ihr nicht? Dann erinnert Euch mal daran, wie der Vorfall im Gästeblock beim Spiel von Hannover 96 am Millerntor wochenlang durch die Medien geprügelt wurde.Um nicht missverstanden zu werden: Alles gut, wenn mit weniger Aufregung über solche Vorfälle berichtet wird – macht man ja auch nicht, wenn sowas am Wochenende vor oder in einer Großraumdisko passiert. Etwas mehr Ruhe und Sachlichkeit in der Debatte tut der medialen Darstellung von Fans sicher gut. Es ist der massive Unterschied zum Ligaalltag, der uns mächtig nervt.

Vereinsliebe statt Vaterlandsliebe

Und wisst ihr, was uns auch richtig stört? Diese ganze EM besteht in großen Teilen aus Fankultur zum Abgewöhnen.

Neben dem großen Fanfest auf dem Heiligengeistfeld liegt bekanntlich Hamburgs Erstligastadion, das Millerntor. An diesem war aus der Fanszene heraus pünktlich zu Beginn der Euro ein großes „Vereinsliebe statt Vaterlandsliebe“-Banner angebracht worden, ergänzt um das Statement „Wer als Patriot*in losläuft, kommt als Faschist*in ins Ziel“. Gut zu lesen vom Fanfest aus.

Wie tief diese doch eher harmlosen Zeilen der Meinungsäußerung ins Fleisch der stolzen Patriot*innen schnitten, zeigte sich nicht nur in den Sozialen Medien, sondern auch, als polnische Fans sich in einem Video selbst feierten, welches sie beim Entfernen der Banner zeigte. Und obwohl ziemlich eindeutig war, dass es sich dabei um Nazis handelt, war die Anzahl derer, die diese Aktion abfeierten, ziemlich groß. Ganz sicher alles unpolitische Fußballfans. Fankultur zum Abgewöhnen eben.

Nationalisten aller Länder, vereinigt euch!

Unter anderem mit der Türkei, Polen, Ungarn, Kroatien, Albanien und Serbien sind Fanszenen bei dieser EM am Start, die ihren Nationalismus sehr gerne bei Länderspielen ausleben. Auch bei England ist es nichts Neues, wird aber von den Vereinen zumindest inzwischen auch deutlicher kritisiert, Beispiel Yeovil Town. Und von Deutschland fangen wir lieber gar nicht erst an, auch wenn dies quantitativ in der Masse der Fans nur vereinzelt auffällt. Bei knapp 20% AfD-Wähler*innen im Land wäre es ja aber auch merkwürdig, wenn dem nicht so wäre.

Über die Zusammenhänge von Fußball und Nationalismus wurden wahrscheinlich schon mehr Bücher geschrieben, als die AfD bei den kommenden Landtagswahlen Mandate erringen wird. Das müssen wir hier nicht wiederholen.

In den Fanräumen fand am Montag eine Podiumsdiskussion zum Thema „Die türkische extreme Rechte im Fußball und darüber hinaus“ statt. Das ZDF berichtete über den Nationalismus bei Kroaten, Albanern und Serben, die 11Freunde, die Süddeutsche (€) und die Sportschau ebenfalls.

Auch wenn wir hier jetzt ein paar Artikel aufgelistet haben – fragt doch den/die Arbeitskolleg*in beim nächsten Euch aufgezwungenen „Wie fandest du denn das Spiel gestern?“-Smalltalk mal ganz unverfänglich, wie viel von diesen Themen denn dort angekommen ist.Es ist nicht auszuhalten, dass sich bei dieser Europameisterschaft ohne Ende Faschisten und Nazis in den Städten und Stadien bewegen, aber der überwiegende Teil der Medien und Fans das alles weiterhin unter dem Begriff „Fußball-Fest“ laufen lässt.

Farben, Meinungsfreiheit, Polizei und UEFA

Kommen wir nochmal kurz zur Türkei zurück. Diese hatte für ihr Spiel am Mittwoch im Volkspark das Millerntor als Trainingsplatz gewählt und wurde mit „Free Kurdistan“-Statements in der Nähe des Stadions farbenfroh begrüßt. Diese Malereien wurden dann von Polizei und anderen Personen versucht zu übermalen und zu verdecken. Nach Infos der Braun-Weißen Hilfe, ordnete das die Polizei an. Was genau an den Statements nicht von der Meinungsfreiheit und damit dem Grundgesetz gedeckt ist, bleibt offen.

Gambar artikel:Euro-Paadie, Nationalismus, Meinungsfreiheit

„Free Kurdistan – FCSP Fans against turkish fascism“ Gesprüht in gelb-grün-roten Farben in der Nähe des Millerntors. // (c) G.A.S.

Diese Aktion wirkt zudem wie blanker Hohn, wenn man bedenkt wie groß die Kritik von nahezu allen Seiten an einer WM in Katar gewesen ist. Menschenrechte und Arbeitsbedingungen waren dort ein Thema, aber eben auch die freie Meinungsäußerung, die dort nicht möglich sei. Nun zeigt sich wohl, dass dies auch in Deutschland nicht so einfach ist. Zumindest im Rahmen eines internationalen Turniers und wenn im Hintergrund ein solch mächtiger Verband wie die UEFA wirkt.

All dies liefert einen weiteren Grund, warum es immer mehr Menschen gibt, die dieses „Fußball-Fest“ ziemlich scheiße finden.

Vereinsliebe statt Vaterlandsliebe, Forza St. Pauli!// Tim & Maik

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