Miasanrot
·28 Juni 2024
In partnership with
Yahoo sportsMiasanrot
·28 Juni 2024
Im heutigen Blog gehen wir eine Woche in der Zeit zurück und blicken auf einen Stadionbesuch mitsamt allerhand organisatorischem Chaos zurück.
Letzten Freitag war es für mich endlich soweit. Nach Tagen des Bloggens sollte ich endlich ins Turnier eingreifen. Der Bundestrainer verzichtete leider aus unerfindlichen Gründen auf mich, sodass ich nur als Zuschauer einem EM-Spiel live beiwohnen konnte.
Zur kinderfreundlichen Anstoßzeit von 15 Uhr besuchte ich also in der Merku-ähh, (*blätter, blätter*) ”Düsseldorf Arena“ das Spiel Ukraine – Slowakei. Es war nicht mein erstes Spiel im Heimstadion der Fortuna gewesen, ich kannte mich also soweit aus und begann auch nicht zu schwitzen, als wir leider später als vorgenommen bei der Endhaltestelle am Stadion angekommen waren.
Da allerdings begann das völlige Chaos. Die Geschichten von Gelsenkirchen oder den fehlenden Shuttle-Bussen bei der Allia-arg, nein, Franz-Becke-AUCH NICHT? Wieso denn eigentlich nicht? (*google, google*) Munich Football Arena! Ich wusste also schon, dass wieso-auch-immer für die EM die gleichnamige Bahn-Haltestelle des Düsseldorfer Stadions einfach kurzerhand geschlossen wurde und man eine Haltestelle früher auszusteigen hatte.
Die U-Bahn verlassend und wohlwissend, dass wir uns noch einen guten Kilometer von der Arena entfernt befanden, war die Verwirrung dann doch sehr groß, als man direkt eine riesige Menschenmenge sah, die sich partout nicht fortbewegte. Auf einmal schien die Dreiviertelstunde bis Spielbeginn gar nicht lange und schon gar nicht ausreichend.
So ging es ganz offensichtlich vielen anderen Mitdenkenden, denn die mit grünen Leibchen umhüllten Freiwilligen wurden belagert von verwirrten Fragestellenden, ob denn hier wirklich der Nord-Eingang wäre und es nicht noch andere Einlass-Orte gäbe. Die Auskunft in gebrochenem Englisch (Deutsch versuchten sie gar nicht erst) war dann, dass sehr wohl noch andere Einlass-Möglichkeiten existierten und dass diese höchstwahrscheinlich (sehr beschwichtigend) weniger Zulauf hätten, schließlich kämen dort nur Autofahrer an. Ebenfalls beschwichtigend war zudem die Auskunft, man wisse überhaupt nicht, ob die vor uns sich entfaltende Schlange überhaupt vorankäme und man eigentlich nur dafür eingeteilt war, Regenschirme einzusammeln.
Nachdem wir dann einmal den Weg zurückgingen, weil die freundlichen, aber offensichtlich unwissenden Freiwilligen-Auskünfte uns in einen abgesperrten Weg führten, nahmen wir kurzerhand die Beine in die Hand und umrundeten die Arena in großem Bogen, gingen effektiv die eine gesperrte Bahnhaltestelle zu Fuß ab – wohlgemerkt in strömendem Regen, nunmehr eine halbe Stunde vor Spielanpfiff.
So wie wir, machten das viele, alle ungläubig ob des völligen Chaos. Keuchend und außer Atem war unsere Odyssey Punkt fünf Minuten vor Spielbeginn zu Ende. Als wir den Rasen endlich sahen und die Treppen gerade hochstiegen, erhob sich das Stadion für die ukrainische Nationalhymne.
Wäre es ein normales Spiel der Fortuna gewesen, mit der normalen dafür gedachten Endhaltestelle am Stadion, hätten wir geschätzt allerspätestens um 14:25 Uhr unsere Plätze einnehmen können. So kamen wir eine halbe Stunde später an – und dabei kürzten wir ja noch ab.
Ja, die deutsche Bahn ist eine Katastrophe. Weiß jeder, darüber muss man nicht sprechen. Tausende Engländer und Serben am Bahnhof Gelsenkirchen und kein Zug weit und breit – diese Geschichten überraschen niemanden in Deutschland. Doch nicht alle Infrastruktur ist schlecht in diesem Land. Züge können wir Deutschen nicht, aber tausende Fans innerhalb einer Stadt von A nach B bringen – das kriegen wir schon hin. Auch wenn die Bahnen ekelhaft voll werden.
Für diese EM wurde kein einziges neues Stadion gebaut, überall fand die UEFA eine völlig funktionsfähige Infrastruktur vor. Man hätte einfach nach dem letzten Bundesliga-Spiel in allen Stadien die EM-Paletten, Poster und Schilder anbringen müssen und wäre fein raus. Das hätte ausgereicht. Städte, die Derbys zwischen Fortuna Düsseldorf und dem 1. FC Köln oder Schalke und Dortmund organisieren können, schaffen das auch mit einer horde Nationalmannschaftsfans, die im Stadion angekommen, bis auf die Kurven sowieso wild durchgewürfelt sitzen werden.
Doch die UEFA ist die UEFA und die UEFA muss extra Ideen haben. Hier eine geschlossene Haltestelle, da keine Shuttle-Busse und überhaupt scheint der Verband kein Problem damit zu haben, von Menschen kilometerlange Fußmärsche zu erwarten.
Miguel Delaney vom britischen Independent setzte dies letzte Woche in einem ZDF-Beitrag in einen größeren UEFA-Kontext. Das Champions-League-Finale dieses Jahr in Wembley: Chaos. 2022 in Paris: Noch ein viel größeres Chaos. Dieses Spiel musste sogar um 37 Minuten verschoben werden. Chaos zieht sich durch UEFA-Veranstaltungen und daran ist nicht einfach bloß die deutsche Bahn schuld.
Es ist blanke Hybris immer wieder mit funktionstüchtigen Konzepten konfrontiert zu werden, meinen es besser zu wissen, diese umzuschmeißen und sich dann wundern, wieso die zahlenden Zuschauer alle erbost sind.
Nach dem Spiel lotste uns ein Sicherheitsmann übrigens zu einer weiteren kilometerlangen Wanderung zu einer Bushaltestelle, obwohl wir eigentlich nach der Bahn gefragt haben. Danke dafür!