
Miasanrot
·1 Juli 2025
Die Klub-WM aus amerikanischer Sicht

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·1 Juli 2025
Die Klub-WM in den USA feiert eine Premiere mit Hürden. Unwetter, teilweise leere Ränge trüben das Bild des neuen Formats. Wie blicken Einheimische auf das Turnier?
Ein Gastartikel unseres Autoren Marc, er lebt und arbeitet in den USA. Wir haben den Artikel übersetzt.
Die Klub-WM hat im Vorfeld für einige kritische Stimmen gesorgt. Für einen Boykott des Turniers gibt es daher nachvollziehbare Gründe. Wer das Turnier in den USA jedoch verfolgt, wird einige Sachen bemerkt haben, die vor Turnierbeginn nicht so offensichtlich waren.
Doch warum tut sich das Turnier schwer, die Zuschauermassen zu begeistern und warum wird das Format abseits der Stadien kaum wahrgenommen?
Es gibt viele Gründe, warum die Zuschauerzahlen bei diesem Turnier schwanken und wahrscheinlich auch weiterhin schwanken werden. Fangen wir mit dem Offensichtlichen an: Es nehmen viele Teams teil, die selbst unter optimalen Bedingungen keine Stadien mit 70.000 oder sogar nur 20.000 Plätzen füllen würden.
Klubs wie Urawa, Auckland, Ulsan, Al Ain, Al Ahly, Espérance de Tunis, Mamelodi Sundowns, Wydad, Botafogo oder RB Salzburg sind keine bekannten Namen, stammen aus weit entfernten Ländern und haben in den USA kaum oder keine Fangemeinde. Selbst MLS-Teams sind außerhalb von Miami kaum ein Publikumsmagnet und auch dort vor allem nur wegen Lionel Messi.
Ein weiteres offensichtliches Problem: Die enorme Ausdehnung der USA und die Tatsache, dass die Teams nicht in denselben Städten spielen. Für große Vereine mit vielen Fans ist das vielleicht positiv, so können Anhänger in verschiedenen Teilen des Landes ihr Team live sehen. Für kleinere Klubs aber macht dieser Punkt die Anreise zu Spielen deutlich schwieriger.
Ganz zu schweigen davon, dass Reisen von Stadt zu Stadt teuer und aufwändig sind und meist sind dafür Flüge und Hotelübernachtungen notwendig. Der FC Bayern spielt zum Beispiel in drei Städten, die jeweils fast 1.000 Km voneinander entfernt sind, für US-Verhältnisse nicht so schlimm, für deutsche Fans aber eine extreme Umstellung. Und für einen Amateurklub wie Auckland City FC ebenfalls eine große Herausforderung.
Ein weiteres Problem ist die generelle Unsicherheit darüber, wie ernst die großen europäischen Teams die Klub-WM so kurz nach dem eigenen Saisonabschluss nehmen. Viele europäische Teams taten sich bereits in der Gruppenphase schwer – der FC Porto und Atlético Madrid schafften beispielsweise nicht den Sprung in das Achtelfinale und auch Real Madrid, das ordentlich rotierte, hatte beim 1:1 gegen Al Hilal so seine Probleme.
Manchester City scheiterte im Achtelfinale ebenfalls an Al Hilal. Doch es gibt auch Teams wie den FC Bayern, die betonen, wie sehr sie dieses Turnier gewinnen wollen. Trotzdem bleibt die Frage offen, ob man wirklich die Bestleistungen aller Mannschaften zu sehen bekommt. Viele Spiele wirkten eher wie laue Sommerkicks in der Vorbereitung – was sicher auch mit den klimatischen Bedingungen zu tun hat.
Am wichtigsten aber ist wohl das Timing des Turniers. Die Klub-WM findet zu einer Zeit statt, in der es in den USA mit mehreren großen Sportereignissen konkurriert. Die NBA-Finals, die Stanley-Cup-Finals und die US Open liefen parallel.
Dazu kommen die laufende MLB-Saison und die College World Series. Und auch im Fußball hat man Konkurenz: Der Gold Cup, die Kontinentalmeisterschaft für Nord-, Mittelamerika und die Karibik, findet aktuell in Kanada und den USA statt. Und obendrein beginnt jetzt die Sommerferienzeit, viele Familien verreisen, ob in den Urlaub oder zu Verwandten. Die Amerikaner zieht es also eher an den Strand als in die Stadien – verständlich bei den Temperaturen.
Die USA sind logistisch sehr erfahren darin, Großereignisse wie dieses Turnier auszurichten, auch die Infrastruktur stimmt, es gibt zahlreiche Stadien, Hotels und mehr. Das Problem der Zuschauerzahlen wird allerdings bleiben, vor allem, wenn viele Teams kaum Fans in den USA haben und auch keine großen Fanreisen aus dem Ausland erfolgen bzw. erfolgen können.
Der Fußball ist in den USA weiterhin eher eine Randsportart. Zwar hat sich das Interesse in den letzten zehn Jahren stark entwickelt, aber die meisten Menschen schauen selten oder nie Spiele außerhalb der Weltmeisterschaft oder der Champions League.
Unter den regelmäßigen Zuschauern macht die lateinamerikanische Bevölkerung den größten Teil aus. Das zeigte sich auch beim Spiel zwischen Boca Juniors und dem FC Bayern in Miami: ein ausverkauftes Stadion, größtenteils mit Boca-Fans in einer Stadt mit starkem Latino-Einfluss.
Bekannte Klubs aus Südamerika, Mexiko und Spanien haben hier einen enormen Vorteil, gefolgt von den ganz großen europäischen Teams. Trotzdem könnte die Zuschauerzahl im Laufe des Turniers steigen, wenn es um den Titel geht: Dann spielen bekanntere Teams, andere Sportevents sind vorbei.
Ein weiterer Diskussionspunkt: die Atmosphäre in den Stadien. In Miami war sie großartig, Boca Juniors hatte die Zuschauer hinter sich. Doch das war eine Ausnahmesituation.
Bei den meisten Spielen wird die Unterstützung gespalten sein oder noch schlimmer: Viele Zuschauer sind eher gleichgültig. Selbst große europäische Teams haben oft nicht genug aktive Fans im Stadion, um eine Atmosphäre zu schaffen, wie sie sie von zu Hause gewohnt sind.
Die Ultras sind nicht sehr zahlreich vor Ort und wenn doch, dann nicht konzentriert in einem Block wie im Heimstadion. Vielleicht gäbe es in Europa oder Südamerika bessere Stimmung, zumindest bei den Topteams. Aber mal ganz ehrlich: Wird ein Spiel wie Ulsan HD gegen Mamelodi Sundowns irgendwo auf der Welt ein volles Stadion und 90 Minuten lang enthusiastische Fans erzeugen?
Wichtig ist: Das, was wir jetzt sehen, darf nicht als Maßstab für das Turnier im nächsten Sommer genommen werden. Bei der Weltmeisterschaft wird das Fan-Interesse deutlich größer sein, die meisten Spiele sind dann vermutlich ausverkauft. Aber klar: auch 2026 wird es Partien geben, bei denen man nicht mit einem vollen Stadion rechnen kann.
Positiv ist, dass die Veranstalter und Stadien jetzt die Chance haben, letzte Schwachstellen im Ablauf auszubessern. Die Copa América im letzten Sommer war kein kompletter Reinfall, aber auch nicht der große Erfolg, den man sich erhofft hatte. Dieses Turnier ist ein letzter Probelauf, um eventuelle Probleme vor dem großen Turnier im Sommer 2026 zu beheben.