4 Fragen und Antworten zu den PSR-Tricksereien der Vereine aus der Premier League | OneFootball

4 Fragen und Antworten zu den PSR-Tricksereien der Vereine aus der Premier League | OneFootball

In partnership with

Yahoo sports
Icon: 90PLUS

90PLUS

·30 Juni 2024

4 Fragen und Antworten zu den PSR-Tricksereien der Vereine aus der Premier League

Gambar artikel:4 Fragen und Antworten zu den PSR-Tricksereien der Vereine aus der Premier League

In den letzten Tagen kam vor allem in England ein Thema auf dem Transfermarkt auf, das man so in der Vergangenheit eher aus Italien und Spanien kannte. Aufgrund von Financial-Fairplay-Regeln haben aktuell einige Vereine aus der Premier League Probleme und mussten sich Wege einfallen lassen, damit fertig zu werden. Im Folgenden klären wir über die Regeln, die Vereine sowie die Lösungen auf.

Was sind die PSR?

Die Premier League hat neben den Finanz-Regularien der UEFA 2013 darüberhinausgehende, für alle Teams der Liga geltende Regeln zum finanziellen Wettbewerb untereinander beschlossen. Die “profit and sustainability rules” (kurz PSR) sollen verhindern, dass Vereine sich zu sehr überschulden und damit in finanzielle Nöte kommen.


Video OneFootball


Browser ini tidak didukung, silakan gunakan browser lain atau instal aplikasi

video-poster

Genauer schreiben die PSR vor, dass jeder Verein der Premier League innerhalb eines Drei-Jahres-Zeitraums maximal 105 Millionen Pfund Verlust machen darf. Damit ist entgegen der oftmals vorherrschenden Meinung nicht der Verlust auf dem Transfermarkt gemeint, sondern der Verlust nach der Gewinn- und Verlustrechnung (GuV) am Ende eines Geschäftsjahres.

Dadurch, dass die großen Vereine aufgrund von internationalen Geldern und Sponsorenverträgen einen deutlich höheren Umsatz haben als kleinere Vereine der Premier League, dürfen die Topteams entsprechend auf dem Transfermarkt ein wesentlich größeres Transferminus machen als der Rest der Liga. Und so bevorzugen die aktuellen Regeln die sogenannten Big6 (Manchester City, Liverpool FC, Manchester United, Arsenal FC, Chelsea FC und Tottenham Hotspur) massiv.

Verstoßen die Vereine gegen die Regularien, kann es zu harten Strafen kommen. Anders als das europäische Financial Fairplay (FFP) kommt das englische PSR auch durchaus zur Anwendung. In der letzten Saison kassierten sowohl der Everton FC als auch Nottingham Forest Punktabzüge, die den beiden Vereinen beinahe die Erstligazugehörigkeit gekostet hätten. Entsprechend sind die Teams der Premier League durchaus interessiert daran, die Vorgaben einzuhalten und nehmen dafür viel auf sich.

Welche Vereine sind betroffen?

Entsprechend betroffen sind vor allem Vereine, die in den letzten Jahren versucht hatten, zu den Big6 aufzuschließen. Zwei Teams, deren Versuche bereits etwas länger her sind, sind der Everton FC sowie Leicester City. Die Toffees aus Liverpool gaben besonders in der Anfangszeit von Farhad Moshiri (69), dem (Noch-)Besitzer, extrem viel Geld auf dem Transfermarkt aus. Und auch wenn die fetten Jahre in Sachen Ablösesummen seit 2020 weitgehend vorbei sind, spürt Everton die Nachwehen in Form eines extrem hohen Gehaltsgefüges immer noch. So flossen noch in der Saison 2021/22 96% des Umsatzes in die Gehaltsstruktur. Ein Zustand, der auf Dauer nicht haltbar sein kann.

Noch schlimmer sieht es bei Leicester City aus. Die Foxes hatten sich unter Brendan Rodgers (51) drei Jahre nach der Sensationsmeisterschaft zurück in die internationalen Ränge gekämpft. Trotz einiger schwerwiegender Abgänge (Harry Maguire für 87 Millionen zu Manchester United, Ben Chilwell für 50 Millionen zu Chelsea) schaffte Leicester zweimal in Folge Platz 5, in der Saison 2020/21 verpasste man die Champions League nur um Haaresbreite. Zudem gewann man den FA Cup.

Gambar artikel:4 Fragen und Antworten zu den PSR-Tricksereien der Vereine aus der Premier League

(Photo by NICK POTTS/POOL/AFP via Getty Images)

Im folgenden Sommer warfen die Verantwortlichen die finanzielle Zurückhaltung über Bord und investierten kräftig in den Kader, um den letzten Schritt Richtung Topteam zu machen. Dies ging jedoch gründlich schief, nach Platz 8 2021/22 kam es 2022/23 sogar zum Supergau, dem Abstieg. Trotz des direkten Wiederaufstiegs lasten die finanziellen Risiken, die man 2021 eingegangen ist, immer noch schwer auf dem Verein. Und so hat man immer noch eine Gehaltsstruktur, die sogar teurer ist als der komplette Umsatz. Ein wirtschaftliches Desaster.

Zwei weitere Vereine sind Aston Villa und Newcastle United. Die beiden Teams haben in den letzten Jahren ihren Aufstieg hingelegt. Newcastle stand im Winter 2021 noch ganz unten in der Tabelle, Villa war sogar noch ein Jahr später dran. Beide Vereine konnten sich seither Richtung Topteam entwickeln und sich je einmal für die Champions League qualifizieren. Dies erfolgte jedoch auf der Grundlage vieler Ausgaben. Die Magpies machten in den letzten zweieinhalb Jahren ein Transferminus von knapp 380 Millionen Euro, Aston Villa immerhin noch eines von 160 Millionen Euro. Und so liegen beide Vereine aktuell über der Grenze an erlaubten Schulden.

Doch auch einer der Big-6-Vereine, nämlich Chelsea, hat Probleme mit den PSR. Die Blues haben in den beiden letzten Jahren unter den neuen Besitzern um Todd Boehly (50) und Behdad Eghbali (48) derart viel Geld ausgegeben – fast 750 Millionen Euro Transferminus in den letzten beiden Jahren -, dass man dies nicht einmal mehr mit den im Laufe der Zeit immer wieder angewendeten Tricks ausgleichen konnte. So bekamen etwa Neuzugänge bei Chelsea extrem lange laufende Verträge, da die Ablösesummen buchhalterisch über die komplette Vertragsdauer abgeschrieben werden. Entsprechend werden Neuzugänge, je länger der Vertrag dauert, in der Bilanz in den ersten Jahren „billiger“.

Dieser Praxis hat die Premier League inzwischen einen Riegel vorgeschoben, indem in England nun genau wie von der UEFA für Mannschaften, die an ihren Wettbewerben teilnehmen, die Abschreibedauer auf fünf Jahre begrenzt wurde, selbst wenn Verträge länger laufen. Zuletzt versuchten die Blues zudem, durch den Bau und Verkauf verschiedener Immobilien wie eines Hotels die Bilanz „aufzuhübschen“.

Der große Ausreißer bei den Vereinen mit PSR Problemen ist Nottingham Forest. Die Tricky Trees haben nichts mit dem internationalen Wettbewerb zu tun. Im Gegenteil, sie versuchen seit zwei Jahren, sich durch große Ausgaben in der Liga zu halten. Grund hierfür ist, dass man den Aufstieg 2022 vor allem dank einer Vielzahl an Leihspielern schaffte. Diese mussten in der Folge ersetzt werden. Und so hatte Nottingham in der Saison 2022/23 als Aufsteiger ein Transferminus von 190 Millionen Euro – eine komplett absurde Zahl.

Im letzten Jahr wurde es etwas besser, zumindest kamen nun nämlich auch einige Einnahmen dazu. Spieler wie Brennan Johnson (23) oder Orel Mangala (26) wurden für viel Geld verkauft, um den größten Schaden in Form von noch mehr Punktabzügen vom Verein abzuwenden.

Wie wird das PSR umgangen?

Nun zur wichtigsten Frage, nämlich wie die Teams aktuell versuchen, die Finanzregularien zu umgehen. Dies ist eigentlich recht einfach und hat mit einem bilanziellen Grundsatz im Fußball zu tun: Die Ablösesummen, die man für Spielerverkäufe einnimmt, werden der Bilanz im Geschäftsjahr des Verkaufs komplett angerechnet, die Ablösesummen für Spielerkäufe jedoch – wie bereits zuvor bei Chelsea ausgeführt – nur zu einem Teil.

Und so transferieren vier der Vereine mit PSR-Problemen, namentlich Aston Villa, Everton, Chelsea und Newcastle, aktuell untereinander eine Vielzahl an Spielern hin und her. Gerade Spieler, die aus dem eigenen Nachwuchs kommen oder bereits lange im eigenen Verein sind, sind für diese Form der Trickserei interessant. Denn bei Spielern, die man in der Vergangenheit verpflichtet hatte und deren Ablösesumme noch nicht komplett abgeschrieben wurde, wird bei einem Verkauf der komplette noch offene Ablösebetrag auf das Geschäftsjahr angerechnet.

Als Beispiel: Spieler X wechselte 2022 für 50 Millionen zu Verein A und unterschrieb dort einen Fünfjahresvertrag. Die Abschreibung der Ablöse beträgt eigentlich pro Jahr 10 Millionen Euro (50 Millionen / 5 Jahre). 2024 soll dieser Spieler für 30 Millionen Euro an Verein B abgegeben werden. Eine Abschreibung erfolgte bisher nur über 20 Millionen Euro (10 Millionen x 2 Jahre im Verein). Deshalb wird die noch nicht abgeschriebene Ablösesumme in Höhe von 30 Millionen Euro komplett auf das Geschäftsjahr angerechnet, in dem der Verkauf stattfindet. Für die Bilanz in dem Geschäftsjahr bringt Verein A der Verkauf also nichts, da der Kauf aus 2022 mit 30 Millionen Euro in den Büchern steht, der Verkauf aus 2024 ebenso.

Und so wechselten innerhalb dieser Vereine in diesem Transferfenster zum Beispiel folgende Spieler: Ian Maatsen (22, für 44,5 Millionen Euro von Chelsea zu Aston Villa), Lewis Dobbin (21, für 12 Millionen Euro von Everton zu Aston Villa), Tim Iroegbunam (20, für 11 Millionen Euro von Aston Villa zu Everton), Omari Kellyman (18, für 22,5 Millionen Euro von Aston Villa zu Chelsea) sowie Lewis Hall (19, für 32,5 Millionen Euro von Chelsea zu Newcastle).

Welche Konsequenzen kann es geben?

Die Premier League prüft aktuell, ob sie irgendetwas gegen diese Form des Betrugs gegen die Finanz- und Nachhaltigkeitsregeln tun kann. Bisher hat die Liga wohl noch keinen Hebel gefunden, das Vorgehen der Vereine zu sanktionieren. Es wurde lediglich ein Rundschreiben an alle Vereine verfasst, nach dem die Premier League diese Art der Transfers zur Umgehung der PSR ganz genau prüfen wird. Vor allem im Bezug auf die Ablösesumme, ob diese marktgerecht ist. Ein wirklicher Hebel ist dies jedoch auch nicht, denn die bisherigen Transfersummen sind gerade in England für Nachwuchsspieler keine Seltenheit, Unstimmigkeiten zu finden dürfte nahezu unmöglich sein.

Und so werden Aston Villa, Chelsea, Newcastle und Everton in diesem Jahr wohl noch ungestraft davonkommen. Dass dieses Schlupfloch im kommenden Jahr immer noch offen ist, darf hingegen stark bezweifelt werden. Für die Zukunft wird die Premier League sicher Mittel und Wege finden, derartiges zu verhindern.

(Photo by Kevin C. Cox/Getty Images for Premier League)

Lihat jejak penerbit