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·6 février 2025

Zuschauerzahlen in der Frauen-Bundesliga: Die Stagnation nach dem Boom

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Einige Szenen werden in jedem Highlight-Video zur Frauen-Bundesliga 2024/45 zu finden sein: Die 22.721 Bremer Fans, die den Ausgleich ihres Teams in der Nachspielzeit feiern. Das spektakuläre Tor von der Leverkusenerin Karolina Lea Vilhjalmsdottir, die beim jüngsten Spitzenspiel gegen Eintracht Frankfurt aus 30 Metern in den Winkel traf.

Was in diesen Highlight-Videos sicher nicht zu sehen ist: Die Kulisse beim Heimspiel von Bayer Leverkusen gegen Carl Zeiss Jena - nur 464 Zuschauerinnen und Zuschauer fanden sich dort ein, um einen 1:0-Sieg zu bejubeln.


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Solche Spiele werden in der Frauen-Bundesliga immer weniger. Das bestätigte der DFB in seinem jüngsten Saisonreport zur Spielzeit 2023/24: 2.876 Fans kamen in der letzten Saison durchschnittlich ins Stadion, und die Anzahl der Spiele mit weniger als 1.000 Zuschauern ging um 10% zurück.

"Bemerkenswert ist, dass dieses Wachstum von einer Vielzahl von Vereinen in der gesamten Liga getragen wird und sich nicht auf zwei oder drei Spitzenmannschaften konzentriert", schreibt der DFB. Und tatsächlich konnten nicht nur Bayern oder Wolfsburg ihre Zahlen steigern, sondern auch Bremen oder Freiburg verzeichneten in den letzten Jahren stark positive Trends.

Und doch stellt sich die Frage, wie lange das Wachstum noch anhält. Denn schon in der Saison 2022/23, ein Jahr zuvor, war der Zuschauerschnitt mit 2.723 Fans pro Spiel sehr ähnlich. Heißt: Ein Wachstum hat stattgefunden, aber es ist recht gering. Und diese Saison sind die Zahlen einiger Vereine bisher sogar niedriger als in dem Jahr zuvor. Woran liegt das?

TSG Hoffenheim: Marketing gegen niedrige Zahlen

Bei der TSG Hoffenheim beschäftigen sie sich intensiv mit dieser Frage. Denn der Klub aus dem Kraichgau hat diese Saison nach Jena den niedrigsten Zuschauerschnitt. 956 Fans kamen durchschnittlich zu den Heimspielen.

Abteilungsleiter Ralf Zwanziger hat dafür eine Erklärung parat: "Wir haben unsere Heimspiele in dieser Saison bisher fast ausschließlich abends ausgetragen, das hat definitiv einen Einfluss auf die Zuschauerzahlen. Wir gehen davon aus, dass sich unser Schnitt bis zum Saisonende noch verbessert, denn mit dem FC Bayern München steht uns das normalerweise meistbesuchte Heimspiel noch bevor", äußerte sich Zwanziger gegenüber 90min.

Der TSG-Schnitt wird wohl noch steigen, vermutlich auch über die magische Tausendergrenze. Aber so richtig zufrieden kann man damit trotzdem nicht sein. Zwanziger räumt ein, dass die TSG dort noch mehr tun muss: "Wir werden in der kommenden Saison zudem noch mehr ins Marketing investieren, sowohl personell als auch finanziell. So wollen wir das Interesse am Frauenfußball bei der TSG steigern, was sich dann hoffentlich auch in den Zuschauerzahlen widerspiegelt."

SC Freiburg: Zielgruppen genauer ansprechen

Der SC Freiburg ist in gewisser Weise ein Gegenbeispiel zur TSG: Schon seit 2021 trägt der Verein seine Heimspiele im Dreisamstadion aus, das 24.000 Zuschauer fasst - mehr als genug für die Ligaspiele. Die Spielerinnen schwärmen von den professionellen Bedingungen, bei den Fans ist das Stadion ebenfalls beliebt. Der Umzug war ein Erfolg.

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Allseits beliebt: Das Dreisamstadion in Freiburg / Pool/GettyImages

Aber auch beim SC stagnieren die Zuschauerwerte: Letzte Saison kamen ca. 3.500 Fans pro Spiel, ein Topwert. Diese Spielzeit liegt der Schnitt niedriger, bei rund 2.700 Zuschauern. Der Klub teilt mit, dass die Werte vor allem nachhaltig gesteigert werden sollen. Das will der Verein durch eine gezielte Auswertung erreichen - wer kommt zu unseren Spielen, wer nicht?

Besonders bei Studierenden und Gruppen (also etwa Fußballteams) habe der Klub einen Zuwachs verzeichnen können, teilt der SC mit, wolle aber diese zwei Zielgruppen noch expliziter ansprechen. Auch Aktionsspieltage wie der Saisonabschluss mit Familienfest im letzten Jahr sollen helfen, ein breiteres Publikum zu erreichen.

Eine Professionalisierung der Liga könnte auch bei den Zuschauern helfen

Aber an einem bestimmten Punkt stößt auch das Marketing an seine Grenzen. Auslöser der Zuschauerwelle im deutschen Frauenfußball war schließlich auch keine PR-Offensive, sondern die EM 2022. Am hilfreichsten ist für die Vereine wohl andauernder Erfolg der DFB-Frauen sowie eine höhere mediale Präsenz. Aber darauf haben die Klubs selbst wenig Einfluss.

Anders als auf die Professionalisierung der Liga: Wenn die Infrastruktur der Liga besser wird, dann steigen auch das sportliche Niveau und die Zuschauerzahlen, so die Idee. Die Klubs der Frauen-Bundesliga sind aktuell im Austausch mit dem DFB über die Frage, welche Maßnahmen genau beschlossen werden sollen.

Dadurch soll auch die Attraktivität der Liga gesteigert werden, und mehr Starspielerinnen nach Deutschland gelockt werden. Auch das wäre für die Zahlen auf den Tribünen sicher vorteilhaft. Denn einzelne, besonders beliebte Spielerinnen, sind sicherlich ein Zuschauermagnet. Hier sind natürlich auch die Klubs selbst gefordert, ihre Spielerinnen auf den eigenen Plattformen entsprechend zu präsentieren.

Anstoßzeiten: Welche Zuschauer zählen - Stadion oder TV?

Zwanziger spricht zudem einen weiteren erheblichen Punkt an: die Anstoßzeiten. Das Montagsspiel beispielsweise ist beim DFB sehr beliebt, weil es einen leeren Slot in den TV-Kalendern füllt und dementsprechend bei dem Verkauf der Medienrechte viel wert ist.

Für die Zuschauer ist ein Montagabend dagegen wohl weniger attraktiv zum Fußballschauen. Dieser Grundkonflikt kann kaum aufgelöst werden - die aktuelle Lösung ist ein Kompromiss zwischen vollen Tribünen und hohen TV-Quoten.

Aktuell scheint es jedenfalls so, als hätten viele Klubs das aktuelle Potenzial bei den Zuschauerzahlen ausgereizt: Diejenigen, die die Frauen-Bundesliga interessiert, wurden erreicht, und darüber hinaus scheint es aktuell schwierig, neue Fans zu gewinnen.

Highlightspiele als Lösung - aber auch nachhaltig?

Eine Möglichkeit dazu sind die Highlightspiele, die in großen Stadien ausgetragen werden und mit großem Aufwand vermarktet werden. Dabei kommen sehr viele Fans, und die Klubs hoffen, dass einige davon auch hängen bleiben und regelmäßig in das kleinere Stadion kommen.

Ausgemacht ist das aber nicht, denn vielen dürfte schlicht das Stadionerlebnis in der großen Arena fehlen. Die Highlightspiele, auch wenn es nur wenige pro Saison gibt, ziehen zudem die Zahlen stark nach oben - beim durchschnittlichen Bundesligaspiel sind also doch weniger Fans da, als es der Schnitt vermuten lässt. Wenn es also immer mehr Highlightspiele gibt, stellt sich die Frage, wie nachhaltig das Wachstum ist.

Gibt es also Grund zum Pessimismus? Nicht unbedingt, aber die jüngste Entwicklung zeigt doch, dass eine gewisse Schwelle überschritten wurde und nun eher stagniert wird. Es stellt sich die Frage, wie viele potenzielle Zuschauer noch angesprochen werden können.

Der gute Wille von Klubs ist sehr wichtig, und ihr Marketing hat in den letzten Jahren zu einem großen Boom geführt. Aktuell scheint das Potenzial aber erstmal ausgeschöpft. Für langfristig höhere Zahlen wird es daher vermutlich strukturelle Veränderungen und eine höhere sportliche Qualität brauchen, und nicht nur drei bunte Instagram-Posts.

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