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·22 janvier 2025

Watzke, Kehl & Co.: Der BVB muss alles hinterfragen

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Borussia Dortmund hat sich von Trainer Nuri Sahin getrennt. Nach vier Niederlagen in vier Spielen im Anschluss an die Winterpause war das ein folgerichtiger Schritt. Die Mannschaft des BVB wirkte komplett instabil, der Trainer hatte keine Lösungen parat. Es ist das Ende einer Zusammenarbeit, von der sich alle Seiten mehr versprochen hatten.

Ein Trainer ist zwar immer so etwas wie das schwächste Glied, nie aber alleinschuldig. Das ist auch bei Nuri Sahin so. Sicher, er machte Fehler, hielt zu lange an seiner nicht funktionierenden Idee fest und hatte noch nicht die nötige Erfahrung für den Job beim BVB, der nicht ganz einfach ist. Warum dieser Job so kompliziert ist? Das liegt auch an dem Drumherum, den anderen Verantwortlichen, die etwas zu sagen haben. Die Sahin-Trennung kann daher nur der Anfang sein. In Dortmund muss aufgeräumt werden.


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Sahin: Nicht alleine Schuld am BVB-Desaster

Im Sommer erst verpflichtete der BVB Nuri Sahin als neuen Cheftrainer. Er sollte bei den Schwarzgelben für frischen Wind sorgen, auf Edin Terzic folgen und das Fundament verbessern, neue Ideen einbringen. Unter Terzic gab es immer wieder gute Phase, eine Fast-Meisterschaft und ein Endspiel in der Champions League. Allerdings auch immer wieder Spiele, die ein Totalausfall waren. Und Phasen, in denen man durch fehlende Konstanz oder auch fehlende Qualität und taktische Flexibilität vieles verspielte. Das sollte sich ändern.

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(Photo by Alessandro Sabattini/Getty Images)

Ein Trugschluss, wie sich herausstellte. Nur einen Sieg gab es auswärts in der Bundesliga bis dato. Spiele wie gegen Kiel (2:4) oder Mainz (1:3) kamen immer wieder vor. Und selbst zuhause spielte Dortmund nicht die Sterne vom Himmel. Wirkliche Lösungen präsentierte der Coach weder auf dem Platz noch in den Interviews, zeigte sich mitunter ratlos, teilte mit, dass die Mannschaft nicht das umsetzte, was man trainiert habe. Das lässt tief blicken. Und sorgte für die Entlassung. Aber jeder, der es mit den Schwarzgelben hält, muss verstehen, dass das nur ein Teil der Wahrheit und der Fehlerkette ist.

Momentan sieht es so aus als würde man in Dortmund eine Lösung bis zum Sommer suchen, Jemanden, der die Dinge stabilisiert, nicht von Grund auf verändert. Und dann soll ein Neuanfang gestartet werden. Mit anderen Spielern, einem neuen, hungrigen Trainer und einer kompletten Vorbereitung, die die Neuausrichtung schon gleich umsetzt. Damit das gelingt, muss es aber zu weiteren Veränderungen auf der Funktionärsebene kommen. Das ist unausweichlich. Denn bei der Schuldfrage sitzen alle in einem Boot.

Die Personalien Watzke und Sammer

Und Steuermann in diesem Boot ist Hans-Joachim Watzke. Der Mann, der seit dem Abgang von Jürgen Klopp nach einer möglichst originalgetreuen Kopie des ehemaligen Erfolgstrainers sucht – erfolglos. Nun kann man sagen, dass Watzke nicht alle Entscheidungen in Klub trifft, aber eben für die Gesamtgemengelage sorgte, die dafür verantwortlich ist, dass die Entscheidungsträger nun einmal diejenigen sind, die aktuell für den BVB arbeiten. Dass der Vorsitzende der Geschäftsführung sportlich auf der ein oder anderen Ebene ein wenig den Bezug zur Realität und zur aktuellen Situation rund um die Dortmunder verloren hat, ist auch nicht neu.

Vor allen Dingen scheint er momentan gar nicht zu erkennen, wie bedrohlich die Lage ist. Dortmund ist vom Weg abgekommen, läuft den eigenen Ansprüchen hinterher. Und das übrigens auch nicht erst seit gestern oder vorgestern, es wurde in den letzten Jahren nur immer mal wieder durch Ausreißer nach oben kaschiert. Watzke hat viele Dinge zu verantworten, indem er das Gemisch gebraut hat, das jetzt das Fass zum Überlaufen brachte.

Ein enger Watzke-Vertrauter ist übrigens Matthias Sammer, der in beratender Funktion tätig ist, also Entscheidungen zumindest absegnet. Da muss man sich fragen: Was ist seine Rolle wirklich? Was tut er explizit? Hat er das Feingespür verloren? Bei Prime Video ist er schnell vorne dabei, wenn es um Kritik geht. Unvergessen sein viertelstündiger Monolog nach der BVB-Niederlage bei Real Madrid, bei dem er derart abdriftete, dass am Ende niemand mehr wusste, was eigentlich die Frage war. Es ist von außen natürlich nicht leicht, en Detail zu beurteilen, was Sammer vielleicht doch bewegt hat, für das Gesamtbild des BVB war in positiver Hinsicht aber ganz offensichtlich nicht allzu viel dabei.

Mislintat und das Ego

Eine weitere Personalie, die immer wieder für Gesprächsstoff sorgt, ist Sven Mislintat. Er war früher schon für den BVB tätig, unter anderem als Analyst, später Scout und kurzzeitig als Direktor Profifußball. Über Arsenal, den VfB Stuttgart und Ajax ging es zurück nach Dortmund. Als Kaderplaner, der aber gerne den Job des Sportdirektors ausüben würde. Was für einen internen Machtkampf sorgte und dazu führte, dass nahezu jeder innerhalb des Klubs mindestens einen anderen Verantwortlichen hatte, den er mindestens einmal kritisch beäugte. Eine vertrauensvolle Zusammenarbeit auf allen Ebenen? Schwierig.

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(Photo by Christof Koepsel/Getty Images)

Mit Mislintats Anstellung, so scheint es, hat auch ein Kapitel der zwischenmenschlichen Dissonanzen begonnen. Es war ein Kampf um Kompetenzen, möglicherweise auch davon ausgelöst, dass es Mislintats Ego nicht zuließ, nur eine 1-B-Rolle zu spielen. Einige Ideen von ihm wurden übergangen, es hatte den Anschein, als arbeite jeder dafür, seine eigenen Vorstellungen durchzubringen. Unter anderem das sorgte dafür, dass am Ende die Homogenität im Kader fehlte.

Auch dafür waren wieder mehrere Personen verantwortlich. Dass Mislintat nach Ansicht des Klubs erst einmal kleinere Brötchen backen muss und sich unterzuordnen hat, erscheint indes gar nicht mal unlogisch. Seine Zeit bei Arsenal war allenfalls durchschnittlich, in Amsterdam bei Ajax machte man ihn für das „schlechteste Transferfenster in der Geschichte der Eredivisie“ verantwortlich, bevor in der Saison, in der sich die Wege trennten, der Absturz des Klubs begann.

Der große Kardinalsfehler mit Kehl

Bleibt noch eine weitere Personalie, nämlich Sebastian Kehl. Quasi der Gegenspieler von Mislintat. Einer, der eigene Ideen umsetzen will, aber das große Ganze ein wenig vernachlässigt hat. Er hat einen großen Anteil daran, dass dem BVB-Kader das gewisse Etwas fehlt. Die nötige Breite in der Abwehr zum Beispiel, ein weiterer, spielstarker Akteur im Mittelfeldzentrum oder ein neuer Techniker für die Offensive, als Zusatz zu den vielen dribbelstarken Spielern. Das Transferfenster im Sommer endete quasi unvollendet, was im Verlauf der Hinrunde auch immer wieder beim Blick auf den Spieltagskader erkennbar war.

Als im Winter dann Donyell Malen zu Aston Villa wechselte, teilte Kehl mit, man sei auf dieses Szenario gut vorbereitet. Passiert ist bisher nichts, weder im Offensivbereich, noch in der Abwehr. Von immer neuen Kandidaten ist zu lesen, aber einerseits passen die gehandelten Spielertypen nicht in ein gewisses Muster, andererseits ist man in Dortmund von einem Vollzug weit entfernt. Im Winter erneut die Fehler des Sommers korrigieren zu müssen ist alleine schon ein Problem. Das aber nicht im Ansatz zu schaffen, ein weit größeres.

Und wie es der Zufall will hat der BVB mit eben jenem Kehl erst kürzlich bis 2027 verlängert. Das war kein Zeichen für den Zusammenhalt, sondern dafür, dass die Kernproblematik nicht erkannt wird, auch nicht von Lars Ricken, seit Sommer Geschäftsführer Sport. Selbst er hat, wenn auch nicht unbedingt federführend, was die Gesamtheit der letzten Jahre angeht, seinen Anteil.

Bleibt als Fazit: In der aktuellen Konstellation kann es nicht weitergehen. Es gibt zu viele unterschiedliche Ideen, keinen klaren Weg. Und zu viele Stimmen, die mitreden, aber es nicht schaffen, Lösungen zu finden. Wenn sich der BVB nachhaltig stabilisieren will, dann muss im Sommer der Rundumschlag her. Es führt mittlerweile kein Weg mehr daran vorbei.

(Photo by Carsten Harz/Getty Images)

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