FC Bayern München
·15 mai 2025
Holocaust-Überlebender Abba Naor zu Gast beim FC Bayern

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·15 mai 2025
Zwei Stunden lang konnte man in der Kantine an der Säbener Straße die vielzitierte Stecknadel fallen hören, die Smartphones hatten Sendepause, alles lauschte gebannt – und am Ende erhoben sich die rund 150 Mitarbeitenden des FC Bayern, um anhaltenden, zutiefst respektvollen Beifall zu zollen: Anlässlich des 80. Jahrestags des Endes des Zweiten Weltkriegs hatte der Deutsche Meister am 8. Mai im Rahmen seiner Initiative „Rot gegen Rassismus“ in Abba Naor einen Überlebenden des Holocaust zu einem internen Zeitzeugengespräch eingeladen, und der 97-Jährige kommentierte den Applaus so: „Ich bin kein Schauspieler, glauben Sie mir. Ich erzähle diese, meine Geschichte nun schon seit 30 Jahren – und sie ist immer dieselbe: Ich will, dass die Jugend zuhört. Das Leben ist ein einmaliges Geschenk. Damit soll man nicht rumspielen. Auch der andere hat ein Recht aufs Leben. Es kann nicht anders sein. Ich hoffe, dass die Leute, die mir zuhören, bessere Menschen werden.“
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Präsident Herbert Hainer hatte die Anwesenden, darunter einige geladene Gäste wie Vertreter der Kurt-Landauer-Stiftung oder der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern, begrüßt und erklärt: „Gedenken ist nicht neutral – wer an den 8. Mai erinnert, positioniert sich gegen Geschichtsverfälschung und Verharmlosung rechter Gewalt. Der FC Bayern ist nicht nur die Spieler und Spielerinnen im Rampenlicht, alle Mitarbeitenden sind der FC Bayern. Vielen herzlichen Dank, dass Sie heute hier sind.“
Abba Noar unterschrieb nach seinem Vortrag noch lange sein Buch „Ich sang für die SS“, dann bat er, für ein Foto zur Kurt-Landauer-Statue auf dem Trainingsgelände gebracht zu werden, ehe er zum Ausklang sagte: „Ich habe mich hier wie zuhause gefühlt und finde das, was der FC Bayern macht, ist einmalig. Jemanden wie mich hier einzuladen zum Beispiel: Welcher Verein macht so etwas? So etwas wie heute hier an der Säbener Straße: Das gibt es nicht in den USA, nicht einmal in Israel. Macht nur so weiter, meine Kinder: Ihr werdet gebraucht!“
Rund 150 Mitarbeitende des FC Bayern lauschten dem Vortrag von Abba Noar an der Säbener Straße.
Er selber brauche sich nicht zu erinnern, sagte er - „weil ich niemals vergessen habe: Nicht meine ermordete Mutter, nicht meine ermordeten Brüder, meine ganze Familie. Jeden Tag denke ich aufs Neue an sie: egal, was ich mache, sie sind immer bei mir. Sie leben weiter. Aber die, die mir zuhören, sollen verstehen, was passiert ist. So lange ich sprechen kann, werde ich erzählen. Denn wenn wir aufhören, zu erzählen, beginnen andere, zu vergessen.“
Es gibt weltweit noch rund 200.000 Holocaust-Überlebende, davon 11.500 in Deutschland. Abba Naor kam im Alter von 13 Jahren ins Ghetto nach Kaunas, er überlebte verschiedene Konzentrationslager und den Todesmarsch von Dachau, auf dem er mit 17 durch die Alliierten befreit wurde. Das Credo des erklärten FC-Bayern- und Thomas-Müller-Fans: „So lange ich sprechen kann, werde ich erzählen. Damit niemand sagen kann: Ich habe es nicht gewusst.“ Er wolle nicht hassen, sondern helfen. Hainer erinnerte in seiner Rede an den früheren Präsidenten Kurt Landauer, „der bis heute ein Vorbild der Versöhnung über Generationen hinweg ist: Er kam damals aus dem Exil zurück, um dem FC Bayern und den Deutschen ganz generell die Hand zu reichen. Der 8. Mai wird als Gedenktag an das Ende des Nationalsozialismus gefeiert – und wir alle sollten achtgeben, dass sich die Geschichte nicht wiederholt.“
Herbert Hainer dankte Abba Naor für dessen bewegende Worte: „So lange ich sprechen kann, werde ich erzählen"
Die Veranstaltung klang aus, indem man sich mit den Mitgliedern des Projekts „Coffee with a Jew“ um Daniel Gitbud unterhalten konnte. „Nach dem Vortrag von Abba Noar wollten wir so die Möglichkeit geben, nach den Erinnerungen an die Schrecken des NS-Regimes positiv nach vorne zu schauen, indem man sich einmal ganz ungezwungen über das Judentum und auch das schwere Thema Antisemitismus austauschen kann“, erklärte Benny Folkmann, Geschäftsführer des FC Bayern und mit Andreas Werner Leiter der Initiative „Rot gegen Rassismus“. Daniel Gitbud ermunterte die Anwesenden, alle Fragen zu stellen, die sie auf dem Herzen haben, „denn wir wollen bei diesem Projekt ins Gespräch kommen und stereotypische Klischees aufbrechen“.
Abba Naor besuchte auch die Statute von Kurt Landauer auf dem Trainingsgelände an der Säbener Straße.
Bei der Initiative „Rot gegen Rassismus“, dessen Leitmotiv „Begegnungen“ lautet, geht es seit der Gründung vor fünf Jahren nicht darum, immer wieder einmal einfach nur anlassbezogen einen Slogan auf ein Shirt oder Banner zu drucken, sondern verstetigend inhaltlich und nachhaltig zu sensibilisieren, und vor diesem Hintergrund war das Zeitzeugengespräch an der Säbener Straße ein weiterer wichtiger Meilenstein.
Weitere Informationen zu „Rot gegen Rassismus“: