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·27 octobre 2024
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Die Bayern müssen am Wochenende in Bochum ran. Erinnerungen an eines der spektakulärsten Bundesliga-Spiele werden wach
Wenn die Bayern nach Bochum müssen, fällt den Älteren vor allem ein Spiel ein: das 5:6 am 18. September 1976. Das Ungewöhnliche an diesem eher an Eishockey erinnernde Ergebnis war der Spielverlauf, der einen noch immer gültigen Rekord lieferte: nie zuvor und auch danach nie mehr konnte konnte in der Bundesliga eine Mannschaft nach vier Toren Rückstand noch gewinnen. Fever Pit'ch listet die sieben größten Wendespiele der Liga-Historie auf.
nach 4:0 am 18. September 1976
Die Bayern hatten im Mai 1976 den Europacup-Hattrick im Landesmeister-Pokal eingefahren. Unter dem enormen Kraftakt auf internationalen Parkett litt allerdings die Leistung im Alltag, schon seit zwei Jahren waren sie nicht mehr Meister geworden. Die Chance ihnen ein Bein zu stellen, war in jenen Tagen so groß wie nie für kleinere Klubs wie den VfL Bochum. Das Ruhr-Stadion wurde gerade umgebaut und obwohl der VfL ausverkauft meldete, war die Kulisse vergleichsweise dürftig: nur 17.000 konnten die Bayern mit fünf amtierenden Weltmeistern sehen. Sie kamen als Tabellenfünfter, Bochum war Elfter und die Favoritenfrage war geklärt, aber Bayern-Trainer Dettmar Cramer mahnte: „Meine Mannschaft neigt mehr als jede andere zur Überheblichkeit, was mit den Erfolgen der Vergangenheit zusammenhängt.“ Danach sah es in der Tat aus.
Leichtfertig vergab der Schwede Conny Torstensson gegen Torwart Werner Scholz die Chance zur Gästeführung, danach trumpfte der VfL auf. Dem früh für Verteidiger Christoph Franke eingewechselten Harry Ellbracht gelang das 1:0 (24.), Mittelstürmer Jupp Kaczor düpierte Franz Beckenbauer und erhöhte auf 2:0 (38.) und wiederum Ellbracht (43.) sorgte für den Pausenstand von 3:0. In Bochums Kabine, erzählte Kaczor nach 35 Jahren noch, „herrschte natürlich eine euphorische Stimmung. Wahrscheinlich hat jeder bei sich gedacht: Heute hauen wir den Bayern den Laden voll.“
Trainer Heinz Höher hatte seine Mühe, die Spieler in ihrem Übermut zu bremsen. Kollege Dettmar Cramer versuchte dagegen seine Recken aufzurichten: „Wenn es nur 0:2 stünde, wäre ich ganz sicher, dass wir noch gewinnen.“ Er entließ sie mit den Worten „Reden wir uns ein, dass es 0:0 steht“ wieder aufs Feld.
Doch in der 53. Minute traf auch der dritte VfL-Stürmer an diesem Tage, Hans-Joachim Pochstein - zum 4:0. WDR-Reporter Armin Haufe meldete sich mit der Einleitung „Arme Bayern!“ aus dem Ruhr-Stadion.
Tatsächlich musste man aber jetzt die Bochumer bemitleiden.
Eine schlüssige Erklärung für die Ereignisse in den folgenden 35 Minuten gibt es bis heute nicht. Vielleicht war es die Folge von Überheblichkeit auf der einen und dem Mut der Verzweiflung auf der anderen Seite. „So was kannst Du eigentlich nicht mehr vergeigen, selbst gegen die Bayern nicht“, gab Kaczor die Stimmung im VfL-Team wieder. Aber sie konnten. Karl-Heinz Rummenigge machte den Anfang: 4:1 (55.). Dann wagte sich Vorstopper Katsche Schwarzenbeck nach vorne – 4:2 (57.). Dann endlich trat der Hauptverantwortliche für Bayern-Tore in Erscheinung: Gerd Müller, der Bomber der Nation, verkürzte auf 4:3 (63.) In der 74. Minute erhielten die Bayern einen Foulelfmeter, und Müller ließ sich die Chance nicht entgehen. Vom Anstoß eroberten sie sich wieder den Ball und Weltmeister Uli Hoeneß überwand Scholz ein fünftes Mal. Fünf Auswärts-Tore in 20 Minuten – auch das war ein echtes Bundesliga-Novum. Doch die Bochumer steckten nicht auf, Kaczor glich noch einmal aus (80.), Jupp Kapellmann fälschte unhaltbar ab. Per Fallrückzieher wäre Kaczor fast noch das 6:5 gelungen. Stattdessen schlug es im Gegenzug wieder bei Scholz ein – wieder war Uli Hoeneß der Schütze. Dann war die wilde Tor-Hatz zuende. Die Bundesliga hatte ihr erstes und einziges 5:6 – und den ersten und einzigen Sieg einer Mannschaft nach Vier-Tore-Rückstand. Dettmar Cramer, der Philosoph auf der Trainerbank, sagte dem Kicker vier Tage später mit Rückblick auf den 11-Tore-Tag von Bochum: „Zum Spielverlauf kann ich nur sagen: Fußball ist das schönste Scheißspiel, das es gibt.“
nach 1:4 am 20. Oktober 1973
Das Spiel vom 20. Oktober 1973 wurde von den Lesern der Sport-Bild 2011 zum „geilsten Spiel aller Zeiten“ gewählt. Da spielte gewiss auch Schadenfreude eine Rolle. Schützenfeste gegen die großen Bayern kommen selten vor und stoßen umso mehr auf Zustimmung. Was geschah in diesem Spiel der Beckenbauer-Ära? Souverän führte der Meister damals nach 58 Minuten 4:1 – alles schien entschieden und die ersten Fans wanderten ab. Für das, was dann passierte, hatte selbst der Kaiser „keine Erklärung“. In 31 Minuten schlug der Ball sechs Mal im Tor von Sepp Maier ein – das war Bundesligarekord – und Bayern verlor noch 4:7. Der Name Seppl Pirrung ist mit diesem Spiel untrennbar verbunden, der kleine Dribbler erzielte drei Tore im größten Spiel seiner Karriere. Gern verschwiegen wird, dass die Gäste nach dem Platzverweis für den zweimaligen Torschützen Bernd Gersdorff die letzte Viertelstunde in Unterzahl bestreiten mussten. Da stand es noch 4:4, dann schossen Verteidiger Ernst Diehl und Stürmer Herbert Laumen (zwei) noch drei Treffer. Auf der Bank vergoss der junge FCK-Trainer Freudentränen, Erich Ribbeck sprach vom „größten Tag meiner Laufbahn“. Kollege Udo Lattek musste sich zurückhalten, war aber „nahe daran heute einige Spielern öffentlich anzugreifen.“ Bayern-Manager Robert Schwan sprach von einer „Tragödie“ und betonte: „Man kann auch nicht sagen, irgendeiner anderen Mannschaft passiert das auch einmal. Wir sind nicht irgendeine Mannschaft.“ In der Tat, am Ende der Saison wurden fünf der Verlierer von Kaiserslautern Weltmeister, Europacup-Sieger und Deutscher Meister. Nie hat der FC Bayern in einem Bundesligaspiel mehr Tore kassiert als damals in der Pfalz, dreimal wurde der Minuswert noch eingestellt. FCK-Verteidiger Ernst Diehl durfte übrigens abends ins Sportstudio und traf an der Torwand dreimal.
nach 3:0 am 10.Dezember 2017
Im Abstiegskampf blieb den Kölnern nichts erspart. Nach 14 Spielen hatten sie nur drei Punkte, klägliche neun Tore erzielt – und nie gewonnen. Ein Trainerwechsel sollte die Wende bringen, für den Nachfolger von Peter Stöger war es das erste Heimspiel. Doch Stefan Ruthenbeck brachte am 10. Dezember 2017 das Glück auch nicht nach Müngersdorf zurück. Dabei sah es so gut aus: auf gefrorenem Boden legten die Geißböcke einen Blitzstart hin. Lukas Klünter, Sehrou Guirassy per Elfmeter und der Freiburger Caleb Stanko per Eigentor verhalfen dem Schlusslicht zu einer kaum glaublichen 3:0-Führung, die bis zur 39. Minute hielt. Der wütende SC-Trainer Christian Streich hatte da schon zweimal ausgewechselt, sein erstes Opfer nach 18 Minuten: sein Nachfolger Julian Schuster. Dann schlug Nils Petersen erstmals zu und es ging mit 3:1 in die Kabinen. Zurück kehrten zwei verwandelte Mannschaften, Köln kam nicht mehr hinten raus. Aber nach 90 Minuten führten sie immer noch mit 3:2, ehe die Petersen-Show so richtig losging. Behilflich war ihm dabei Schiedsrichter Robert Kampka, der den Gästen im Kölner Hexenkessel (45.100) noch zwei Elfmeter gab – beide berechtigt. Petersen verlud Timo Horn doppelt und nach 95 Minuten war Schluss – Endstand 3:4. „Das war’s dann!“, sagte FC-Verteidiger Dominique Heintz. SC-Coach Christian Streich war stolz: „Die Jungs haben einen enormen Willen und eine Frustrationstoleranz gezeigt, die über meiner liegt“
nach 0:3 am 25.August 1973
Vor 51 Jahren langweilten sich 30.000 Zuschauer vor der trostlosen Kulisse des sich im Umbau befindlichen Frankfurter Waldstadions. Das Verfolgerduell der punkt- und torgleichen Teams, die sich nach zwei Spieltagen Platz 3 teilten, verzichtete ganz auf Tore und hatte nur wenige Torraumszenen – bis zur 59. Minute. Dann begann die wilde Torhatz. Dieter Brenninger, Willi Entenmann und Hans „Buffy“ Ettmayer schossen den VfB binnen sieben Minuten beruhigend mit 3:0 in Führung. Dummerweise gaben sich die Gäste damit nicht zufrieden und „stürmten munter weiter“ (Kicker). Der eingewechselte Frankfurter Bernd Nickel eröffnete in Minute 68 die Aufholjagd und plötzlich drehte sich der Wind, nun stand Gästekeeper Gerd Heinze unter Dauerbeschuss. Er tat sein Möglichstes, musste aber bis zur 88. Minute noch zwei Treffer von Bernd Hölzenbein und einen von Roland Weidle schlucken. Die Zuschauer eskalierten regelrecht und VfB-Coach Hermann Eppenhoff sprach zerknirscht vom „Frankfurter Wunder“. Die Eintracht unter Kollege Dietrich Weise hatte wieder mal ihr Image von der „Diva vom Main“ bestätigt.
nach 0:3 am 25.Oktober 1980
Rudi Völler war im Herbst 1980 in Zeiten vor dem Internet nur echten Insidern bekannt, aber an jenem 25. Oktober sollte sich das ändern. Der Hesse trug in seiner ersten Bundesligasaison das Trikot von 1860 München und tat einiges für seine Bekanntheit. Im Olympiastadion lagen die „Löwen“ vor nur 12.000 Zuschauern gegen Otto Rehhagels Fortunen zur Pause schon 0:3 zurück, Europameister Klaus Allofs hatte allein zweimal zugeschlagen. Die gefällig kombinierenden Gäste reizten die Zuschauer zu Szenenapplaus und Rehhagel stieß in der Halbzeit auf allzu taube Ohren, als er vor Bruder Leichtsinn warnte. „Das hatte mit Bundesliga wenig zu tun“, gab hingehen Völler zu. Dann tat er selbst viel dafür, dass das Spiel ein gutes Ende nahm: „Drei Völler von Böller“, titelte der Kicker. Völler verkürzte (52.) und nach dem Anschlusstreffer von Horst Wohlers (56.) setzte der 21jährige noch zwei drauf (76., 82.) – fertig war der Löwen-Sieg. „So etwas habe ich noch nie erlebt“, gestand Trainer Carl-Heinz Rühl, wie Rehhagel ein Kind der Bundesliga. Völler war in aller Munde und gab zu Protokoll: „Mein Ziel ist die Nationalmannschaft!“. Das sollte noch zwei Jahre dauern…
nach 3;0 am 28. August 2010
Am 28. August 2010 lagen sich die Fans des VfL Wolfsburg früh in den Armen. Edin Dzeko mit einem Doppelschlag und der Brasilianer Diego hatten nach 30 Minuten drei Treffer vorgelegt gegen Thomas Tuchels Mainzer. Dass die ihre beste Saison überhaupt spielen sollten, ahnte zu diesem Zeitpunkt gewiss niemand. Der Anschlusstreffer von Rasmussen besorgte noch kaum jemanden im VfL-Stadion. Dann wurde der neue Trainer Steve McClaren zunehmend ungehaltener. Man sah ihn fluchen und gegen die Bande treten, nur machen konnte er nichts gegen das Unheil. Kollege Tuchel hatte in der Pause unverdrossen von der Chance auf den Sieg gesprochen und zwei seiner drei „Bruchweg-Boys“ eingewechselt – und die Hobbymusikanten wussten, wo das Tor steht. Nach Elkin Sotos 3:2 (48) drehten André Schürrle (58.) und Adam Szalai (85.) die Partie völlig. McClaren schnaufte: „So etwas habe ich noch nie erlebt.“ Für VfL-Manager Dieter Hoeneß war es „ein Schock“. Nebenan in der Gästekabine wurde getanzt, Schürrle spielte Gitarre und Lewis Holtby gab den Vorsänger.
Nach 3:0 am 31.Mai 1991
Noch einmal wurde Fortuna Opfer ihres Übermuts und schaffte es in dieses Ranking – als zweite Mannschaft, die eine 3:0-Heimführung noch völlig vergeigte. So geschehen am 31. Mai 1991 und vielleicht damit zu erklären, dass es nur für die Gäste am 32. Spieltag 1990/91 noch um etwas ging. Fortuna stand im gesicherten Mittelfeld, der VfL kämpfte traditionell gegen den Abstieg. Die Konstellation interessierte im Rheinstadion nur 11.000 Menschen, denen allerhand geboten wurde. Jörn Andersen, Martin Spanring und Thomas Allofs sorgten bis zur 31. Minute für scheinbare klare Verhältnisse, von einer widerstandslosen Vorführung der Gäste war zu lesen. Ein Glücksschuss von VfL-Talent Michael Rzehaczek ließ den VfL noch hoffen, trotzdem gab es eine deftige Halbzeitansprache von Rolf Schafstall. Der Coach wechselte auch gut, nach Jupp Nehls 3:2 stach Joker Dirk Helmig. Das 3:4 fiel durch einen Foulelfmeter, den Frank Heinemann verwandelte – nach 69 Minuten hatte der VfL das Spiel gedreht und brachte es über die Zeit. *
In die Kategorie Sommerfußball fielen die 4:3-Siege der Bayern in Leverkusen (1988) und Mönchengladbach (2013) jeweils am 34. Spieltag. Sie brachten dem Sieger nichts mehr und schadeten den Verlierern nicht, entsprechend wenig Aufhebens wurde um diese Spiele gemacht.