Der 16. Juni 1991 - der Tag, als der Löwe wieder brüllte | OneFootball

Wenn Edgar Endres, die Stimme der Kultsendung "Heute im Stadion", in den letzten Jahren immer mal wieder im Grünwalder Stadion vorbeischaute, kamen wir fast automatisch auf diesen wunderbaren Tag zu sprechen: Den 16. Juni 1991. An diesem verregneten Sonntagnachmittag in München-Giesing, als die Löwen nach neun Jahren in den Tiefen der Bayernliga endlich wieder in den Profifußball zurückkehrten.

Endres spielte damals eine besondere Rolle: Im Spielertunnel interviewte er den völlig entkleideten Karsten Wettberg, den König von Giesing. Der Löwen-Trainer stand - zum völligen Entsetzen der damaligen Präsidentin Lilo Knecht - nur noch in der Unterhose da. Alles andere hatten ihm die Fans vom Leib gerissen - ein Sinnbild für die unbändige Löwen-Leidenschaft.

Selbstverständlich kann ich mich an diesen Tag auch noch gut erinnern, denn mit meinem damaligen Fußball-Spezl Günter Heberle, der später mit dem FC Augsburg selbst gegen seinen Lieblingsverein in der Bayernliga spielen durfte, sind wir aus dem Chiemgau mit Pressekarten nach München hochgefahren. Und Pressekarten waren damals etwas ganz Besonderes, denn sie legitimierten einen dazu, das Spiel auch aus dem Innenraum des Stadions zu verfolgen. Diese Chance wollten wir uns nicht entgehen lassen. Nach dem Schlußpfiff brachen im mit 28.000 Fans ausverkauften Grünwalder Stadion alle Dämme. Zur damaligen Zeit war Horst Schmidbauer einer der wichtigsten Spieler bei 1860 - und der Horsti schenkte Heberle und mir jeweils einen Schuh. Leider ist dieser durchgetretene Puma-Schuh bei einen meiner vielen Umzüge in den letzten Jahrzehnten verloren gegangen. Das ärgert mich freilich, denn der Schuh ist Löwen-Geschichte.

Die Bayernliga-Zeit war als junger Mensch abenteuerlich, wild und chaotisch, aber keineswegs ein Ponyhof. Immer wieder blamierte sich der Löwe gegen vermeintlich kleine Vereine wie Ampfing, Unterhaching, Vestenbergsgreuth oder die SpVgg Landshut. Der damalige Löwen-Chronist Klaus Kirchner (TZ) erinnert sich immer mit Schrecken daran. Neun lange Jahre schleppte sich der TSV 1860 durch die Amateurliga, ehe Karsten Wettberg kam und die Löwen aus dem Sumpf zog.

Und wer glaubt, dass das Aufstiegsjahr 1991 von einem großen Zuschauerzuspruch begleitet war, täuscht sich: Der Schnitt lag in dieser Saison bei nur 10.000 Fans - und damals durften noch 28.000 (!) Anhänger ins Grünwalder Stadion rein. Nur das Derby gegen Haching war nahezu ausverkauft, beim unvergessenen 2:0-Schneesieg gegen Weiden fieberten immerhin 23.000 Fans auf Giesings Höhen mit. Auf der anderen Seite kamen zum 2:0-Sieg zum Saison-Start über die Bayern-Amateure nur 6.000 Fans. Leidenschaftlich war´s trotzdem fast immer, zumindest in dieser Aufstiegssaison.

Die wirklich großen Zuschauerzahlen kehrten erst zurück, als der Klub sportlich wieder in die Spur fand. Alles andere sind wilde, bisweilen verklärte Giesinger Geschichten.

Oliver Griss (heute 53) berichtet seit 1989 über den TSV 1860 - und hat den Aufschwung in den 90er Jahren deshalb ganz nah miterlebt.