
Textilvergehen
·24 de septiembre de 2023
Wir hatten Höhen und viele Tiefen

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·24 de septiembre de 2023
Auch wenn es gegen kurz nach 17 Uhr gestern im Stadion An der Alten Försterei prinzipiell noch Hoffnung gab, dieses Spiel noch in ein Punkte-bringendes umzuwandeln. Ehrlicherweise tat ich mich nüchtern betrachtet in diesen Minuten schwer so komplett überzeugt an die Wende zu glauben. Nicht weil sich die Mannschaft in irgendeiner Weise hängen ließ, ganz im Gegenteil: Es rollte ein Angriff nach dem anderen auf das Hoffenheimer Tor, Union erkämpfte und erspielte sich Chance um Chance. Aber irgendwie war immer ein Bein, Kopf oder oder der TSG-Torwart Oliver Baumann dazwischen. Und wenn nicht, dann zielten die Mannen von Union-Trainer Urs Fischer ein bisschen zu hoch oder etwas daneben. Es war so ein Nachmittag an dem Union wohl noch drei Stunden hätte weiterspielen können ohne ein Tor zu schießen. Irgendwie reihte sich dieser Nachmittag in die teilweise recht unglücklichen Spielverläufe der letzten Wochen ein. Union versuchte viel und es gelang auch einiges, das Entscheidende, die Tore jedoch nicht.
Tapete auf der Waldseite zur Madrid-Reise, Foto: Matze Koch
Trotz der Tatsache, dass der sportliche Output, das Zählbare ausblieb, hatte dieser Nachmittag etwas Spezielles. Selbst ohne Fahnen (aus Protest bzgl. der Geschehnisse in Madrid) auf der Waldseite wehte gerade in Halbzeit zwei ein Hauch Nostalgisches durch die Alte Försterei. Teilweise erinnerte mich die Kulisse und das Spiel mindestens mal an Zweitliga-Zeiten, nur mit deutlich höherer fußballerischer Qualität eben.
Ich sah eine Union-Mannschaft, welche ihr Herz in beide Hände nahm, obwohl es gegen ein äußerst clever agierendes und reifer wirkendes Team Ergebnis-technisch klar im Rückstand lag (0:2 zur Pause). Ich spürte einen minütlich immer lauter und intensiver werdenden Support von den Rängen, der durch einen Union-Klassiker (wer etwas über die Herkunft des Songs wissen möchte, sollte sich die Wald-Seite von gestern besorgen), den ich schon lange nicht mehr als Anfeuerungsruf im Stadion gehört habe, passend untermalt wurde:
„Wir hatten Höhen und viele Tiefen, wir standen alle mit dem Rücken zur Wand. Wir war´n am Ende, gib mal ne Spende. Alte Försterei – genug gesagt.“
Alte Försterei, genug gesagt! Bereits vor der Mannschaftaufstellung hatte es Stadionsprecher Christian Arbeit treffend auf den Punkt gebracht, als er sinngemäß sagte, dass wir in den tollsten und größten Stadien dieser Welt spielen könnten, aber es in keinem Stadion je wie hier, im Stadion An der Alten Försterei, sein würde.
Hach genau so ist es und so wird es immer sein, dachte ich beim Singen dieser Lieder oder auch in den Momenten als bspw. der eingewechselte David Fofana zweimal nach tollen Einzelaktionen scheiterte, als der Ball nach einer Flanke von einem Hoffenheimer auf der Linie geklärt werden musste oder als Kevin Behrens gut antizipierte aber im Fallen knapp am Tor vorbeischoss. Als sich das etwas kopflose „Jetzt erst recht“-Anrennen der Mannschaft mit den trotzigen „Eisern Union“-Rufen von den Rängen vermischte, packte mich dann eine lange nicht mehr dagewesene Gänsehaut, die ganz weit weg von Champions League und all diesen Dingen war. An einem Samstagnachmittag, bei einer sich anbahnenden Niederlage gegen Hoffenheim.
Während ich und auch einige andere, wenn die Gesichter richtig interpretiert habe, trotz der Niederlage also mit einem guten Gefühl das Stadion verlassen konnten, machte Union-Trainer Urs Fischer auf der Pressekonferenz nach dem Spiel seinen Ärger Luft:
„Erste Hälfte, keine Basics, eine Nichtleistung. Und zweite Hälfte eigentlich eine Art und Weise wie ich mir das vorstelle, wie meine Mannschaft auftreten soll. Viel mehr will ich nicht sagen, ich schaue mir das noch einmal an, weil meistens sagt man dann was Falsches. Ich bin doch ein bisschen angefressen im Moment und daher hoffe ich auf ihr Verständnis.“
Auch ein sichtlich angefressener Urs Fischer brachte Union keinen Punkt, dafür aber seine Gefühlslage auf selbigen, Foto: Matze Koch
Natürlich war die erste Halbzeit etwas schläfrig. Ob nun das unnötige Trikotziehen von Leonardo Bonucci, welches zum Elfmeter und Rückstand führte oder das fehlende Gegenpressing vor dem 0:2. Defensiv zeigte sich Union auch in diesem Spiel etwas zu anfällig und inkonsequent während nach vorne zudem der Killerinstinkt fehlte.
Ich für meinen Teil nehme aber vor allem die absolut überzeugende zweite Halbzeit mit und hoffe, dass sich die Mannschaft genau darauf konzentriert. Spielt sie so wie in Abschnitt zwei, müssen wir uns meiner Meinung nach trotz der aktuellen Schwächeperiode (drei Bundesliga-Partien in Folge verloren, zwei Heimniederlagen am Stück) keine Sorgen machen.
Natürlich gibt es für das Union-Trainergespann genügend Ansätze für Verbesserungen, aber das Spielglück wird zurückkommen. Wir dürfen nicht vergessen, dass gestern vier Neuzugänge zu Spielbeginn auf dem Platz standen, drei im Verlauf des Spiels eingewechselt wurden und Union quasi ohne klassischen Sechser (für mich ist Toussart eher ein Achter, aber darüber kann man sicherlich diskutieren) und vor allem schon seit Wochen ohne den Stabilisator schlechthin, ohne Rani Khedira, gespielt hat. Da ist es nicht ungewöhnlich, wenn die Balance nicht optimal ist.
Und auch wenn es für die Union-Verantwortlichen sportlich keinen Grund geben sollte, sich an diese 0:2-Niederlage gegen die TSG Hoffenheim zu erinnern, dann kann ja vielleicht das Drumherum Kräfte freisetzen. Getreu dem Motto: „Wir hatten Höhen und jetzt vielleicht auch mal wieder ein Tief.“
Die Union-Frauen setzen ihren Siegeszug in der Regionalliga Nordost fort und haben im fünften Spiel den fünten Sieg eingefahren. In Jena gewannen sie mit 3:0.
Und auch die A-Junioren waren am Wochenende erfolgreich. Die U19 gewann ihr Heimspiel nach dem Madrid-Aufenthalt mit 3:0 gegen Eintracht Braunschweig. Eine herbe 1:8-Niederlage musste dagegen Unions U17 in Bremen einstecken.
Der FuMA-Arbeitskreis Vielfalt, der sich für eine Alte Försterei einsetzt, in der sich alle wohlfühlen hat sein Wirken etwas zusammengefasst. Zudem werden Anlaufstellen benannt bei denen man sich bei Problemen o.ä. vertraulich wenden kann. Infos gibt es hier.
Im Guardian gibt es einen ausführlichen und interessanten Artikel über Immerunioner Taiwo Awoniyi.
In eigener Sache: Der nächste „State of the Union“ erscheint am Dienstag, heute Abend ab 18 Uhr wird die neue Podcast-Folge aufgenommen.