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·18 de febrero de 2025
Viel mehr als „der Sohn von“: Justin Kluivert startet doch noch durch
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·18 de febrero de 2025
Justin Kluivert galt nach unglücklichen Leihen und Formtiefs schon als ewiges Talent. Aktuell zählt er beim AFC Bournemouth zu den auffälligsten Spielern der Premier League.
Kinder von Fußballikonen schlagen oft selbst Profikarrieren ein. Kein Wunder, schließlich wurde einem das Talent wortwörtlich in die Wiege gelegt. Doch nur wenige können an die großen Karrieren ihrer Väter anknüpfen, die meisten scheitern am Druck des glitzernden Namens oder sind schlicht doch nicht gut genug für eine Laufbahn im Spitzenfußball.
Auch Justin Kluivert konnte den Vorschusslorbeeren, die ihm sein beeindruckender Karrierebeginn und die großen Erfolge seines Vater Patrick früh einbrachten, lange nicht gerecht werden. Mit Mitte 20 startet das einstige Top-Talent in dieser Saison doch noch durch und mischt mit dem AFC Bournemouth die Premier League auf.
Justin Kluivert kam im Mai 1999 als zweites von vier Kindern des damaligen Barcelona-Stürmers Patrick Kluivert auf die Welt. Schon mit acht Jahren wechselte er in die Ajax-Akademie, zu dem Verein, mit dem sein Vater 1995 die Champions League gewann. Viele Sprösslinge aktiver oder ehemaliger Profis finden früh den Weg in die renommiertesten Jugendabteilungen, die vier Söhne von Zinedine Zidane durchliefen etwa allesamt die Nachwuchsmannschaften von Real Madrid.
Die Familie sei allerdings nicht der Grund gewesen, wieso er es so jung schon in die Ajax-Jugend schaffte, betonte Kluivert gegenüber dem Telegraph: „Ich war dort wegen meiner eigenen Qualitäten, und das hat mich zu dem gemacht, was ich heute bin. Ich spüre die Last des Namens nicht auf meinen Schultern.“
Beim niederländischen Traditionsverein nahm Kluiverts Karriere schnell Fahrt auf. Mit gerade einmal 17 Jahren debütierte er unter Trainer Peter Bosz in der Eredivisie, im März 2017 gelang ihm sein erster Treffer. Schon bei seinen ersten Gehversuchen im Profibereich waren die Qualitäten des Außenstürmers nicht zu übersehen. Schnell, trickreich, immer auf der Suche nach dem 1-gegen-1, dazu ein enormer Zug zum Tor. Kurzum: Das perfekte Rüstzeug für einen Flügelspieler von internationalem Top-Format.
Ajax blieb 2016/2017 trotz der begeisternden Auftritte der Offensive um Amin Younes, David Neres und eben Kluivert ohne Titel und schrammte in der Europa League mit einer 0:2-Finalniederlage gegen Manchester United haarscharf an der ersten internationalen Trophäe seit 1995 vorbei.
Die Anfänge: Bei Ajax startet Kluiverts Karriere furios. (Photo by Dean Mouhtaropoulos/Getty Images)
In der folgenden Spielzeit etablierte sich Kluivert als Stammspieler in der ersten Mannschaft und bildete mit David Neres eine hochtalentierte Flügelzange, dazwischen agierte Altmeister Klaas-Jan Huntelaar im Sturm. Nach wettbewerbsübergreifend elf Toren und fünf Vorlagen stritten sich zahlreiche Top-Teams um den Flügelflitzer, letztendlich blätterte die Roma 17 Millionen Euro für den Youngster hin.
Noch vor seinem 19. Geburtstag debütierte Kluivert im März 2018 zudem für die niederländische Nationalmannschaft. Beim 3:0 gegen Portugal wurde er in der 78. Minute für Memphis Depay eingewechselt. Im September des selben Jahres kam noch ein Einsatz gegen Peru dazu. Es sollten für viele Jahren seine letzten Minuten im Trikot der Elftal gewesen sein.
Denn in Italien geriet die Karriere des Hochbegabten erstmals ins Stocken. Zwar kam Kluivert in den Saison 2018/2019 und 2019/2020 auf 51 Spiele und fünf Tore in der Serie A, bei der Roma pendelte er jedoch zwischen Startelf und Bank und konnte bei seinen Einsätzen nur selten überzeugen.
Die verzwickte Situation des Talents rief RB Leipzig auf den Plan. Die Sachsen hatten sich bereits 2018 um Kluivert bemüht, zwei Jahre später unterschrieb der Stürmer auf Leihbasis für eine Saison bei den Sachsen. Auch unter Julian Nagelsmann schaffte er den erhofften Sprung zur Stammkraft nicht, 27 Einsätze und vier Tore standen wettbewerbsübergreifend zu Buche, als sich die Wege nach einem Jahr wieder trennten.
„Das war eine seltsame Saison“, blickte der beidfüßige Angreifer im Gespräch mit Eurosport auf sein Bundesliga-Intermezzo zurück und ärgerte sich, dass ihm die besondere Stimmung in den Stadien des deutschen Oberhauses durch die Pandemie verwehrt wurde: „Denn es war ja auch eine Saison unter den Corona-Bedingungen ohne Fans. Dem mussten wir uns erstmal anpassen. Die Stadien waren ja leer. Aber ich hatte trotzdem eine gute Zeit.“ Besonders von Ausnahmespieler Christopher Nkunku und Trainer Nagelsmann habe er viel gelernt, erklärte Kluivert.
Bei Leipzig muss der Niederländer oft auf der Bank Platz nehmen. (Photo by Cathrin Mueller/Getty Images)
In Rom fand man dennoch keine Verwendung für den Niederländer. Die Giallorossi planten auf den Außenbahnen mit Nicolo Zaniolo und Carles Perez, zudem war im Winter 2021 mit Stephan el Shaarawy ein Nationalspieler aus China zurückgekehrt. Kluivert wurde erneut verliehen, diesmal nach zum OGC Nice. Dort absolvierte er eine ordentliche Spielzeit 2021/2022, konnte allerdings auch in der Ligue 1 nicht an seine spektakulären Auftritte zu Karrierebeginn anknüpfen. Auch die Saison 2022/2023 – diesmal per Leihe in Spanien beim FC Valencia – war solide, mit den Spaniern konnte er sich jedoch nicht auf einen langfristigen Vertrag einigen.
Kurios: Auch Leipzig und Nizza wollten Kluivert seinerzeit nach der Leihe fest verpflichten, die Deals platzten jedoch, weil in beiden Fällen die Trainer und damit seine Fürsprecher wechselten. Erst folgte Julian Nagelsmann dem Lockruf des FC Bayern, dann unterschrieb Christophe Galtier in Paris. So war der Dauerverliehene erneut auf Klubsuche, doch vom Radar der ganz großen Vereine war das einstige Riesentalent längst verschwunden.
Im Sommer 2023 sicherte sich schließlich der AFC Bournemouth die Dienste des damals 24-Jährigen. Dass Kluivert im besten Fußballeralter bei einem Fahrstuhlteam der Premier League unter Vertrag stehen würde, hätten ihm zu Beginn seiner Laufbahn wohl die wenigsten prophezeit. Doch der Wechsel zu den Cherries sollte sich als Glücksgriff für alle Beteiligten erweisen.
Nach seiner dreijährigen Leih-Odyssee (Kluivert: „Es ist nicht empfehlenswert, um ehrlich zu sein“) fand der Sohn von Barca-Legende Patrick endlich wieder eine feste Heimat. „Es war Liebe auf den ersten Blick“, schwärmte Kluivert im Interview mit dem Telegraph nur wenige Monaten nach seiner Unterschrift: „Ich wollte bei einem Verein bleiben und nicht ausgeliehen werden. Ich musste nicht lange überlegen und war sehr motiviert, auch weil der Verein sehr ehrgeizig ist. Ich bin 24 Jahre alt und blicke nach oben, und ich möchte zu einem Verein, der in die gleiche Richtung blickt.“
Gleich mit seinem ersten Treffer im neuen Verein stellte das frühere Ajax-Juwel einen Rekord auf. Sein zwischenzeitliches 2:0 bei Sheffield United machte ihn zum jüngsten Spieler, der in allen fünf Top-Ligen ein Tor erzielt hat. „Man könnte meinen, ich sei 34 oder so“, musste der immer noch so junge Fußballer schmunzeln. Am Saisonende bilanzierte er sieben Treffer in der Premier League und trug so dazu bei, dass Bournemouth nie in akute Abstiegsgefahr geriet.
Förderer Andoni Iraola lässt Kluivert als Zehner viele Freiheiten. (Photo by Stu Forster/Getty Images)
In der aktuellen Spielzeit legten sowohl Kluivert als auch sein Verein nochmal einen drauf. Bournemouth spielt unter Andoni Iraola – nach Unai Emery, Mikel Arteta und Xabi Alonso der nächste Top-Trainer aus dem Baskenland – begeisternden Offensivfußball und darf sogar von der Qualifikation für die Champions League träumen. Derzeit sind die Cherries Fünfter, nur ein Punkt hinter Serienmeister Manchester City auf Rang vier. Der Niederländer selbst verewigte sich im November in den Annalen der Premier League, als er beim 4:2 gegen die Wolves als erster Spieler jemals drei Elfmeter in einem Ligaspiel verwandelte.
In Iraolas 4-2-3-1 kommt Kluivert zentraler als früher zum Einsatz, als Zehner orchestriert er fast jeden Angriff. Mit elf Toren und fünf Vorlagen führt der mittlerweile 25-Jährige alle teaminternen Statistiken an. „Ich habe gegen seinen Vater gespielt“, erinnerte sich Iraola jüngst, lobte seinen Schützling neben seinen Offensivqualitäten für seinen großen Aufwand gegen den Ball und fügte lachend an: „Er gibt ihm sicher sehr gute Tipps.“
Im Sommer dürfte der Name Justin Kluivert nach einigen Jahren wieder auf den Wunschliste der Spitzenteams auftauchen. Ob der Shootingstar seine Wohlfühloase an der Südküste tatsächlich schon wieder verlassen wird, ist jedoch unklar, schließlich winkt auch mit der Iraola-Elf die Teilnahme am internationalen Geschäft.
Fest steht: Nach einer enttäuschenden Zeit in Rom und einer unglücklichen Leih-Odyssee ist der Niederländer mit Mitte 20 doch noch auf internationalem Top-Niveau angekommen. Im Januar dieses Jahres wurde er sogar erstmals zum Spieler des Monats der Premier League gewählt und setzte sich bei der Abstimmung gegen Stars wie Phil Foden, Cody Gakpo oder Alexander Isak durch.
Auch in der Elftal ist das einstige Riesentalent wieder gefragt. Nach über sechs Jahren kehrte er im November 2024 gegen Bosnien in die Nationalelf zurück. Vater Patrick wird stolz zugesehen haben.
(Photo by Carl Recine/Getty Images)