REAL TOTAL
·14 de noviembre de 2024
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Real Madrid scheint nicht erst seit dieser Saison vom Pech verfolgt zu sein – Fotos: getty images
Angeführt von Dreifach-Torschütze Vinícius Júnior hat Real Madrid nach zwei deftigen Heimniederlagen die kurze Krise beendet. So deklassierte das Team von Trainer Carlo Ancelotti im heimischen Estadio Santiago Bernabéu den Tabellenfünften CA Osasuna mit 4:0, doch überschattet wurde der Erfolg von drei Verletzungen, darunter die schwere von Éder Militão. Der Brasilianer zog sich einen Riss des vorderen Kreuzbandes zu, zudem sind auch beide Menisken betroffen – die Saison dürfte damit für Militão beendet sein. Zuvor musste bereits sein Landsmann Rodrygo Goes wegen einer Oberschenkelblessur ausgewechselt werden, die erneut aufgebrochen ist. Zur zweiten Halbzeit kam dann auch Verteidiger Lucas Vázquez nicht zurück aufs Feld aufgrund Adduktorenproblemen. In der dünn besetzten Abwehr fehlen darüber hinaus David Alaba und Daniel Carvajal. Der Österreicher fällt seit Dezember 2023 wegen eines weiteren Kreuzbandrisses aus, während der spanische Europameister sich am 5. Oktober schwer am rechten Knie verletzt hatte: Riss des vorderen Kreuzbandes, Riss des äußeren Seitenbandes, Riss der Sehne in der Kniekehle. Zu Beginn der Saison 2023/24 erlitten schon Éder Militão und Thibaut Courtois Kreuzbandrisse, womit sie für den Großteil der letzten Spielzeit ausfielen. Damit haben die Königlichen innerhalb von gut 14 Monaten fünf Kreuzbandrisse bei Stammspielern zu verzeichnen. Liegt die unfassbare Misere primär oder nur auch an der fehlenden Rotation, die Trainer Carlo Ancelotti häufig vorgeworfen wird oder sind es vielmehr Folgen der immer größeren Belastung für Spieler der europäischen Spitzenvereine durch den immer engeren Spielplan und die immer höhere Belastung und weiteren Reisen?
Aus einer am 15. Oktober veröffentlichten Studie geht hervor, dass die Anzahl von Verletzungen in den europäischen Top-Ligen von Jahr zu Jahr zunimmt: Der European Men’s Football Injury Index berichtet, dass es in den höchsten Spielklassen Englands, Spaniens, Deutschlands, Italiens und Frankreichs in der Saison 2023/24 ganze 4.123 Verletzungen gab. Die Zahl der Verletzungen ist seit der ersten Veröffentlichung des Index im Jahr 2021 von Jahr zu Jahr gestiegen, und im neuesten Bericht heißt es, dass mit einem weiteren Anstieg gerechnet werden müsse. In dem Bericht wurde hervorgehoben, dass der Druck auf die Vereine, unter anderem aufgrund der erweiterten Champions League oder der neuen FIFA Klub-Weltmeisterschaft, die nächsten Sommer in den USA stattfinden wird, zunimmt.
So erklärte im September auch Rodrigo Hernández, Mittelfeldspieler von Manchester City, dass die Spieler kurz vor einem Streik stünden, da die Anforderungen und Belastung an Profis immer weiter gestiegen seien. Kurios: Der spanische Nationalspieler erlitt Tage nach diesen Kommentaren einen Kreuzbandriss, der seine Saison vermutlich beendete.
Der Fußballindex verzeichnet bereits vor der Ausweitung der Klub-WM und der Champions League einen Anstieg von Verletzungen. So heißt es, dass es seit der Saison 2020/21 14.292 verletzte Spieler in den fünf besten europäischen Ligen gegeben habe. Im Durchschnitt kam es bei den Mannschaften dieser Ligen in der letzten Saison alle 92 Minuten zu einer Verletzung. Dem Bericht zufolge gebe es einen „besorgniserregenden Trend“ bei Spielern unter 21 Jahren, die eine Zunahme schwerer Verletzungen erleiden. Kreuzbandrisse bei Canteranos wie Joan Martínez, César Palacios und Daniel Mesonero sowie Marc Cucalón – der Spanier musste seine Karriere mit nur 19 Jahren sogar beenden –, bestätigen diesen Trend aus Sicht der Blancos. So gab es allein in Real Madrids obersten Abteilungen – erste Mannschaft der Herren, der Frauen, zweite Mannschaft, U19 – elf ACL-Verletzungen in den letzten zwei Jahren.
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Mit Militão (vorussichtliches Saisonende), Alaba (Comeback in den nächsten vier bis acht Wochen), Carvajal (Saisonende), Rodrygo (ein Monat Pause), Vázquez (ein Monat Pause), Aurélien Tchouaméni (noch drei Wochen Pause) und dem demnächst zurückkehrenden Thibaut Courtois fallen aktuell sieben Real-Profis verletzungsbedingt aus. Parallelen zur letzten Spielzeit, als es nicht nur die drei Kreuzbandrisse, sondern auch immer wieder verhältnismäßig kleinere, aber doch schmerzhafte und wochenlange Ausfälle von Stammspielern wie Vinícius Júnior, Jude Bellingham, Eduardo Camavinga, Arda Güler oder eben Tchouaméni gegeben hatte, sind unübersehbar.
Ist die Verletzungsmisere aber ein Real-Madrid-Phänomen oder handelt es sich um einen Trend, der auch bei anderen Spitzenvereinen zu beobachten ist? Zieht man die Saison 2023/24 zu Rate, so wird es deutlich, dass sowohl die spanische als auch die europäische Konkurrenz mit ähnlichen, teilweise auch mit schlimmeren Verletzungsproblemen zu kämpfen hatte. So hatten sowohl der FC Barcelona als auch der FC Bayern sowie der FC Liverpool in der letzten Spielzeit mehr Ausfalltage durch Verletzungen zu verzeichnen als die Königlichen (1.073). Was die Anzahl einzelner Verletzungen betrifft, so gab es bei Liverpool, ManCity und Bayern mehr als bei den Madrilenen (48).
Verletzungsbilanz 23/24
*laut European Men’s Football Injury Index von Howden **ohne Testspiele ***Spieler mit mehr als 100 Einsatzminuten
Die Anzahl von drei Kreuzbandrissen, die Madrid 2023/24 zu beklagen hatte, sowie die aktuellen Fälle von Carvajal und Militão, ist in der europäischen Spitze in dieser Form sicherlich einzigartig, und doch hatten und haben eben auch andere Top-Klubs mit vielen Nationalspielern und langen Saisons gleichzeitig nicht nur viele, sondern auch schwere und langwierige Ausfälle zu verkraften. So musste beispielsweise der FC Barcelona über einen Großteil der letzten Saison auf Leistungsträger wie Gavi, Pedri, Frenkie de Jong und Alejandro Balde verzichten, während den Katalanen in der laufenden Spielzeit Marc-André ter Stegen, Ronald Araújo und Andreas Christensen fehlen (werden). Das Gleiche gilt auch für Manchester City: Das Team von Pep Guardiola muss aktuell nicht nur auf Ballon-d’Or-Gewinner Rodri verzichten, sondern auch über Wochen hinweg auf Kevin de Bruyne, Jack Grealish, Jérémy Doku, Manuel Akanji und Kyle Walker. In der vergangenen Saison fehlten dem englischen Meister Leistungsträger wie De Bruyne, Grealish, Walker oder Keeper Ederson wochen-, teilweise monatelang. Beim FC Liverpool sah das Ganze 2023/24 noch schlimmer aus, aber auch der FC Bayern konnte von Verletzungssorgen ein Lied singen.
Aus den Zahlen der letzten Saison geht deutlich hervor, dass Real Madrid bei aller teilweise berechtigten Kritik an Carlo Ancelottis fehlender Rotation, teilweise bedingt durch einen Kader mit nur 22 statt der möglichen 25 Profis, bei Weitem nicht der einzige Spitzenverein mit immer größeren Verletzungsproblemen ist. Die unaufhörlich steigende Anzahl von Wettbewerben und Spielen, die dadurch kaum noch vorhandenen Pausen und Regenerationszeiten, vor allem für Nationalspieler, machen vor keinem Klub ähnlicher Größenordnung halt, sei es national oder international. Zur Wahrheit gehört allerdings auch, dass die Blancos von allen europäischen Spitzenvereinen auch den kleinsten Kader, gleichzeitig aber mit die meisten Spiele absolvierte hatten.
Schwere Verletzungen der letzten Jahre
Bei Real Madrid:
Weitere in LaLiga (Auswahl):
Doch ist die Belastung von Profifußballern heute wirklich so viel größer als zu Zeiten mit weniger aufgeblähten Klubwettbewerben und einem großen Länderturnier alle zwei Jahre? Dieser Frage widmet sich die ZDF-Sendung Bolzplatz und bezieht sich dabei auf zwei unterschiedliche Studien.
Die Spielergewerkschaft FIFPro analysiert seit fünf Jahren 1.500 der am meisten belasteten Spieler. „Und da sehen wir, dass rund 800 Spieler in diese Kategorie von extremer Belastung oder Risikobelastung reinfallen“, sagt Alexander Bielefeld, einer der Hauptverantwortlichen der FIFPro-Studie. Verschiedene Erhebungen der FIFpro unter Spielern und Fitnesstrainern haben laut Bielefeld einen vertretbaren Richtwert von 50 bis 60 Spielen pro Jahr ergeben. „Wir sehen jetzt schon über die letzten Jahre hinweg, sogar ohne die zusätzlichen Spiele, die über die neuen Formate in den Kalender gedrängt werden, dass die Spieler jedes Jahr teilweise bei den hohen 60er und 70er Zahlen sind“, so Bielefeld.
Diese Zahlen werden allerdings von einer Studie des Schweizer Instituts CIES relativiert, auf die sich die FIFA bezieht. Demnach hätten sich die Spiele der Champions-League-Teilnehmer aus den Top-5-Ligen von 2002/03 bis zur vergangenen Saison im Schnitt von 55,2 auf 50,8 sogar reduziert. Es sei auch nur eine relativ kleine Gruppe, die inklusive Länderspiele über die von der FIFPro angegebene Belastungsgrenze von 50 bis 60 Spielen kommt. Spieler weisen allerdings daraufhin, dass die Intensität der Spiele, also die Belastung innerhalb eines Spieles, deutlich gewachsen ist. „Was das Spieltempo angeht, was alle möglichen Laufleistungen angeht, ist es immer mehr geworden“, sagt Ex-Profi Sebastian Rode. „Vom zentralen Mittelfeldspieler wird ja mittlerweile fast verlangt, dass er an die 13 Kilometer läuft.“
Die nachweislich steigende Anzahl von Verletzungen in den Top-Ligen, vor allem bei den Spitzenvereinen, spricht eindeutig dafür, dass die Leistungsgrenzen längst erreicht sind und inzwischen deutlich überdreht wurde. Im speziellen Fall Real Madrid kommen indes auch hausgemachte Faktoren hinzu – Florentino Pérez und Co. sollten in Zukunft für einen breiteren und tieferen Kader sorgen, der nicht nur qualitativ, sondern auch quantitativ den Anforderungen einer ganzen Saison gerecht wird.
Reportage
Mehr Spiele, Wettbewerbe und Reisen und dadurch noch größere Belastung? Das ZDF hat sich dem großen Thema angenommen und schaut auch, wie FIFA und Co. dagegen argumentieren.
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