
Rund um den Brustring
·18 de abril de 2025
Rund um den nächsten Gegner: Im Gespräch mit Union-Fan Sebastian

In partnership with
Yahoo sportsRund um den Brustring
·18 de abril de 2025
Mit dem 1. FC Union muss der VfB direkt beim nächsten formstarken Gegner antreten. FCU-Fan Sebastian verrät uns mehr über die aktuelle Lage in Köpenick.
Rund um den Brustring: Hallo Sebastian und vielen Dank, dass Du Dir wieder Zeit für unsere Fragen nimmst.
Sebastian: Hallo Lennart, sehr gerne!
Als der VfB das Hinspiel noch zu einem 3:2‑Heimsieg drehte, stand bei Union noch Bo Svensson an der Seitenlinie.
Dieses Spiel fiel in unsere schwierigste Saisonphase. Zu Beginn waren die Ergebnisse zwar durchwachsen, aber zumindest die Defensive war unter Svensson insgesamt sehr stabil. Nach dem frustrierenden Pokalaus in Bielefeld gab es in der Liga aber nur noch einen Punkt aus den nächsten 4 Spielen und dann bei euch diese Niederlage nach eigener Führung. Diesem Rückschlag folgte das denkwürdige Heimspiel gegen Bochum und schließlich die 1:4 Niederlage in Bremen, die Bo Svensson letztlich den Job kostete.
Zum Jahreswechsel kam Ex-Union-Spieler Steffen Baumgart, dessen Start an der Alten Försterei jedoch misslang: Aus den ersten acht Spielen 2025 holte Union nur sieben Punkte. Warum stellte sich Deiner Meinung nach nicht direkt ein Trainereffekt ein bei Euch?
Es war sogar ein sehr deutlicher Trainereffekt erkennbar, allerdings negativ. Baumgart legte sich sofort und öffentlich auf die von ihm bevorzugten Viererkette fest und versprach ein schnelles, intensives Offensivspiel. Allerdings passte der Kader, der über Jahre an die Fünferkette gewöhnt war, überhaupt nicht zu diesem System und es war in der Winterpause auch kaum Zeit, das einzustudieren. Da auch kaum entsprechende Transfers getätigt wurden, war offensichtlich, dass das nicht funktionieren würde. Von einem erfahrenen Bundesliga-Manager wie Horst Heldt hätte ich erwartet, dass er das bei seiner Entscheidung antizipiert und entsprechend berücksichtigt.
Die ersten Spiele im neuen Jahr sahen entsprechend chaotisch aus. Die Abwehr kam überhaupt nicht mit Baumgarts Viererkette klar, Erfolge in der Offensive beruhten vornehmlich auf Zufällen. Dazu wirkte die Personalpolitik ziemlich willkürlich. Es wurde viel rotiert, dazu ein Yorbe Vertessen öffentlich demontiert und geschasst. Der ist jetzt übrigens Stammspieler (leider beim falschen Club) in Salzburg, hat in 9 Spielen schon 6 Scorerpunkte gesammelt.
Mittlerweile gehört Union aber zu den formstärksten Teams der Liga, ist seit fünf Spielen ungeschlagen und hat auch gegen den Meister und den Tabellenführer gepunktet. Woher kommt der Aufschwung?
Eine wichtige Rolle spielt sicherlich, dass Baumgart den Versuch aufgegeben hat, die Viererkette zu etablieren. Schon in den ersten Spielen hat er immer wieder auf Dreier- bzw. Fünferkette umgestellt, wonach die Leistungen meist deutlich besser wurden. Mit Ausnahme des schwachen Heimspiels gegen Kiel (0:1) kam dann auch wieder mehr Stabilität zurück. Personell hat sich nach den ersten Wochen des Ausprobierens ein gewisses Gerüst etabliert. Stürmer Ilic, der unter Svensson gar keine Rolle gespielt hatte, wurde unter Baumgart beispielsweise zur Stammkraft und hat auch schon mehrfach getroffen.
So langsam merkt man auch die für Baumgart typische Intensität im Spiel. Ich vermute, das hat sich alles erst eine Weile finden müssen, aber jetzt sieht man so langsam die Effekte.
Der Klassenerhalt dürfte bei 12 Punkten Vorsprung fünf Spieltage vor Schluss sicher sein. War das erneut das primäre Saisonziel oder hatte man sich nach der schweren letzten Saison für diese Spielzeit wieder höhere Ziele gesetzt?
Nach dem erst im letzten Moment erreichten Klassenerhalt in der Vorsaison konnte es gar kein anderes Saisonziel geben als sicher und ruhig durch die Saison zu kommen, ohne ernsthaft in Abstiegsgefahr zu geraten. Dazu war es der Plan, die Spielidee mit Bo Svensson weiterzuentwickeln. Ich denke, man hatte innerlich gehofft, dass mit ihm auch nach oben mehr möglich sein würde. Spätestens seit dem Trainerwechsel ging es aber nur noch um den Klassenerhalt.
Union hat die zweitwenigsten Tore der Liga geschossen, steht aber auch hinten sehr stabil, ist lauffreudig und zweikampfstark und auch in der Foulstatistik ganz vorne. Kehrt Union unter Baumgart ein bisschen zu der Spielweise zurück, die nach dem Aufstieg so erfolgreich war oder ist das nur die Außenwahrnehmung?
Zumindest hatten alle bisherigen Bemühungen, von dieser Spielweise abzuweichen, keinen Erfolg. Schon Urs Fischer wollte den Union-Fußball in der Champions League-Saison vor allem offensiv weiterentwickeln, was jedoch aus verschiedenen Gründen scheiterte. Der Ansatz von Bo Svensson war sehr ähnlich, doch auch ihm gelang es nicht, die defensive Stabilität um eine schlagkräftigere Offensividee zu ergänzen. Sowohl Nenad Bjelica als auch Steffen Baumgart probierten sich in einer grundsätzlich offensiveren Ausrichtung, scheiterten damit aber komplett und korrigierten sich relativ bald wieder. Insofern überrascht es nicht, dass alle Trainer früher oder später zu bewährten Strukturen und Prinzipien zurückgekehrt sind. Das ist also nicht nur Außenwahrnehmung, sondern lässt sich durchaus so beobachten.
Spannend könnte es werden, sollte der Kader nach der Saison mehr auf die Spielidee von Baumgart zugeschnitten werden. Dann könnte sich der Charakter von Unions Fußball doch etwas verändern.
Wo siehst Du aktuell die Stärken und Schwächen der Mannschaft?
Die Stärken sind kein Geheimnis und du hast sie ja selbst schon erwähnt: defensive Stabilität, eklige Zweikampfführung und mittlerweile auch wieder mehr Effizienz im Torabschluss. Dazu kommt eine gewisse Variabilität im Kader und an diesem Spieltag auch der Heimvorteil. Schwächen sehe ich nach wie vor im Ballbesitz und fehlenden Mitteln, um Gegner dauerhaft unter Druck zu setzen und viele, gute Torchancen zu kreieren. Insgesamt könnte offensiv einfach noch mehr passieren.
Drei Spieler mit VfB-Bezug stehen bei Union im Kader. Dazu drei Fragen: Hättest Du bei Toptorschütze Benedict Hollerbach mit so einer Entwicklung gerechnet?
Zunächst muss ich gestehen, dass ich kein Fan von Hollerbach bin. Wer frauenverachtende Positionen öffentlich unterstützt, zeigt damit eine Gesinnung, die ich inakzeptabel finde und das verblasst auch nicht einfach so. Seine anschließenden Nopologies haben effektiv nichts davon relativiert oder gar entschuldigt. Ich war auch sehr enttäuscht darüber, wie der Verein das heruntergespielt hat.
Dazu formulierte er bei seiner Ankunft ja schon sehr forsche Ansprüche und war schnell unzufrieden, als er nicht gleich auf viel Spielzeit kam, was ich für einen Spieler, der von einem Drittligisten zu einem Champions League-Club wechselt, etwas anmaßend fand.
Rein sportlich bin ich bei ihm sehr zwiegespalten. Einerseits fällt er durch ein sehr egoistisches Spiel auf, versucht immer selbst zum Abschluss zu kommen, verpasst oft gute Abspielmomente, verdribbelt sich oder schließt auch aus schlechten Positionen ab. Das brachte ihn zwar oft in den Fokus der Berichterstattung, Union aber wenig Zählbares. Auch diese Saison hat er Unions Offensivspiel dadurch oft mehr gelähmt als belebt und mich oft zur Verzweiflung gebracht.
Andererseits hat er als Einziger auch immer wieder getroffen und zum Teil wichtige Tore erzielt, wie etwa beim Klassenerhalt am letzten Spieltag der vorigen Saison. Seine spielerische Qualität kommt immer mehr zum Tragen und die sportliche Entwicklung, die er genommen hat, muss auch ich anerkennen. Gerechnet hätte ich damit aber ehrlich gesagt nicht.
Wie bitter ist das vorzeitige Saisonende unseres Leihspielers Jeong Woo-yeong für ihn und für Union und welche Rolle spielt Rani Khedira mittlerweile bei den Eisernen?
Jeongs Verletzung war für ihn persönlich besonders bitter, da er sich einen festen Platz im Mittelfeld erkämpft hatte, was bei Union angesichts der großen Konkurrenz gar nicht so einfach ist. Umgekehrt kann das Team seinen Ausfall auf Grund der Kaderbreite ziemlich gut kompensieren. So hat sich zum Beispiel András Schäfer zurückgekämpft und zuletzt wieder zwei Spiele über die volle Distanz gemacht.
Rani Khedira zählt nach wie vor zu den wichtigsten Stützen im Team, auch wenn die zwischenzeitliche kollektive Formkrise auch an ihm nicht vorüber gegangen war. Mittlerweile liefert er wieder gewohnt souveräne Leistungen und steuerte darüber hinaus den schönen wie wichtigen Ausgleichstreffer beim Auswärtssieg in Freiburg bei.
Zum Abschluss: Was ist Dein Tipp für Aufstellung und Ergebnis?
Baumgart hat keinen Grund, etwas im Vergleich zu den letzten Wochen zu verändern. Alle Stammspieler sind fit und niemand ist gesperrt. Daher erwarte ich dieselbe Aufstellung wie gegen Leverkusen, sofern der laut Kicker noch fragliche Juranovic nicht doch ausfällt und voraussichtlich durch Rothe ersetzt werden würde.
Ich hoffe auf ein ähnlich unterhaltsames Spiel wie in der Hinrunde und tippe auf ein 2:2.
Titelbild: © Maja Hitij/Getty Images