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·28 de agosto de 2024

Der Bullerbü-Bayer: Zu Besuch bei Conny Torstensson

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Conny Torstensson war vor einem halben Jahrhundert ein Europacup-Held des FC Bayern gegen Atlético Madrid. Am 28. August wird er 75 Jahre alt. Auf seinem Bauernhof in Schweden hat er dem Mitgliedermagazin „51" seine Geschichte erzählt.

Conny Torstensson gewann mit den Bayern dreimal den Europapokal der Landesmeister, stand dabei meist in der Startelf, schoss wichtige Tore, wurde Deutscher Meister und vor weit über 100.000 Menschen Weltpokalsieger in Belo Horizonte, doch das wichtigste Spiel seiner Karriere, sagt Conny Torstensson, fand nicht im Münchner Olympiastadion oder im Brüsseler Heysel-Stadion statt, sondern genau hier im Kopparvallen vor handgezählten 9.251 Zuschauern. Dort, wo er jetzt, über 50 Jahre später, wieder im Strafraum steht und in Gedanken das Spiel von einst nachgeht.


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„Ein Spiel“, so sagt Conny es, und seine Demut ist aus diesem Satz herauszuhören, „das ich erleben durfte.“ Ohne dieses Spiel 1973 hätte es den Mr. Europacup des FC Bayern nie gegeben, und auf der Anzeigetafel im Olympiastadion hätte nie „TOR-stensson“ gestanden.

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In der Saison 1975/76 trug Conny Torstensson beim FC Bayern das Trikot mit der Nummer acht.

Europapokal der Landesmeister, 1973, erste Runde, ein Mittwochabend im Oktober, der Åtvidabergs FF empfängt den FC Bayern um Beckenbauer, Müller, Breitner und Hoeneß. Das Hinspiel gewannen die Bayern 3:1 im Olympiastadion. Vielleicht dachte der eine oder andere Spieler, es sei eine „gmahde Wiesn“, Formsache. Dann schoss Torstensson in der siebten Minute des Rückspiels das 1:0, acht Minuten später stand es schon 2:0. Der FC Bayern musste leiden, Paul Breitner verletzt raus. In der 72. Minute hatte Torstensson den Ball auf dem linken Fuß, zog einfach ab – 3:0. Das Stadion: ein schwedisches Tollhäuschen.

Conny Torstensson: Der Mann mit den roten Schuhen

In München wurde Conny Torstensson berühmt, im Kopparvallen, über hundert Jahre alt, aus Holz gebaut, die Tribüne mit Giebeldach, idyllisch schwedisch, ist er zu Hause. 1986 übernahm er für kurze Zeit das Traineramt bei Åtvidabergs FF und ist immer noch häufig hier. Dem Kunstrasen, der heute im Kopparvallen liegt, kann er nichts abgewinnen. Früher habe man traditionell einen der besten Plätze Schwedens gehabt, lehmiger Boden, immer feucht. Die Enge des Platzes ist heute noch zu spüren. „Kleiner als im Olympiastadion“, sagt Conny Torstensson, die Bayern kamen damit nicht zurecht. „Sepp konnte den Ball nicht zum Franz rausschieben. Wir haben sie vorne angegangen.“ Pressing heißt das heute.

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Conny Torstensson und seine Frau Annette wohnen in Borghuit in Schweden.

Bayern gewann 4:3 im Elfmeterschießen – Uli Hoeneß hatte kurz vor Schlusspfiff zum 1:3 getroffen. Nach dem Spiel meinte Jupp Kapellmann, die Schweden seien „lauter Naturburschen gewesen, die Korn mit den Zähnen aufbeißen“. Sie hatten Eindruck hinterlassen. „Den Mann mit den roten Schuhen möchte ich haben“, sagte FCB-Präsident Neudecker nach dem Spiel.

Naturbursche, das passt gut zu Conny Torstensson und diesem Landstrich in Schweden, den in Deutschland eigentlich alle kennen, aus „Michel aus Lönneberga“, „Pippi Langstrumpf“ und „Wir Kinder aus Bullerbü“. Rot gestrichene Häuser, Bauernhöfe, rundherum duftet es – der Sommer hat begonnen – nach Beeren und Wildblüten, nach Moos und Farnen. Und irgendwo in diesem Astrid-Lindgren-Land – ihr Geburtshaus liegt nur einmal-kurz-verfahren entfernt – biegt Conny, der wie alle Schweden nur beim Vornamen genannt werden möchte, rechts mit seinem Audi ab – auf sein Land. 20 Hektar, Blick zum See, Rehe stehen auf der Lichtung. Seine Fußball-Weltkarriere vor 50 Jahren in München ist weit weg, am 28. August wird er 75 Jahre alt. Seine Familie muss dafür nicht extra anreisen. Sie wohnen alle hier in Borghult, seit 1910. Conny und seine Frau Annette, seine Kinder und Enkel, mit Partnern, Pferden, Katzen und Hunden.

Kurz vor seinem 60. Geburtstag erzählte Jorginho, der erste Weltklasse-Brasilianer im Trikot des FC Bayern, wie Deutschland und Franz Beckenbauer ihn für immer geprägt haben:

Als Amateur in die Weltklasse

Nur wenig erinnert in Borghult an einen großen Fußballspieler: Wenn es bellt, dann ist es Özil, ein kleiner Hund. Sein Vater hieß Messi. Und irgendwo läuft noch ein Kätzchen namens Asllani herum, benannt nach einer schwedischen Nationalspielerin. Für das „51“-Reporterteam hat Connys Enkel Herman Focaccia gebacken, seine Frau die Salate gemacht, Conny selbst grillt ein saftig-krosses Stück Fleisch. Im Gartenhäuschen klärt er erst einmal auf, die roten Schuhe seien damals keine Extravaganz gewesen. Die schwedische Schuhmarke Hunt, die es längst nicht mehr gibt, stellte Fußballschuhe in Schwarz und – einmalig für diese Zeit – in Rot und Blau her.

Conny spielte gerne in roten Schuhen, errang zweimal die Schwedische Meisterschaft und den Pokal damit. Vor dem Rückspiel gegen die Bayern, sagt Conny, seien die roten aber kaputtgegangen und er spielte gegen den FCB in schwarzen Schuhen. Zumindest im Rückspiel in Åtvidaberg sei der „Mann mit den roten Schuhen“ also sein Mannschaftskamerad Reine Almqvist gewesen, er war nur knapp größer als Conny, beide spielten im Mittelfeld, ähnlich torgefährlich. Udo Lattek soll Neudecker klargemacht haben, wer wirklich das Transferziel war: der Doppeltorschütze, der wuselnde Dauerläufer, Conny eben.

Gut vier Wochen später, an einem Mittwoch, traf sich Robert Schwan, der FCB-Manager, dann mit dem Präsidenten von Åtvidabergs, Conny und seiner Frau Annette, damals schwanger mit dem ersten Kind, in Stockholm. Wie lange dauerten die Verhandlungen? „Eine Stunde, nicht mehr“, antwortet Conny.

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Beim FC Bayern spielte Conny Torstensson im Sturm, im Mittelfeld und in der Abwehr.

Kaum einer der Schweden war damals Profifußballer. Conny arbeitete nebenbei als Programmierer und spielte nur sechs, sieben Monate im Jahr Fußball, erzählt er. Der schwedische Winter ließ den Sport nicht zu, es gab weder Hallen- noch Kunstrasen. Um sich fit zu halten, liefen die Kicker von Åtvidabergs FF Schlittschuh. Ab Weihnachten 1973, mit der Ankunft in München, änderte sich Connys Leben, vom Amateur rein in die Weltklasse. „Natürlich war ich technisch nicht so bewandert wie die Deutschen.“ Bei den Bayern spielte er im Sturm, im Mittelfeld und in der Abwehr. In Erinnerung blieben vor allem seine zehn Tore, oftmals entscheidende, in 21 Europapokal-Spielen. Wenn er Konrad Laimer bei den Bayern spielen sehe, entdecke er Ähnlichkeiten zu seinem Spiel, sagt er heute.

Anfang bis Mitte der 70er Jahre fing die große Skandinavier-Zeit in der deutschen Bundesliga an. Conny glaubt, das passte so gut, weil Schweden oft verlässliche Mannschaftsspieler waren, physisch – und damit der deutschen Mentalität nicht unähnlich.

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Heute verbringt Conny Torstensson viel Zeit in seinem eigenen Garten.

Rückkehr nach Schweden 1977

Mr. Europacup ist ein Familienmensch. Zwei-, dreimal im Jahr ist er in der Allianz Arena, trifft sich mit Sepp Maier, schaut dann bei Karl-Heinz Rummenigge vorbei, für den Annette montags früher oft gekocht hat. Befreundet ist er auch mit Jupp Kapellmann, der ihm damals bei seiner Ankunft in München oft zur Seite stand. „Wenn wir uns sehen, dann ist es wie ein Klassentreffen“, sagt Conny über seine ehemaligen Kollegen. Er freue sich auf den Herbst, dann feiern sie alle zusammen das Jubiläum des 1974er-Finales gegen Atlético.

Im Jahr 1977 endete seine Zeit beim FC Bayern, kurz bevor Franz Beckenbauer in die USA ging, wechselte Conny nach Zürich. „Wenn ich gewusst hätte, dass Franz geht, wäre ich geblieben“, sagt er heute. Er hätte sich einen Stammplatz in der Abwehr zugetraut. Nach einer kurzen Zeit in der Schweiz bekam er ein Angebot aus Dallas. Aber Annette legte ihr Veto ein. Er ging dann zurück nach Schweden, wurde wieder Amateur, verdiente dort gerade einmal die Hälfte eines Briefträgergehalts, als Weltpokalsieger. Mit 31 beendete er seine Fußballkarriere.

Danach arbeitete Conny als Betreuer, Trainer, Vorstand und Manager bei Åtvidabergs FF, knapp drei Jahre als Manager eines Speedway-Teams, eines in Schweden großen Sports, als Lehrer und immer wieder als Programmierer. Inzwischen ist er nur mehr Waldarbeiter in seinem eigenen Garten. Er beneidet heutige Profis nicht, die inmitten ihrer Karriere schon ausgesorgt haben. „Ein Leben ohne Arbeit, das ist doch komisch“, sagt er. Man müsse etwas zu tun haben. „Etwas Sinnvolles“, ergänzt Annette. Conny sagt: „Ich bin zufrieden in einem Haus, in das es nicht hineinregnet.“

© Bilder: Dirk Bruniecki

Die Geschichte ist in der aktuellen Ausgabe des Mitgliedermagazins 51 erschienen:

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