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·20 May 2024

Was sollte der neue Union-Trainer mitbringen und was nicht?

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Vor gut einem Monat hatte ich mir vorgenommen, im Blog nur noch Konstruktives zu äußern und jegliche Kritik zu unterlassen. Es kam mir kleinkariert vor, vor dem Erreichen des Ziels Klassenerhalt, über Spieler, Trainer oder Versäumnisse im Verein zu debattieren. Nicht hilfreich in einer Situation, in der es darum ging, diese enttäuschende Spielzeit der ersten Männermannschaft des 1. FC Union Berlin über die Ziellinie zu bringen. Das große Ganze war in Gefahr.

Aber nun ist der Klassenerhalt geschafft, einige Spieler wurden verabschiedet und wir können uns beim Männerteam darüber austauschen, wie es weitergehen soll. Heute möchte ich kurz über die zu besetzende Trainerposition sprechen. Der Anlass ist einerseits dieser Text der Bild (Bezahl-Artikel) über mögliche Kandidaten. Andererseits habe ich heute beim Putzen die aktuelle Podcastfolge des Rasenfunks zur taktischen Entwicklung in der Bundesliga gehört.


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Die aktuellen Kandidaten für die Bjelica-Nachfolge

Aber kurz zu den Kandidaten, denn Namen sind bekanntlich die Würze in jeder guten Geschichte. Der Name Bo Svensson geistert schon seit einer Weile durch die Medien (hier im Kicker). Über ihn wurde bereits während der Freistellung von Nenad Bjelica spekuliert. Neu in der Liste ist André Breitenreiter, den die Bild nannte.

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Bo Svensson wird als Kandidat für Union gehandelt, Foto: Matthias Koch

Dazu kommt noch Marco Grote, der zweimal kurz als Interimstrainer in dieser Saison aktiv war und wahrscheinlich die erfolgreichste U19-Saison der Union-Geschichte zu verantworten hat. Letzteren Namen nannte Dirk Zingler in seiner Post-Bjelica-Pressekonferenz (AFTV) als natürlichen Kandidaten, wenn es um die Neubesetzung des Trainerpostens geht.

Ich habe keine Geheim-Infos aus dem Forsthaus und bin nicht dabei, wenn bei Union die Trainerfindungskommission der Schönheitskommission den Konferenzraum wegblockt. Aber vielleicht ein paar Gedanken zu dem, was war und ob das uns anzeigen könnte, was kommen könnte.

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Marco Grote hatte als Interimstrainer Spaß und mochte die Intensität, Foto: Matthias Koch

Die Negativserie stoppte die spielerische Entwicklung

Vor rund einem Jahr ist Urs Fischer angetreten, Unions Spielweise wieder ein Stück zu erweitern. Das hatte er Jahr für Jahr gemacht. Das lag an Spielerwechseln, aber auch an sich verändernden Herausforderungen durch den Europapokal. Denn alleine mit der damals in der Bundesliga erfolgreichen Spielweise der geschlossenen Mitte und der rigorosen Strafraum-Verteidigung, wäre im Europacup nicht viel zu holen gewesen. In Europa war das reine Umschaltspiel schneller an Grenzen gekommen als in der heimischen Liga.

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Urs Fischer im Trainingslager in Österreich im Juli 2023, Foto: Matthias Koch

Teilweise zulasten einer stabilen Defensive haben wir in der Vorbereitung und auch in der Frühphase der abgelaufenen Saison einen Offensivfußball gesehen, den wir von Union in dieser Form so wohl noch nie erlebt hatten. Mit der Negativserie aus drölfzig Niederlagen in Folge war es damit bald vorbei. Urs Fischer schaffte es nicht mehr, den Trend der Mannschaft umzukehren. Dann kam Nenad Bjelica.

Bjelica kam für die Intensität

Der kroatische Trainer wurde nicht für die Weiterentwicklung der Mannschaft geholt, sondern sollte durch seine andere Ansprache das Team wieder in die Spur bringen, damit das Saisonziel Klassenerhalt doch noch erreicht wird. Zwar sprach Bjelica zu Beginn davon, dass er gerne offensiv spielen lassen würde. Doch die Realität entsprach eher dem, was Martin Rafelt von Spielverlagerung.de im Rasenfunk-Podcast dazu verleitete, von einem „2012er-Style-Umschaltfußball“ zu sprechen. Ich würde noch hinzufügen, dass dem Trainer für diese Spielweise nach dem Wintertransferfenster auch noch die passenden Angreifer fehlten.

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Nenad Bjelica sorgte nach Urs Fischer für eine Wende im Ergebnistrend, Foto: Matthias Koch

Dass mitten in einer Saison aufgrund des Ergebnisdrucks eher an Intensität als an spielerischer Weiterentwicklung geschraubt wird bei einer Trainer-Neubesetzung, wurde im Rasenfunk gut herausgearbeitet. Aus dieser Sicht hatte die Bjelica-Verpflichtung Sinn ergeben. Und die Trendwende gab allen Beteiligten recht.

Union wurde spielerisch zur grauen Bundesliga-Maus

Ich konnte mir trotzdem nicht vorstellen, dass Union über den Sommer so weitermachen würde. Denn auf eine gewisse Art hatte sich das Team in der Saison zu einer Art FC Augsburg der Vorjahre entwickelt. Es brachte weniger zustande, als die teilweise recht teuren Einzelspieler versprachen. Der Fußball war gleichzeitig unansehnlich und wenig erfolgversprechend. Dazu kam die geringe fußballerische Ambition. Union war unter Bjelica schlicht nicht mehr interessant und hatte sich in der Bundesliga binnen weniger Monate vom rätselhaften Überperformer in eine graue Maus verwandelt.

Das recht eindimensionale Offensivspiel, dazu gehört beispielsweise auch das nahezu  komplette Ignorieren von Rani Khedira im Aufbauspiel, dürfte Bjelica am Ende neben den fehlenden Ergebnissen den Job bei Union gekostet haben. Und möglicherweise dürften einige Entscheider verstanden haben, dass im Fußball der Zufall zwar eine große Rolle spielt, aber das Glück bzw. die höhere Erfolgswahrscheinlichkeit Ergebnis von harter Arbeit, viel Analyse und guter Teamführung sind. Von Journalisten bekam Bjelica schnell das Label 90er-Jahre-Trainer. Vielleicht erfahren wir im Sommer noch, wie die Mannschaft das wahrgenommen hat.

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Zwischen dem Fußball der Teams von Nenad Bjelica und Xabi Alonso lagen in dieser Saison Welten, Foto:, Matthias Koch

Der neue Trainer muss mehr Lösungen finden

Wenn wir uns die Entwicklung in der Bundesliga anschauen, so sehen wir zwar einen stetigen Trend hin zu Ballbesitzfußball, der sich im oberen Drittel der Liga manifestiert. Union ist allerdings weder Leverkusen noch Stuttgart, besitzt auch nicht die Mittel wie Bayern, Leipzig oder auch Frankfurt. Deswegen sollte auch niemand erwarten, dass wir diese Ausprägung in Köpenick sehen werden. Und es ist auch okay, den Ball prozentual weniger häufig als der Gegner zu haben.

Aber der alleinige Plan des hinten sicher Stehens und schnellen Umschaltens wird nicht dazu führen, dass man dauerhaft sicher die Klasse halten wird. Deshalb wird man nicht umhinkommen, für alle Phasen des Spiels Lösungen zu finden. Aus diesem Grund kann ich mir kaum vorstellen, dass man erneut einen Trainer sucht, der die Bjelica-Attribute besitzt, sondern jemanden, der mit vorhandenen Spielern arbeiten, verschiedene pragmatische Spielideen entwickeln und diese auch noch vermitteln kann. Ich vermute, dass wir hier schnell eine Lösung präsentiert bekommen. Und nein, ich werde hier keine Namen hineinwerfen.

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