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·13 July 2025
Vogelwilder Auftritt in Zürich: Die Erkenntnisse zu Deutschland gegen Schweden

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·13 July 2025
Der Abend hatte doch eigentlich hervorragend begonnen. Nach acht gespielten Minuten im Züricher Letzigrund führte die deutsche Nationalmannschaft durch ein schön herausgespieltes Tor von Jule Brand nach punktgenauem Steckpass von Carlotta Wamser. Zudem unterstützte die verletzte Kapitänin Giulia Gwinn auf der Bank und es gab sogar Freigang für Laura Freigang. Allerdings hielt diese Freude nur kurz an. Denn nachdem Schweden nur vier Minuten später durch Stina Blackstenius ausgeglichen hatte, geriet das DFB-Team immer tiefer in einen Strudel, aus dem es am Samstagabend nicht mehr auftauchen konnte.
Es wäre zu einfach, zu sagen, dass einzelne Mannschaftsteile oder Spielerinnen für die Niederlage verantwortlich wären. Die Wahrheit ist, dass im Teamverbund nicht so aufgetreten wurde, wie man das von einem potenziellen Europameister erwarten würde. Die Deutschen hatten sich schon mehrfach vorgenommen: Präzision in die Pässe bringen, Torchancen ausnutzen und in der Verteidigung stabil stehen sowie die Schnelligkeit der Gegnerinnen in den Griff bekommen. Nach der guten Anfangsviertelstunde waren all diese Aspekte eine Fehlanzeige.
Stina Blackstenius erzielte den zwischenzeitlich Ausgleich für die Schwedinnen / Matthias Hangst/GettyImages
"Wir wollen das Spiel gewinnen und Gruppenerster werden", hatte Bundestrainer Christian Wück vor der Partie klar die Marschroute vorgegeben. Doch was seine Mannschaft auf den Platz brachte, war schlicht und einfach zu wenig, um gegen einen so starken und erfahrenen Gegner wie Schweden zu bestehen. Spätestens jetzt scheint klar, dass das DFB-Team noch nicht reif genug ist, um mit den Spitzenteams Europas mitzuhalten. Und sollte bis zum Viertelfinale am Samstag nicht ein Wunder geschehen - die Erkenntnis, wie man die eigenen Qualitäten übr 90 Minuten abzurufen und auszuschöpfen weiß - dann wird die EM-Reise in der kommenden Runde enden.
Die Abwehr der Rekord-Europameisterinnen ist schon lange Thema sämtlicher Diskussionen gewesen, speziell die Abstimmung zwischen der Viererkette und der Mangel an Schnelligkeit ist angesprochen worden. Am Samstagabend wurden genau diese Aspekte schonungslos aufgedeckt. Stürmerin Stina Blackstenius konnte mit Rebecca Knaak machen, was sie wollte. Die dritte europäische Top-Stürmerin, gegen die Knaak in der Gruppenphase verteidigen musste, zog ihr auch endgültig den Zahn. Am auffälligsten war das beim ersten Gegentor, als die Abwerhspielerin von Manchester City Blackstenius komplett aus den Augen ließ, die darauf ungehindert auf das Tor von Ann-Katrin Berger zulaufen konnte. Und auch in sämtlichen Laufduellen blieben Knaak, Janina Minge und Sarai Linder nur zweite Siegerinnen.
Auch die deutsche Torhüterin hat schon deutlich bessere Tage erlebt. In einigen Situationen wirkte Berger fast lustlos, den Ball irgendwie noch von ihrem Tor fernzuhalten. Hinzu kamen Fehlpässe, die ihre Vorderleute zusätzlich in Bedrängnis brachten. Die rote Karte für Carlotta Wamser, die mit ihrem Handspiel auf der Torlinie zwischenzeitlich quasi Berger ersetzte, war dann der Supergau für die deutsche Hintermannschaft, deren Abstände zum Mittelfeld in etwa der Entfernung zwischen Basel und Zürich entsprachen. Auch die Umstellung auf eine Dreierkette durch die Einwechslung von Kathrin Hendrich konnte in der zweiten Hälfte nicht verhindern, dass die Schwedinnen noch bis auf 4:1 erhöhten. Der taktische Kniff sei trotzdem eine Option für das Viertelfinale, wie Wück nach der Partie einwarf.
Für das nächste Spiel bedeutet das jetzt nicht nur, dass der Bundestrainer sich nun schon zum zweiten Mal in diesem Turnier ernsthafte Gedanken machen muss, wen er auf die rechte Außenverteidigerinnen-Position stellt. Sondern es heißt auch, dass Deutschland im Viertelfinale auf den Erstplatzierten aus Gruppe C treffen wird und - im Falle eines Weiterkommens beider Mannschaften - anschließend mit dem Titelfavorit auf Spanien zu tun bekommen würde.
Es gibt viel zu besprechen nach diesem gebrauchten Abend in Zürich / Daniela Porcelli/GettyImages
Nach den ersten zwei Partien, in denen Deutschland offensiv wenig einfallsreich in den Angriffen gewesen war, erhoffte man sich vor dem Duell, dass die lang ersehnte Besserung stattfinden würde. Zumindest die Anfangsminuten machten noch Hoffnung. Statt den einzigen Angriffsweg über die Flügel zu sehen, konnte man mehr Variabilität bei den Angriffsversuchen beobachten, indem auch die Mitte bespielt und zu Tiefenläufen hinter die gegnerische Abwehrkette angesetzt wurde. Auch die Entscheidung, Freigang statt Linda Dallmann im zentralen offensiven Mittelfeld von Anfang an zu bringen, sollte für mehr Fluidität in der Offensive sorgen.
Erfolgreiche Angriffe mit Abschlüssen durch Brand und Schüller markierten erst einen guten Start der Deutschen, gekrönt vom frühen Tor durch den Lyon-Neuzugang in der 8. Spielminute. Ein schön herausgespielter Treffer aus der eigenen Hälfte heraus, woran Wamser mit ihrem perfekt getimten Steckpass zu Brand erheblichen Anteil hatte. Doch mit den Toren der Schwedinnen und vor allem der roten Karte wurden die Offensivbemühungen - verständlicherweise - größtenteil ausgebremst.
Dabei muss man dem deutschen Team lassen, dass die Bemühungen nicht aufhörten. Bis zum Schlusspfiff probierte man, den Anschlusstreffer zu erzielen. Doch auch der Heber der eingewechselten Selina Cerci (85.) oder die mehrfachen Abschlussversuche bei der letzten Ecke (90.+1) warfen keinen Hoffnungsschimmer mehr auf diesen gebrauchten Abend.
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