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·24 May 2025
Stiller und Millot glänzen: Stuttgart schreibt mit Pokalsieg "Geschichte"

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·24 May 2025
Als Kapitän Atakan Karazor um 22.21 Uhr den goldenen DFB-Pokal in den Berliner Nachthimmel stemmte, kannte der Jubel beim VfB Stuttgart keine Grenzen mehr. „Heute werden wir auf gar keinen Fall ins Bett gehen. Ausgeschlossen“, sagte Vorstandschef Alexander Wehrle beseelt nach dem 4:2 (3:0) gegen Arminia Bielefeld und gab den Startschuss zu einer rauschenden Partynacht. Wenig später ertönte der unvermeidliche Queen-Song „We are the Champions“ aus den Lautsprechern des in Rot erstrahlenden Olympiastadions.
Durch den Sieg in einem lange Zeit einseitigen Finale ging der Pokal zum vierten Mal in der Historie an den VfB. Neu-Nationalstürmer Nick Woltemade (15.), Doppelpacker Enzo Millot (22./66.) und Deniz Undav (28.) trafen für die Stuttgarter im ausverkauften Berliner Olympiastadion. „Wir haben Geschichte geschrieben. Es ist lange her, dass der VfB einen Titel geholt hat“, sagte VfB-Trainer Sebastian Hoeneß. Den Pokal hatte Stuttgart zuletzt 1997 gewonnen. Entsprechend groß war die Erleichterung. „Ich bin fix und fertig. Die Emotionen kommen hoch. Ich kann es gar nicht in Worte fassen, hier gerade mit unseren Fans zu feiern. Das ist das schönste Gefühl, das man haben kann, glaube ich. Ich bin überwältigt“, sagte der Stuttgarter Maximilian Mittelstädt im ZDF.
Für Außenseiter Bielefeld kamen der Treffer von Julian Kania (82.) und das Eigentor von Josha Vagnoman (85.) zu spät. Sport-Geschäftsführer Michael Mutzel lobte sein Team dennoch: „Ich bin unfassbar stolz auf die Mannschaft. Wir haben alles gegeben und nie aufgegeben. Wir haben ein mutiges Fußball-Spiel gemacht.“ Der Sieg der Schwaben war indes verdient. Der VfB feierte damit seinen ersten Titel seit der Meisterschaft 2007 und löste das Ticket für die Europa League, während Bielefelds Traum vom größten Erfolg der 120-jährigen Vereinsgeschichte nach den Heldentaten aus den vorigen Runden platzte.
Ein ganz besonderer Moment war die magische Nacht von Berlin für VfB-Trainer Sebastian Hoeneß. Der Coach trat durch den Gewinn des Pokals in die Fußstapfen seiner berühmten Familie. Onkel Uli hatte den Cup als Spieler des FC Bayern einmal und als Funktionär zwölfmal gewonnen. Papa Dieter Hoeneß holte ihn mit den Bayern dreimal. Im Olympiastadion setzte Hoeneß auf Rückkehrer Stiller, der keine zwei Wochen nach seiner Bänderblessur im Sprunggelenk gleich in die Startelf drängte. Der Nationalspieler sei „nah an den 100 Prozent“, sagte der Coach im ZDF, Stiller sei „in der Lage, von Null auf 100 zu performen.“ Der 24-Jährige war sofort bemüht, das VfB-Spiel wie gewohnt anzukurbeln, zunächst war jedoch noch kein Klassenunterschied spürbar.
Zwar ließ sich Bielefeld zu Beginn bei einzelnen kleinen Stockfehlern die Nervosität anmerken, der Außenseiter suchte jedoch mutig den Weg nach vorne und schockte beinahe den Favoriten. Nach starker Kombination fand Arminia-Stürmer Joel Grodowski im Strafraum den unbehelligten Noah Sarenren Bazee (12.), der aus fünf Metern nur die Latte traf. Doch Stuttgart hatte eben Stiller, der mit jeder Aktion stärker wurde. Nur zwei Minuten nach dem Fast-Rückstand steckte der Mittelfeld-Regisseur perfekt auf den kürzlich von Bundestrainer Julian Nagelsmann für das Final Four der Nations League in die Nationalmannschaft berufenen Woltemade durch. Der Pokal-Experte, der nun in fünf von sechs Runden erfolgreich war, schüttelte Bielefelds Stefano Russo ab und vollstreckte im Duell mit Arminia-Torwart Jonas Kersken eiskalt.
Auch wenn die Arminia zurückzuschlagen versuchte, bestach Stuttgart durch Effizienz. Nach einer Bielefelder Ecke konterte der VfB das Team von Trainer Mitch Kniat blitzschnell aus; Millot musste nach Undav-Vorlage nur noch einschieben. Der VfB bestrafte nun nahezu jeden Fehler gnadenlos; die Arminia wackelte defensiv bedenklich. Im Mittelfeld luchste Stiller Bielefelds Maximilian Großer den Ball ab und setzte Undav in Szene, der gegen Kersken problemlos verwandelte. Laut Daten-Service Opta schoss kein Verein im Pokalfinale so früh drei Tore.
In der vermeintlichen Gewissheit des sicheren Sieges agierten Hoeneß‘ Mannschaft etwas schluderig in der Chancenverwertung. Erst verzog Undav (51.) aus einiger Entfernung, ehe er drei Minuten später nach einem Kabinettstückchen im Sechszehner unnötig querlegte, anstatt selbst abzuschließen. Millot machte es nach einem Fehlpass von Louis Oppie besser – es war der vierte individuelle Patzer, der an diesem Abend zu einem Gegentor führte. In der Schlussphase kam Bielefeld tatsächlich noch einmal heran, doch es war zu spät.
Foto © AFP/SID/ODD ANDERSEN