Raphaël Varane hört auf: Respekt vor dieser Entscheidung, Respekt vor dieser Karriere! | OneFootball

Am heutigen Mittwoch hat Raphaël Varane sein offizielles Karriereende bekannt gegeben. Als Ausnahmekicker im Alter von nur 31 Jahren die Fußballschuhe an den Nagel zu hängen, ist durchaus ungewöhnlich. Und genau deswegen auch so bewundernswert.

Raphaël Varane: Einer der besten Verteidiger unser Generation

Vier Champions-League-Titel, drei Meisterschaften, zwei Pokalsiege, dazu Weltmeister 2018 – Raphaël Xavier Varane hat den Fußball nahezu vollständig durchgespielt. Lediglich Europameister wurde der hochaufgeschossene Innenverteidiger nie, im eigenen Land unterlagen die Franzosen 2016 dramatisch nach Verlängerung gegen Portugal. Und dennoch: Varane zählt zweifelsohne zu den erfolgreichsten Verteidigern der letzten 15 Jahre, wenn nicht mehr. Zu seinen stärksten Zeiten gehörte er definitiv auch zu den individuell Besten.

Dass ein derart hochdekorierter und hochveranlagter Profi im zarten Alter von 31 Jahren seine Karriere für beendet erklärt, sehen wir im Weltfußball dieser Tage nicht allzu oft. Die modernen Trainingsmethoden und die hervorragende medizinische Versorgung bei den Top-Klubs sorgen dafür, dass die meisten Spieler noch bis in ihre Mittdreißiger hinein – oder sogar darüber hinaus – in der Lage sind, absolute Weltklasse-Leistungen abzurufen.

Doch nicht jeder Körper ist gleich. Jeder Körper reagiert anders auf die immer höher werdende Belastung, mit der sich vor allem das obere eine Prozent der Fußballspieler heutzutage herumschlagen muss. Der eine Kicker braucht eben mehr Pause als der Andere, das gilt sowohl im Hinblick auf die mentale als auch auf die körperliche Gesundheit. Und im Fall von Varane ist es nun mal die körperliche. Schon immer hatte er häufiger mit körperlichen Problemen zu kämpfen als viele seiner Mit-und Gegenspieler. In den ersten Karrierejahren waren es „nur“ kleinere Blessuren, die den talentierten Defensivmann oft für einige Wochen außer Gefecht setzten. Auch deshalb brauchte der großgewachsene, aber dennoch so elegante Franzose verhältnismäßig lange, um in der Real-Innenverteidigung zur unangefochtenen Stammkraft zu werden.

In den letzten Jahren aber häuften sich die Verletzungen und vor allem die daraus resultierende Ausfalldauer. Seit seinem Wechsel zu Manchester United verpasste Varane satte 48 Pflichtspiele, kam deshalb zu keinem Zeitpunkt so richtig in Tritt. Dabei zwickte es an allen Ecken und Enden des Körpers, unter anderem der Fuß, der Oberschenkel und die Leisten waren betroffen. Bei den Red Devils sollte der 31-Jährige daher nie so glücklich werden wie einst bei den Königlichen. Doch ein großes Spiel hatte Varane auch für den englischen Rekordmeister noch im Tank. Im FA-Cup-Finale 2024 spielte er von Beginn an und verhalf seiner Mannschaft mit einer herausragenden Leistung zum 2:1-Sensationssieg über den verhassten Stadtrivalen Manchester City.

(Photo by Mike Hewitt/Getty Images)

Im beschaulichen Como, unter der Leitung von Cesc Fabregas, wollte der Weltmeister seine großartige Karriere dann abseits des ganz großen Medientrubels langsam aber sicher ausklingen lassen. Der Körper machte ihm jedoch einen Strich durch die Rechnung – mal wieder. Für den frischgebackenen Serie-A-Aufsteiger stand Varane nur ein einziges Mal auf dem Platz, wobei ihn zunehmende Knieprobleme beschäftigten. In diesem Kalenderjahr hätte der Routinier wohl nicht mehr auflaufen können.

Der 1,91m-Hüne fasste daher den Entschluss, seine Karriere „schon“ im Alter von 31 Jahren zu beenden und der aktiven Fußball-Welt den Rücken zuzukehren. „Ich stelle an mich selbst die höchsten Ansprüche, ich möchte stark abtreten und nicht nur am Spiel festhalten. Es erfordert eine große Portion Mut, auf sein Herz und seinen Instinkt zu hören. Verlangen und Bedürfnisse sind zwei verschiedene Dinge. Ich bin schon tausendmal gefallen und wieder aufgestanden, und dieses Mal ist es an der Zeit, aufzuhören und meine Stiefel an den Nagel zu hängen“, schrieb der Franzose auf Instagram.

Diese Einstellung verdient den allerhöchsten Respekt. In einem Geschäft, in dem wirklich alles auf den maximalen Erfolg ausgerichtet ist und die Gesundheit der Protagonisten teilweise nur an zweiter Stelle steht, einen derart konsequenten Entschluss zu fassen, ist alles andere als eine Selbstverständlichkeit. Varane verzichtet freiwillig auf weitere große Momente und viele Millionen Euro – einerseits um seinen Körper zu schonen, und andererseits weil er selbst am allerbesten weiß, wann er nicht mehr in der Lage dazu ist, die Ansprüche an sein Spiel und sich selbst zu erfüllen.

Davor kann man sich nur verneigen. Respekt vor dieser Entscheidung, Respekt vor dieser Karriere!

(Photo by Michael Steele/Getty Images)