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Justus Pludra·2 August 2025
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Justus Pludra·2 August 2025
Wer geht schon zu Augsburg, wenn Dortmund, Leverkusen oder Leipzig anklopfen? Zur Inkarnation vom grauen Bundesliga-Mittelmaß? Sandro Wagner entschied sich für den FCA, der mit dem neuen Chefcoach endlich sexy werden will. Gemeinsam gehen sie deshalb volles Risiko.
2024/25 war die augsburgischte Saison überhaupt. Nie was mit dem Abstieg zu tun gehabt, zwischenzeitliche Minimalchance auf Europa mit miesem Saisonfinish egalisiert, am Ende Platz 12. Soll erfüllt also? Leider ja.
Bei den Fuggerstädtern hatten sie sich aber eigentlich schon im letzten Jahr mehr ausgerechnet. Erster Fingerzeig war die Vorstellung des optisch auffälligen "Römertrikots" im August, dass zum wohl ersten Mal auch über die Stadtgrenzen hinaus gefiel. Da war klar: Augsburg will auffallen, beeindrucken - Aura haben.
Das neue Selbstverständnis bekamen Jess Thorup und Marinko Jurendic kein ganzes Jahr später zu spüren. Trainer und Sportdirektor mussten trotz sorgloser Saison im vergangenen Mai gehen. Der neue Übungsleiter passt besser zum angestrebten Image: Leidenschaftlicher Porsche-Fahrer und zuletzt Co-Trainer der deutschen Nationalmannschaft.
Die Entlassungen von Thorup und Jurendic zeigen allerdings auch, dass Wagner sich, anders als gemeinhin dargestellt, keine leichte Aufgabe ausgesucht hat, um seine Cheftrainer-Karriere in der Bundesliga zu starten. Dass ein gemütliches Austrudeln auf Platz zwölf nicht mehr reicht, haben die Augsburger im Mai deutlich klargestellt.
Wagner kann sich also nicht langsam reinfinden, mal gucken, wie die Bundesliga so funktioniert und zur Not auf die Unabsteigbarkeit der Fuggerstädter vertrauen. Er muss liefern. Und zwar das, was noch keiner seiner Vorgänger liefern konnte: Ansehnlichen Offensivfußball.
Ein vorschnelle Entscheidung also? Wagners Vertrag beim DFB lief noch bis nach der WM 2026. Wenn Julian Nagelsmann sein Weltmeister-Versprechen auch nur annähernd einlösen würde, wäre auch das Ansehen von Sandro Wagner gestiegen. Erfolg macht sexy.
Bester Beweis ist hier Hansi Flick. 2014 gewann er als Assistent von Jogi Löw die WM. Seine nächste Cheftrainer-Station war der FC Bayern, wo er das Triple holte. Wagner jedoch verlässt die Wohlfühloase DFB und riskiert bei Augsburg seinen aktuell sehr guten Ruf.
📸 Matthias Hangst - 2018 Getty Images
Falls er vergessen hat, wie schnell man in der Bundesliga vom Helden zum Deppen werden kann, kann Nuri Şahin ihn bestimmt dran erinnern. Ebenfalls als außergewöhnliches Trainertalent gehandelt, musste der 36-Jährige beim BVB in der vergangenen Spielzeit nach nur einem halben Jahr wieder gehen. Von neuen Angeboten aus dem Spitzenfußball war seitdem nichts zu hören. Seine Karriere an der Seitenlinie ist ins Stocken geraten. Wagner ist nur ein Jahr älter.
Ein selbstbewusster Mensch, wie er es ist, könnte hier zurecht entgegnen, dass die Welt den Mutigen gehört. Das verbindet ihn mit dem neuen FC Augsburg. Nur das wortwörtliche Zusammenspiel will noch nicht so richtig klappen.
Aktiven Fußball hat Wagner als DNA ausgerufen. Ein große Umstellung für die zuvor oftmals reaktiv aufspielenden bayerischen Schwaben. Sichtbar wurde das besonders beim Doppel-Testspiel gegen Rot-Weiß Essen. Die erste Partie ging aus Sicht des FCA mit 1:2 verloren. Beide Gegentreffer resultierten aus Kontern, die nach einem Ballverlust des aufgerückten Bundesligisten zustande kamen.
In der zweiten Partie des Tages ging die neue Spielidee dann aber voll auf. Durch weiterhin intensives Spiel mit und ohne Ball erzwang der FCA einen 4:1-Erfolg. Die Aussagekraft von Testspielen ist sicherlich begrenzt. Trotzdem lässt es erahnen, dass es so oder so vorbei ist mit dem biederen Gekicke in Augsburg. In jedem Fall will der Coach einen Fußball sehen, der genauso viel Risiko eingeht, wie er selbst bei seiner eigenen Karriereplanung. Und sie haben, wie Wagner nach den Essen-Spielen selber anmerkte, "noch einiges an Arbeit" vor sich.
Die wurde in der Folge im Trainingslager aufgenommen. Ob sie erfolgreich war, wird sich in knapp zwei Wochen beim Saisonstart im DFB-Pokal und danach in der Bundesliga zeigen. Gespannte Blicke sind den Augsburger aber jetzt schon sicher. Ein erstes, kleines Etappenziel auf dem Weg zum FCAura ist also schon mal erreicht.
📸 Christian Kaspar-Bartke - 2025 Getty Images
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