
Rund um den Brustring
·8 July 2025
Neu im Brustring: Lazar Jovanovic

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·8 July 2025
Mit Lazar Jovanovic verpflichtet der VfB erneut einen Spieler des Jahrgangs 2006, der ähnlich wie Noah Darvich mit viel Talent ausgestattet ist, vermutlich aber nicht direkt einen Stammplatz in der Bundesliga erobern wird. Wir stellen Euch den Neuzugang von Crvena zvezda vor.
Sollte Silas morgen zum Trainingsauftakt beim VfB vorbeischauen, wird er in Bad Cannstatt auf viele bekannte Gesichter treffen — und jemanden, den er noch von seinem Leihverein Roter Stern Belgrad kennt. Denn der VfB hat heute erneut bei einem sehr jungen Spieler zugeschlagen und Lazar Jovanovic verpflichtet. Der ist wie Silas vor allem auf dem rechten Flügel beheimatet und könnte für ihn unter Umständen sogar zum Konkurrenten auf der Außenbahn werden. Eine mittlere einstellige Millionen-Summe überweist der VfB dem Vernehmen nach in Richtung Belgrad, was schon alleine dafür spricht, dass Jovanovic nicht für die zweite Mannschaft eingeplant ist. Außerdem ist es, wenn ich es richtig verstanden habe, so, dass er aus arbeitsrechtlichen Gründen nicht in der dritten Liga auflaufen dürfte. Serbien ist zwar nicht in der EU, hat aber ein Assoziierungsabkommen abgeschlossen. Davon profitiert mutmaßlich VfB-Nachwuchsspieler Mirza Catovic, der die serbische und die bosnische Staatsbürgerschaft hat und für den VfB II bereits 14 Spiele in der dritten Liga absolvierte, weil er bereits länger in Deutschland lebt. Ich bin da für Hinweise dankbar. Aber genug vom Arbeitsrecht, uns interessiert viel mehr Jovanovics Werdegang und seine Perspektive beim VfB. Dafür haben wir uns erneut mit Crvena zvezda-Fan Denis ausgetauscht, der zum Champions League-Spiel in Belgrad schon bei uns im Podcast zu Gast war und uns über Silas’ Zeit dort auf dem Laufenden gehalten hat.
Jovanovic wurde am 30. November 2006 in Novi Sad geboren, der zweitgrößten Stadt Serbiens. Sein Vater, der 44malige serbische Nationalspieler Milan Jovanovic spielte zwar zu diesem Zeitpunkt für Standard Lüttich — später noch für Liverpool und Anderlecht — verbrachte aber auch drei Jahre seiner Karriere beim Fudbalski klub Vojvodina. In dessen Nachwuchs lernte Lazar das Fußballspielen, genauso wie übrigens unser anderes serbisches Talent Jovan Milosevic. “Vojvodina ist der größte und prestigeträchtigste Verein im Norden und hat und hatte schon immer sehr gute und talentierte Jugendspieler”, erklärt Denis und führt als Beispiel Spieler wie Gojko Kačar, Mijat Gaćinović oder die Milinković-Savić-Brüder Sergej und Vanja an. Nach Einsätzen in den Nachwuchsmannschaften debütierte Jovanovic mit 16 Jahren am ersten Spieltag der Saison 2023/24 in der serbischen Superliga — ausgerechnet beim 0:5 gegen Roter Stern Belgrad. In der Saison kam er weitere 15 Mal in der Liga zum Einsatz, absolvierte ein Pokalspiel, stand bei der erfolglosen Conference League-Qualifikation im Kader und erzielte Anfang März mit dem Siegtreffer gegen Vožvodac sein erstes Tor in der obersten Spielklasse.
Denis bezeichnet ihn als einen der besten Spieler Serbiens in seinem Jahrgang, was auch die frühen Einsätze in der Liga und auch die Leistungen in den U‑Nationalmannschaften zeigten. 2024 folgte dann der Wechsel zu Roter Stern, was zunächst in der aktuell sehr von Crvena zvezda dominierten Liga wie der nächste logische Schritt klingt. Denis bestätigt, dass der Verein aufgrund der finanziellen Möglichkeiten und der jährlichen Europapokal-Teilnahme bessere Perspektiven biete, zunehmend aber auch Konkurrenz von ausländischen Vereine bekomme, wenn es um serbische Talente geht.
In der Hinrunde der abgelaufenen Saison bestritt Jovanovic fünf Ligaspiele, in denen er einmal traf, außerdem lief er für Roter Stern in der Youth League auf und bereitete gegen den VfB das einzige Tor der Serben vor. Zur Rückrund verlieh ihn Roter Stern an die Nachbarn von OFK Belgrad, für die er in 15 Spielen immerhin vier Mal traf und ein Tor vorbereitete. War der Schritt von Novi Sad zu Roter Stern also zu groß? “Eigentlich nicht”, widerspricht Denis, denn eigentlich würden talentierte Spieler auch Einsätze bekommen und zu denen zählt Jovanovic ja zweifelsohne. Jovanovic Leihe zu OFK hatte vielmehr mit Disziplinlosigkeit zu tun. Das folgende Video eines serbischen Streamers, auf dem er sich außen an einem fahrenden Auto festhält, kam bei den Verantwortlichen nicht gut an:
Gleichzeitig hatte er auf dem rechten Flügel in Silas auch einen viel erfahreneren Konkurrenten. Denis bewertet die Leihe für Jovanovic als positiv, weil er dort weniger unter medialem Druck stehe und regelmäßiger spielen könne. Dass er ausgerechnet an OFK verliehen wurde, hat indes nicht nur sportliche Gründe: “Der Sohn des Generaldirektors von Roter Stern ist der Vizepräsident von OFK, eine Geschichte für sich. Es gab in den vergangenen Jahren bereits einige Leihen und Verkäufe von Spielern von Roter Stern zu OFK”, erklärt unser Experte.
Grundsätzlich habe man Jovanovic auf dem rechten Flügel eine Chance geben wollen und auch Denis hätte ihn gern für eine weitere Spielzeit in Belgrad gesehen, um dort den rechten Flügel zu beackern. Das ist seiner Meinung nach auch die Position, auf der Jovanovics Stärken am besten zur Geltung kommen: Sein Dribbling, seine Schnelligkeit und seine Ballkontrolle. Jovanovic habe für sein Alter bereits das gewisse Extra am Ball und erinnere ihn im Spielstil sehr an Nemanja Radonjić, der dem VfB beim 5:1 im Herbst zwei Tore einschenkte. Schwächen sieht Denis zum einen in der Physis, andererseits aber, wenig überraschend in seiner Professionalität.
Dementsprechend zurückhaltend ist er auch, was Jovanovics kurzfristige Perspektive in Bad Cannstatt angeht: “Es würde mich sehr freuen wenn Lazar beim VfB direkt durchstarten würde, aber ich denke der Konkurrenzkampf ist sehr groß und vielleicht wäre eine Leihe in die zweite Liga nicht verkehrt um die Sprache zu lernen, Spielpraxis, wie auch Erfahrung im deutschen Fußball sammeln zu können. Lazar ist ein Rohdiamant, welchen man mit Geduld schleifen muss und mit der richtigen Herangehensweise wird man in Stuttgart viel Freude mit ihm haben”. Aussagen, die sicherlich auf viele junge Spieler zutreffen. Jamie Leweling ist, mit hoffentlich aufsteigender Formkurve, auf der rechten offensiven Außenbahn vermutlich gesetzt in der kommenden Saison, eventuell bleibt auch Silas — wobei Jovanovics Verpflichtung eher auf das Gegenteil hinweist.
Denn ein solches Talent für solch eine Summe zu verpflichten, um ihn nur als Nummer drei auf der Position im Kader zu haben, wäre wenig zielführend. Realistischer ist, dass er den Kaderplatz von Fabian Rieder einnimmt. Vielleicht wird es auch direkt eine Leihe in die zweite Liga, was aber bei der Integration in Stuttgart auch nicht unbedingt helfen würde. Anders als Darvich hat Jovanovic immerhin schon Profifußball gespielt und könnte dementsprechend die Nase vorne haben, was Einsatzzeiten angeht. Es gilt aber das Gleiche wie für den Kapitän der deutschen U19: Der VfB setzt hier erneut auf ein externes Talent, das gar nicht mal so günstig ist, anstatt den Kaderplatz aus dem eigenen Nachwuchs zu besetzen. Aus sportlichen Gründen kann das nachvollziehbar sein, wirft aber die Frage auf, welchen Stellenwert und welche Qualität die Ausbildung beim VfB hat und wie das perspektivisch weitergehen wird.
Titelbild: © Вячеслав Евдокимов; “05.07.2024.Россия, Санкт-Петербург, «Газпром Арена». Winline Летний Кубок, «Црвена Звезда» — «Сочи».” under CC BY-SA 3.0