
Löwenmagazin
·21 July 2025
Karl-Christian Bay und die Prüfung des neuen potentiellen Investors

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·21 July 2025
Gegenüber der Süddeutschen Zeitung macht Karl-Christian Bay (Ex-Vizepräsident des TSV 1860 e.V.) klar, dass er mit der Auswahl und Prüfung des potentiellen Käufers der Anteile an der Profifußball KGaA nichts zu tun hatte. Für uns wirft das eine wichtige Frage auf: Hätte das Präsidium den Käufer prüfen müssen oder nicht?
In unserer Berichterstattung haben wir dem Präsidium in keiner Weise vorgeworfen, den potentiellen Käufer nicht überprüft zu haben. Diesen Punkt hatten wir bislang noch gar nicht thematisiert. Wir hatten lediglich kritisiert, dass das Präsidium den Investorenwechsel zu frühzeitig öffentlich gemacht hat. Denn ohne diese sehr forsche Ankündigung, inklusive der Behauptung es handle sich um einen „seriösen“ und „finanzstarken“ Käufer, wäre der mediale Schaden nicht derartig groß. Inklusive den Folgen, die noch nicht abzusehen sind, denn es wird nicht einfach, zum einstigen IST-Zustand zurückzukehren. Mit Hasan Ismaik und mit der kompletten (zurückgekehrten) Verschuldung, die eigentlich schon fast aus den Büchern gestrichen wurde. Mit der Thematik, wie es nun weitergehen muss / kann, beschäftigen wir uns demnächst in einem Artikel.
Nun wollen wir uns dennoch mit der Verantwortung des ehemaligen Präsidiums im Hinblick auf die Prüfung des Käufers beschäftigen. Das hatten wir anfänglich nicht geplant, doch gegenüber der Süddeutschen Zeitung hat Karl-Christian Bay die Verantwortung bei dieser Thematik von sich gewiesen.
„Ich dementiere mit aller Deutlichkeit, dass ich irgendetwas mit der Auswahl oder Prüfung des Käufers zu tun hatte. Weder habe ich den Käufer vermittelt, vorgeschlagen oder mich an der Auswahlentscheidung beteiligt. Noch habe ich den Compliance Check (Prüfung des Unternehmens) oder den Proof of fund (Kapitalnachweis) durchgeführt. Ich entziehe mich sicherlich keiner Verantwortung, aber ich übernehme keine Verantwortung für Dinge, die ich nicht gemacht habe. Die Verantwortung liegt und verbleibt insoweit beim Verkäufer und seinen Beratern.“ Karl-Christian Bay, bis zum 6. Juli Vize-Präsident des TSV München von 1860 e.V.
Am 3. Juli 2025 waren Robert Reisinger und Karl-Christian Bay in Frankfurt bei einem Notartermin. An diesem Tag wurde der Verkauf von Hasan Ismaiks Anteilen an einen gewissen Matthias Thoma unterzeichnet. Mit dieser Unterzeichnung hat das Präsidium des e.V. erst einmal wenig zu tun. Allerdings war aufgrund des Kooperationsvertrages zwischen dem e.V. und HAM International nicht nur die Anwesenheit des Präsidiums wichtig, sondern auch ihre Unterschrift. Nicht etwa unter dem Kaufvertrag, sondern unter der Verzichtserklärung für das Vorkaufsrecht, das der e.V. besitzt. Außerdem unter dem neuen Kooperationsvertrag, der mit dem zukünftigen Investor geschlossen wird.
Und da steht das Präsidium mehr als in Verantwortung. Mitglieder des e.V. wissen sehr wohl über die Brisanz des Kooperationsvertrages Bescheid. Da wäre zum Beispiel das Recht des Investors beim Fall von 50+1 die TSV 1860 Geschäftsführungs GmbH zu übernehmen. Unabhängig davon ist jedoch in jedem Fall klar, dass mit der Unterzeichnung eines neuen Kooperationsvertrages mit einem neuen Investor sehr wohl relevant ist, wer das Gegenüber ist. Das ist für den e.V. sogar noch wichtiger als für HAM International / Hasan Ismaik. Denn der e.V. wird mit ihm zukünftig zusammenarbeiten müssen.
Sofern im Kaufvertrag nicht irgendetwas geregelt ist, bei dem Ismaik nach dem Verkauf noch involviert ist oder profitiert, besteht für ihn wenig Gefahr. Wobei wir das natürlich nicht wissen. Aber ansonsten gilt: zahlt der Käufer nicht, ist der Deal eben geplatzt. Zahlt der Käufer, kann es ihm im Endeffekt egal sein, wer der neue Besitzer ist. Die Tatsache, ob ihm der TSV 1860 als Fan wichtig zu sein scheint, mal außen vorgelassen.
Für den e.V. ist die Unterzeichnung des neuen Kooperationsvertrages allerdings das Eingehen in eine neue Partnerschaft. Und da ist es sehr wohl im Interesse des Muttervereins nicht nur den Kapitalnachweis zu überprüfen, was besonders für den Verkäufer wichtig ist, sondern eben auch die Prüfung des Unternehmens. Und Bay gibt nun öffentlich zu, dass das Präsidium den Kooperationsvertrag unterzeichnet hat, ohne den neuen Vertragspartner geprüft zu haben. Man hat sich darauf verlassen, dass es sich um ein seriöses Familienunternehmen aus der Schweiz handelt, das sich vollständig zum Standort Giesing bekennt, den Umbau unterstützen möchte und zudem die Turnhalle an der Grünwalder Straße 114 finanzieren will. Und sich dabei nicht in die Klubpolitik einmischen möchte. Da wundert man sich schon, dass man da nicht näher nachgefragt hat, mit wem man nun einen neue Partnerschaft unterzeichnet.
Bay erklärt, man habe als damaliges Präsidium „das Augenmerk immer auf dem Vereinsinteresse“ gehabt. Er sei gebeten worden, zu prüfen, unter welchen Voraussetzungen das Vorkaufsrecht fallen könnte. Themen wie die Zukunft des Grünwalder Stadions, der Turnhalle am Trainingsgelände und die Schuldenfreiheit für die Profifußball KGaA sei mit dem neuen potenziellen Investor verhandelt worden, in Abstimmung mit HAM International. Wohlgemerkt, ohne, dass Bay geprüft hat wer ihm gegenüber sitzt. Er habe dann auch erfolglos „versucht, den Kooperationsvertrag anzupassen“, gibt Bay zu. Um ihn dann mit doch mit der Passage zu unterzeichnen, bei der im Falle eines Wegfalls von 50+1 der Investor uneingeschränkt die Profifußball KGaA inklusive der Geschäftsführungs GmbH übernehmen kann.
Man kann schon fast froh sein, dass es sich um eben diesen einen Matthias Thoma handelt, der dann gar nicht zahlen konnte. Und nicht um zum Beispiel jemanden aus Katar, Russland, Nord-Korea oder sonst irgendwo her, der dafür eine Schweizer Holding gegründet hat. Oder ein Franchise-Unternehmen, der die Löwen zum Farmteam macht. Oder wer auch immer. Hört sich übertieben und nach Panikmache an? Nun ja. Da gäbe es einige durchaus realistische Horror-Szenarien, bei denen man sich schnell Ismaik zurückgewünscht hätte.
Karl-Christian Bay sitzt übrigens immer noch im Aufsichtsrat der TSV 1860 München GmbH & Co KGaA.
Artikel für SZ-Plus Abonnenten: Investoren-Chaos beim TSV 1860: „Die Verantwortung liegt beim Verkäufer und seinen Beratern“ – Sport – SZ.de