90min
·13 May 2025
"Ich bin noch nicht fertig": Die 90min-Spielerin des Monats Larissa Mühlhaus im Interview

In partnership with
Yahoo sports90min
·13 May 2025
"Ich kann das alles noch gar nicht so richtig aufnehmen", offenbart Larissa Mühlhaus zu Beginn des exklusiven 90min-Interviews. Das ist auch mehr als verständlich: Innerhalb weniger Wochen gewann die junge Stürmerin von Werder Bremen den historischen ersten Titel mit der U23-Nationalmannschaft der Frauen, wurde für ihren traumhaften Fallrückzieher gegen Jena für das Tor des Monats nominiert und stand mit Werder im DFB-Pokalfinale vor ausverkaufter Hütte - und erzielte natürlich auch dort ein sehenswertes Freistoßtor. Im 90min-Gespräch spricht Mühlhaus unter anderem über ihren Werdegang, die erste Bundesliga-Saison und erklärt, wo es in Zukunft noch hingehen soll.
Doch werfen wir einen Blick zurück in die Vergangenheit: Im Sommer 2024 wechselte Larissa Mühlhaus als Torschützenkönigin der Zweiten Bundesliga ausgerechnet vom Hamburger SV zu Werder Bremen. Ein Transfer, der zur damaligen Zeit viel kommentiert wurde. "Ich wollte Erste Bundesliga spielen und mich weiterentwickeln. Da wir mit dem HSV leider nicht aufgestiegen sind, dachte ich mir: Ich mache den nächsten Schritt und gehe zu Werder", erklärt die 23-Jährige rückblickend. Als Familienmensch sei Werder Bremen aufgrund der Nähe zu Hamburg eine perfekte Wahl gewesen. Mühlhaus wollte in der Bundesliga Fuß fassen: "Da passte Werder ganz gut in meinen Plan und wenn ich jetzt zurückblicke, dann hat der Plan gut funktioniert."
Obwohl das vielleicht noch eine Untertreibung ist: Die junge Stürmerin schaffte es schnell, sich in die Startaufstellung der Werderanerinnen zu spielen. In 21 Bundesliga-Partien stand Mühlhaus 19 Mal von Anfang an auf dem Rasen und trug mit acht Toren dazu bei, dass Bremen auch in dieser Saison die Liga auf einem soliden Mittelfeldplatz beenden wird. "Ich dachte mir, ich zeige einfach, wer ich bin und was ich kann. Das habe ich mir von Anfang an vorgenommen. Deshalb bin ich gespannt, was in der nächsten Saison passiert, wie ich da mein Spiel verändere. Ich weiß jetzt, wie andere spielen, kann mich auf die Spielerinnen einstellen. Ich habe aber auch in der Rückrunde gemerkt, dass die Gegnerinnen sich auf mich einstellen konnten und wussten, wie ich ticke und spiele. Da muss ich mich auch noch mal anpassen. Dann heißt es trainieren, trainieren, trainieren und dann mal schauen“, so Mühlhaus im Hinblick auf die kommende Saison.
Sie müsse sich in einem Team wohlfühlen. Ihre Teamkolleginnen bei Werder haben ihr die Anfangszeit einfach gemacht. "Es war eine coole Saison, aber ich bin auf jeden Fall noch nicht fertig. Das waren die ersten Schritte in der Bundesliga", sagt die 23-Jährige.
Trotz der vielen Tore möchte sie gerne ihren Torabschluss verbessern, das Kopfballspiel trainieren und ihren linken Fuß noch mehr einsetzen. Viel abgekuckt habe sie sich von Cristiano Ronaldo - vor allem in Sachen Mentalität. Generell habe Mühlhaus mehr Vorbilder im Männerfußball: "Ich muss zugeben, dass ich früher nicht viel Frauenfußball geguckt habe. Der Männerfußball wurde ja auch mehr gezeigt. Jetzt kommt diese Aufmerksamkeit für den Frauenfußball so langsam, was mich unnormal freut – das haben wir einfach verdient."
Mühlhaus hat auch selbst erfahren, wie die gestiegene Aufmerksamkeit auf den Frauenfußball aussehen kann. So spielte sie sowohl das Nordderby im ausverkauften Volksparkstadion als auch das DFB-Pokalfinale gegen Bayern vor rund 50.000 Zuschauern. Vor allem das Duell im DFB-Pokal-Halbfinale gegen die Rothosen war aufgrund ihrer Hamburger Vergangenheit für die Offensivspielerin ganz besonders: "Ich war davor angeschlagen und man wusste nicht, ob ich spielen kann. Ich wollte aber unbedingt spielen, weil das ein großer Traum von mir war, mal im Volksparkstadion aufzulaufen". Das hat dann auch funktioniert. "Als ich dann in der Kabine war, habe ich mich gut daran erinnern können, als ich dort als kleines Kind meinen Geburtstag gefeiert habe. Da war ich genau in der Kabine und durfte Fragen stellen. Diesmal saß ich da und hab mich für das Spiel fertiggemacht. Als wir raus auf den Platz gegangen sind, war es komplett vorbei – so viele Emotionen", erinnert sich Mühlhaus zurück. Sobald der Anpfiff aber ertönte, konnte sich die 23-Jährige voll auf die Partie fokussieren. Letztendlich gewann Bremen das Derby auch und konnte zum ersten Mal in der Vereinsgeschichte in das DFB-Pokalfinale einziehen.
Nach einer kämpferischen Leistung mussten sich die Werderanerinnen dort aber den Bayern-Frauen mit 2:4 geschlagen geben. "Vom Ergebnis her ist es auf jeden Fall eine Niederlage. Aber ich glaube, wir konnten da auf eine gewisse Art und Weise nur als Gewinnerinnen rausgehen", so Mühlhaus. Sie haben gemeinsam Geschichte geschrieben, so etwas würde keine Spielerin vergessen. Besonders stolz ist die Stürmerin auf die Fans der Grün-Weißen: "Was die Werder-Fans da geleistet haben … ich habe kaum die Bayern-Fans gehört, muss ich ehrlicherweise sagen. Das war schon beim Aufwärmen sehr, sehr laut. Die Fans haben uns sehr gepusht." Larissa Mühlhaus selbst stand in der letzten Aktion des Spiels noch mal im Fokus, als sie einen Freistoß direkt in das Kreuzeck schlenzte.
Generell ist die gebürtige Hamburgerin für sehenswerte Treffer bekannt. Erst Ende April sorgte sie mit einem traumhaften Fallrückzieher für den Dosenöffner im Liga-Spiel gegen Jena. "Solche Tore trainiere ich tatsächlich nicht. Das kommt dann einfach", erklärt Mühlhaus. Vollkommen zurecht ist dieser Treffer jetzt für das Tor des Monats April nominiert. "Nach dem Spiel haben aber alle schon gesagt, das ist ein Tor des Monats. Ich habe schon mal ein Fallrückzieher-Tor gemacht, aber nicht so ein schönes. Ich wollte den erst mit dem Kopf nehmen, aber habe mich dann doch umentschieden, weil der Ball ein bisschen zu weit rechts kam. Ich konnte es gar nicht fassen, dass der Ball auf einmal drin war. Dann haben mir alle gesagt: 'Boah guck mal in den Medien läuft das Tor des Monats' und dann habe ich das erst realisiert", fasst sie zusammen.
Ihre Ziele sind klar: "Ich habe mir vorgenommen, irgendwann Champions-League zu spielen, in der deutschen A-Nationalmannschaft Fuß zu fassen und dort eine WM zu spielen." Aktuell läuft Larissa Mühlhaus noch für die U23 der DFB-Frauen auf. Die Konkurrenz-Situation im deutschen Sturm ist hart und daran musste sich Mühlhaus erst gewöhnen, da sie beim HSV und Werder immer von Beginn an spielte. "Bei der Nationalmannschaft saß ich dann das erste Mal auf der Bank. Das war schon anders für mich, aber ich habe das als Challenge angesehen und den Kampf angenommen", zeigt sich die Angreiferin kämpferisch. Es sei eine große Ehre für sie, "den Adler auf der Brust zu tragen". Druck möchte sich die Werderanerin aber keinen machen: "Das kommt alles mit der Zeit."