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·10 June 2025
Handlungsunfähig?

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·10 June 2025
Am 14. Mai - also vor fast genau einem Monat - hat der TSV 1860 seine letzte Vertragsverlängerung bekanntgegeben - und dabei die weitere Zusammenarbeit mit Trainer Patrick Glöckner besiegelt. Seitdem herrscht Funkstille: Keine Transfers! Es gibt nur Gerüchte, u.a. um Regionalliga-Torjäger Justin Steinkötter (TSV Steinbach). Die Frage liegt auf der Hand: Ist Geschäftsführer Dr. Christian Werner momentan gar nicht handlungsfähig, weil das ursprünglich vorgesehene Budget von 4,5 Millionen bereits ausgeschöpft ist, beziehungsweise bereits etwas angehoben wurde?
“AZ”-Reporter Matthias Eicher bringt es in seiner jüngsten Story auf den Punkt: “Schießt Geld die Tore beim TSV 1860? Etat sorgt alljährlich für Ärger bei den Löwen.” Die Begründung des Blattes: “Der TSV hat durch die alljährliche, auf zwei Jahre angelegte Fortführungsprognose geregelt, einen gewissen Etat zur Verfügung. Zuletzt waren dies zunächst 4,5 Millionen Euro, womit 1860 2024/25 im Liga-Vergleich im unteren Drittel lag.” Letztlich wurde der Etat aber noch um weitere 1.000.000 Euro hochgeschraubt, auch um Trainer Patrick Glöckner und drei Winter-Transfers (Dickson Abiama, Andy Lucoqui und Philipp Maier) verpflichten zu können. Das Ergebnis: Der frühzeitige Klassenerhalt. Mehr aber auch nicht.
Im Liga-Durchschnitt (6,1 Millionen Euro) lag 1860 in der abgelaufenen Saison mit seinen Investitionen im hinteren Mittelfeld - wenn man sich aber die diesjährigen Aufsteiger ansieht, schießt Geld eben doch Tore: Dynamo Dresden und Arminia Bielefeld hatten jeweils Etats zwischen sieben und acht Millionen Euro zur Verfügung - und beide Traditionsklubs sind in die Zweite Liga zurückgekehrt. Der 1. FC Saarbrücken investierte vor der Saison auch kräftig, verpasste aber in der Relegation den Aufstieg Es gibt aber auch einen negativen Ausreißer: Der zahlungskräftige SV Sandhausen gehörte bei den Ausgaben zu den Spitzenteams - und stieg aufgrund vieler Fehlentscheidungen in die Regionalliga ab. Siehe 1860 in der vorerst letzten Zweitliga-Saison 2016/2017.
Die Dritte Liga entwickelt sich weiter, vor allem in der Vermarktung. Und die Ist-Löwen? Seit zwei Jahren gibt es bezüglich der Ziele keinen gemeinsamen Plan: Insgeheim würde man natürlich gerne aufsteigen, doch es gibt unterschiedliche Herangehensweisen an der Grünwalder Straße 114: Während die HAM-Seite offenbar bereit ist, zu investieren, um dem langersehnten Aufstieg näher zu kommen, verfolgen die e.V.-Leute den Weg der Konsolidierung. Und der ist bekanntlich nicht von Erfolg gekrönt. Als Meisterspieler Fredi Heiß auf der Mitgliederversammlung 2024 vom aktuellen Präsidium und Verwaltungsrat wissen wollte, wie sie sich den Plan ohne Ismaiks Gelder vorstellen, bekam der frühere 1860-Funktionär keine Antwort. Bis heute wartet der 84-Jährige übrigens darauf. Immerhin näherte sich der designierte neue Präsident Gernot Mang bereits an die brüskierten Meister-Löwen an.
Kleiner Rückblick: Als die Löwen kurzzeitig gemeinsame Ziele verfolgten, waren sie in ihrer Drittliga-Historie am erfolgreichsten: Zweimal Platz vier - und dann kam der Bruch mit Trainer Michael Köllner. Von da an ging´s steil bergab.
Das größte Handicap: Der TSV 1860 kann seine Ertragsseite aufgrund der Gegebenheiten rund ums Grünwalder Stadion (keine Vermarktung, keine Logen) kaum steigern - und weil einige Herren im Klub dachten, dass nach der Trennung von Geschäftsführer Marc Pfeifer (jetzt Rot-Weiss Essen) im Sommer 2024 die Sponsorenerlöse steigerbar wären, ist genau das Gegenteil eingetreten. Von wegen leichte Vermarktung. 1860 wird durch all die Jahre in der Drittklassigkeit nicht attraktiver…
Transfererlöse wie von Lukas Reich, der für rund 500.000 Euro an Zweitligist Fürth verkauft wurde, sind mittlerweile unerlässlich. Und teure Verträge sind nicht mehr drin. Genau deswegen konnte 1860 Dauer-Löwe Marco Hiller nur noch ein reduziertes Angebot unterbreiten, das der Torwart abgelehnt hat. Auch mit Julian Guttau und Andy Lucoqui konnten sich die Löwen bislang noch nicht einigen. Und dann hat der Klub noch die fristlose Kündigung für Ex-Geschäftsführer Oliver Mueller an der Backe. Die HAM-Seite ist verständlicherweise nicht bereit, für diese 50+1-Entscheidung Gelder zur Verfügung zu stellen.
Je länger sich die beiden Gesellschafter nicht auf einen gemeinsamen zielführenden Weg verständigen, desto geringer sind auch in der kommenden Saison ernsthafte Aufstiegschancen - trotz der sensationellen Rückholaktionen der früheren Bundesliga-Stars Kevin Volland und Florian Niederlechner. Würde dieses Duo nicht für ein überschaubares Salär spielen (beide hätten in der Vorsaison nicht zu den Topverdienern gezählt), wäre die Vorfreude auf die kommende Saion am Nullpunkt. Der aktuelle Kader ist längst (noch) nicht aufstiegsreif, vor allem braucht’s auch einen guten Hiller-Nachfolger und Aggressivität im zentralen Bereich. Die wichtigsten Transfers werden jetzt eingetütet - und nicht erst in ein paar Wochen.
Nur eine baldige Aufsichtsratssitzung könnte den Knoten lösen - und wenn nicht: Dann hätte Aufsichtsratsboss Saki Stimoniaris theoretisch das Recht, von seinem doppelten Stimmrecht Gebrauch zu machen. Aber ist das die Lösung, wenn nicht alle an der Grünwalder Straße 114 in eine Richtung marschieren?
db24 meint: Das Grundproblem bleibt: Der Verein leidet nicht nur an seiner gespaltenen Struktur - sondern vor allem an einem dramatischen Mangel an sportlicher Kompetenz in den Gremien. Romantik und Fansprech allein reichen nicht. Wer wieder aufsteigen will, muss professionell denken - und handeln. Und genau das fehlt seit Jahrzehnten bei Sechzig.