
Miasanrot
·5 July 2025
FC Bayern und BVB bei der Klub-WM: Fußballfest? Eine Kritik an der Kritik an der Kritik

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·5 July 2025
Jan-Christian Dreesen vom FC Bayern München hat die Kritik an der Klub-WM kritisiert. Eine Kritik an der Kritik an der Kritik.
Dass Hans-Joachim Watzke und auch Jan-Christian Dreesen von Borussia Dortmund und dem FC Bayern München eher wenig begeistert sind, wenn die Klub-WM kritisiert wird, überrascht kaum. Beide zählen zu den großen Profiteuren des Turniers, verdienen dort mit ihren Klubs sehr viel Geld.
Beide äußerten sich jüngst aber zu der Kritik, die vor allem aus Deutschland kommt. „In Deutschland haben wir wieder das ‚Katar-Syndrom‘, wo die Stimmung bei den Spielen auch fantastisch war und in Deutschland immer alles ein bisschen kritischer gesehen wird“, sagte Watzke beispielsweise bei RTL: „Aber die Klub-WM wird nicht aufzuhalten sein. Das wird jetzt alle vier Jahre – aber auch wirklich nur alle vier Jahre – sein.“
„Wir sollten einfach mal über den Tellerrand hinausschauen und vielleicht auch öfter mal ein bisschen lächeln“, so der Geschäftsführer des BVB weiter. Ganz im Sinn von Bayern-CEO Dreesen, der die Kritik auch gern weglächeln würde, wie er im Gespräch mit Sport1 bei einem Fantreffen verriet: „Alle die, die in Deutschland im Wesentlichen meckern, sollten einmal herkommen und sich das vor Ort anschauen.“
„Es fängt schon damit an, dass es solche Veranstaltungen wie diese hier von uns ganz viele gibt – und das ist nicht kommerziell, das ist direkt an den Menschen, an den Fans, an denen, die es angeht“, so der 57-Jährige weiter: „Die Leute freuen sich, die Südamerikaner feiern ihre Mannschaften. Es sind zwei brasilianische Teams im Viertelfinale, die sind so stolz.“
Man müsse sich „endlich mal daran gewöhnen, auch in Deutschland, dass wir nicht alleine auf diesem Planeten leben – und dass es außerhalb von Deutschland noch ganz viel Fußballfamilie gibt, auch in Amerika“.
Das Problem: Dreesen und Watzke vermischen hier mehrere Ebenen miteinander – und das strategisch sehr bewusst. Einerseits stimmt es, dass es viele Fans aus beispielsweise Südamerika gibt, die ihre Teams vor Ort mit beeindruckender Stimmung unterstützen. Andererseits nutzen sie diese Stimmung, um von berechtigter Kritik auf ganz anderen Ebenen abzulenken.
Denn den Kritiker*innen geht es nicht darum, den Südamerikaner*innen die Freude am Fußball oder auch am Turnier abzusprechen. Den Kritiker*innen geht es nur in seltenen Fällen darum, ob es ein derartiges Turnier gibt. Ihnen geht es um etwas, was die beiden deutschen Klubs nun in kürzester Zeit wieder unter Beweis gestellt haben: Ignoranz.
Ignoranz vor allem in Bezug auf die politischen Verflechtungen, die mit dieser Klub-WM zusammenhängen. US-Präsident Donald Trump hat in nur wenigen Monaten demokratische Grundstrukturen massiv abgebaut, er deportiert Menschen in Lager, die ihm nicht in seine Vorstellungen passen und er droht öffentlich damit, Gebiete gewaltvoll einzunehmen.
Es gäbe außen- und innenpolitisch noch so viel mehr, was an diesem Präsidenten zu kritisieren wäre. Der Punkt ist aber, dass Sportswashing ein probates Mittel ist, um sich und seine Vorgehensweisen zu legitimieren und zu stärken. Als jüngst Vertreter von Juventus Turin zu Besuch im Weißen Haus waren, bekam man eine Kostprobe davon.
Und was hat nun der FC Bayern damit zu tun? Das fragen vor allem jene, die auch von einer strikten Trennung von Politik und Sport fantasieren. Der deutsche Rekordmeister hat sich aber bewusst dafür entschieden, an diesem Turnier teilzunehmen – und sich so auch einbinden zu lassen in das Sportswashing der FIFA und der USA.
Dass der FC Bayern an diesem Turnier teilnimmt, ist eine Entscheidung, die auf vielen Ebenen beurteilt werden kann und wohl muss. Der finanzielle Aspekt ist freilich der stärkste. Aber auch generell müsste man sich bei einem etwaigen Boykott beispielsweise die Frage stellen, wo zukünftig exakt die Grenzen gezogen werden? Wie und von wem werden diese definiert? Welche Wettbewerbe sind dann noch spielbar und welche nicht?
Es muss aber nicht mal darum gehen, vom FC Bayern oder Borussia Dortmund einzufordern, dass sie nicht an solchen Turnieren teilnehmen. Ein Anfang wäre es, dass sie respektvoll mit der legitimen Kritik umgehen und sie sich nicht noch zusätzlich zu ihrem mindestens passiven Sportswashing aktiv daran beteiligen, indem sie die Stimmung südamerikanischer Fans vorschieben und Fanfeste herbeireden, die es so nicht gibt.
Die Stimmung in den USA ist für eine Weltmeisterschaft schlecht – das sagen auch Leute, die vor Ort sind, um Dreesen gleich den Wind aus den Segeln zu nehmen. Es wäre das Mindeste, dass sich der FC Bayern und auch andere Klubs zumindest in Demut üben, wenn sie dafür kritisiert werden, dass links und rechts von ihnen menschenfeindliche Politik gemacht wird, während sie von einer großen Fußballfamilie in Amerika fabulieren.
Es geht nicht darum, in Abrede zu stellen, dass diese Klubs eine große Fanbasis auf der gesamten Welt haben. Oder dass eine solche Klub-WM ein sportlich spannendes Turnier mit Zukunftspotenzial sein kann. Während Dreesen aber im Privatjet all die Probleme vor Ort schön umfliegt, könnte er es sich wenigstens sparen, so zu tun, als hätte er jetzt gesehen, wie großartig es in den USA doch ist.
Dieser bissige Reflex, jede Kritik von oben herab abzukanzeln, steht den Verantwortlichen der beiden deutschen Vorzeigeklubs nicht. Die Büchse der Pandora wurde im Profifußball schon vor vielen Jahren geöffnet. Allein die WM in Katar vor einigen Jahren zeigte, dass sich das Sportswashing im großen Stil auch bei einem großen Teil der Fans legitimieren lässt.
Und am Ende ist es nachvollziehbar, dass man die Begeisterungsfähigkeit des Sports auf der einen Seite auch mal von der berechtigten Kritik am Drumherum trennen möchte – insbesondere als Fan. Aber etwas mehr Ehrlichkeit wäre dann doch angebracht. Vor allem auch die Fähigkeit, beide Seiten wahrzunehmen und vielleicht zuzugeben: Ja, wir sind hier, weil wir viel Geld einnehmen können und es uns sportlich auch reizt. Aber ebenfalls ja: Die Kritik an den ganzen Umständen ist total berechtigt und damit müssen wir leben.
Was in den USA bei der Klub-WM gerade passiert, ist kein Fanfest, kein Zusammenkommen einer Fußballfamilie und auch keine fantastische Stimmung. Es ist ein weiterer Versuch des Fußballs, seine politische Macht ebenso zu steigern wie seine Finanzen – und dafür alles auszublenden, was auf dem Weg dorthin auch nur ein wenig stören könnte. Eine ewige Spirale, die sich nicht mehr aufhalten lässt.
Eine, so selbstkritisch müssen wir sein, an der wir uns als Berichterstatter*innen und Fans ebenfalls beteiligen – wenn auch in anderem Ausmaß und manches Mal deutlich unbewusster. Sich dann aber als Protagonist vor Kameras zu stellen und der Welt zu erklären, wie albern die Kritik aus Deutschland doch sei und man einfach nur mal lächeln solle, ist eine interessante Ebene der Arroganz.
Lächeln gegen Trump. Danke, Profifußball.
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