FC Schalke 04
·5 February 2025
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„Wir sollten uns respektieren und Verständnis füreinander aufbringen, denn Verständnis ist der Schlüssel zu allem“, fasst die 17-jährige Öykü pointiert zusammen. Allein am gesellschaftlichen Konsens mangelt’s: Daran wollen sie und zwölf Mitschülerinnen und Mitschüler des Max-Planck-Gymnasiums etwas ändern. Mit ihrem „Rap gegen Rechts“ haben sie nicht nur musikalisch abgeräumt: Schalke hilft! verleiht ihnen für ihr Engagement die Ernst Alexander Auszeichnung 2025.
Erfahrungen im Songwriting haben sie anfangs alle nicht, doch das Thema Rassismus treibt sie ebenso um wie der dringende Wunsch, Stellung zu beziehen. Diskriminierung und Ausgrenzung wollen sie nicht mehr erleben, weder sich selbst noch anderen gegenüber. So findet sich zu Beginn des Schuljahrs 2024/2025 eine bunt gewürfelte Truppe aus Jugendlichen der Regel- und internationalen Förderklassen des Gelsenkirchener Gymnasiums zusammen. Mit Begleitung ihres Deutsch- und Geschichtslehrers Christian Fischer behandeln sie Fragestellungen, erforschen Ursachen und besprechen unterschiedliche Diskriminierungsformen. Es entsteht die Idee, ihre Gedanken in einem Songtext auszudrücken.
„Alltagsrassismus ist für viele Jugendliche Realität“, erläutert Fischer die Motivation der Gruppe. „Bei uns leben wir aber etwas anderes vor, sind zertifizierte ‚Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage‘, diese Haltung wollten wir nach außen transportieren und ein kreatives Statement setzen.“ Dazu knüpft Fischer Kontakt zu einem Profi. Rapper Dennis Buss engagiert sich bereits seit Jahren in Anti-Rassismus-Projekten für Jugendliche, zudem unterstützt die Bürgerstiftung Gelsenkirchen das Vorhaben.
Auch in Gelsenkirchen ist der Musiker alles andere als ein Unbekannter, so hatte er mit dem Song „In dir (Meine Stadt GE)“ den offiziellen Kunst- und Kulturbeitrag zur EURO 2024 für Gelsenkirchen als sogenannte Host-City geliefert. Von der Zusammenarbeit mit den Jugendlichen ist er begeistert und räumt bescheiden ein: „Die Vorarbeit kam von den Kids, ich habe ihnen nur dabei geholfen, ihre Gedanken und Texte auf den Rap-Beat anzupassen.“
Sie rappen nicht nur auf Deutsch und Englisch, sondern teilweise in ihren Muttersprachen oder denen ihrer Eltern. So wie die zwölfjährige Domenika. Seit Beginn des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine lebt sie mit ihrer Familie in Gelsenkirchen. In den knapp drei Jahren hat sie ihr Deutsch fast perfektioniert. „Dafür musste ich viel sprechen“, erklärt sie zurückhaltend und fügt lachend an: „Aber in der Schule muss man ja viel sprechen.“ Die Arbeit am Song hat ihr richtig viel Spaß gemacht, „außerdem habe ich dadurch neue Freunde gefunden“.
Ebenfalls rundum positiv bewertet der stellvertretende Schulleiter Markus Feldhaus die Arbeit der Jugendlichen: „Ich bin unglaublich stolz auf unsere Schülerinnen und Schüler. Mit diesem Song haben sie ein wichtiges Signal gesetzt und großes Engagement gezeigt.“ Neben dem Rap ist auch ein Video entstanden, das mithilfe befreundeter Künstlerkollegen von Dennis Buss – wie dem mehrfach ausgezeichneten Filmemacher Dennis Mätzig – hochprofessionell geworden ist und auf YouTube schon häufig geklickt wurde.
Ein Wermutstropfen hingegen verdeutlicht, wie wichtig solche Projekte sind: „Das Feedback war insgesamt super positiv, aber es gibt dann doch wieder Leute, die ihre Hasskommentare unter eine solche Aktion setzen“, erklärt Buss. So entschied sich der Rapper nach Veröffentlichung, die Kommentarfunktion erst einmal zu schließen: „Ich will solchen Leuten nicht noch eine Plattform geben, auf der sie ihre Ansichten und Beleidigungen verbreiten können.“
Öykü und ihre Freundin Ayse lassen sich davon nicht entmutigen, sie wollen sich von den Einschränkungen befreien, die ihnen manche auferlegen wollen. Dieses Projekt ist ein weiterer Schritt. „Wir freuen uns sehr über die Auszeichnung von Schalke hilft!, denn diese Themen müssen weiterhin sichtbar sein und Öffentlichkeit bekommen“, betont Öykü. Sie kam als Fünfjährige mit ihren Eltern aus der Türkei nach Deutschland. Obwohl die Abiturientin, die ebenso wie Ayse Medizin studieren will, ein Paradebeispiel für gelungene Integration ist, sehen sich die Freundinnen oftmals mit Vorurteilen konfrontiert: „Ich merke immer wieder, dass uns andere unterschätzen.“ Ayse ergänzt: „Mal wird von uns verlangt, besonders türkisch zu sein, dann wieder besonders deutsch.“ – „Aber wir sind beides, das macht uns doch aus“, erklären sie unisono.
Sie wünschen sich gesellschaftliche Akzeptanz und dass Vielfalt als Bereicherung wahrgenommen wird, statt aufgrund von Unterschieden auszugrenzen. Öykü glaubt: „Wir müssen miteinander sprechen, unseren Standpunkt erläutern, aber auch andere Meinungen respektieren.“ Um gegen Mauern in den Köpfen anzukommen, wie sie es gerappt haben. Wie war das noch: „Verständnis ist der Schlüssel zu allem.“