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·15 November 2024

Die Gründe für Bellinghams Krise – und was Hoffnung macht

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Nach seiner beeindruckenden Premierensaison bei Real Madrid stottert bei Jude Bellingham in der laufenden Spielzeit der Motor. Damit ist der Engländer bei den Königlichen jedoch nicht alleine.

Bellingham wirkt nach furioser Debütsaison überspielt

Die Erleichterung stand Jude Bellingham förmlich ins Gesicht geschrieben. Als sein Heber beim 4:0 über den CA Osasuna den Weg ins Tor fand, durfte der Engländer endlich sein erstes Saisontor für Real Madrid bejubeln. Doch der sehenswerte Treffer gegen den Tabellenfünften kaschiert die dürftigen Leistungen des hochveranlagten Mittelfeldspielers nur bedingt. Wie bei vielen Teamkollegen ist auch beim früheren Dortmunder 2024/2025 noch mächtig Sand im Getriebe.


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EM-Jahr zehrt an Bellinghams Kräften

In seinem ersten Jahr bei den Madrilenen übertraf Bellingham die immensen Erwartungen in ihn sogar. 113 Millionen Euro überwiesen die Königlichen im Sommer 2023 an Borussia Dortmund und bekamen einen Spieler, der die ikonische Nummer 5, mit der einst Zinedine Zidane durchs Santiago Bernabeu schwebte, gleich mit Leben füllte.

In seinen ersten zehn Einsätzen in der La Liga traf der Engländer zehnmal und übertraf damit bereits seinen Karriere-Bestwert aus seiner letzten Spielzeit in der Bundesliga, wo ihm in 31 Partien acht Tore gelangen. Auch wenn er die Quote in der zweiten Saisonhälfte nicht aufrechterhalten konnte, entschied er mit Toren wie beim 3:2 im Clasico gegen den FC Barcelona auch in der Rückserie immer wieder wichtige Spiele. Sogar ein Ballon-d’Or-Gewinn schien nicht ausgeschlossen, letztendlich landete er bekanntlich auf Platz drei.

Dass Bellingham in der laufenden Spielzeit nicht so fulminant aus dem Startblock kommen würde, ließ sich bei der EM bereits erahnen. Zwar erreichte der 21-Jährige mit den Three Lions das Endspiel, wirkte in seinen Auftritten allerdings fahrig und überspielt. Dazu kamen Arroganzanfälle wie der obszöne Jubel gegen Slowenien oder verbale Attacken gegen Mitspieler nach missglückten Aktionen. Die Bürde, England als Anführer zum ersten Titel seit 58 Jahren zu führen, war offensichtlich auch mental noch zu groß für den immer noch erst 21 Jahre alten Ausnahmefußballer. Mit zwei Treffern, darunter eben jener Last-Minute-Ausgleich im Achtelfinale gegen Slowenien, hatte er dennoch einen großen Anteil am Finaleinzug.

Doch Bellinghams Körper zollte der langen Saison mit 54 Einsätzen für Klub und Nation merklich Tribut, obwohl er schon im Saisonfinale bei Real immer wieder geschont wurde. Der verkürzte Urlaub nach dem Kontinentalturnier reichte nicht aus, um die Akkus wieder voll aufzuladen, der Hochbegabte verletzte sich schon nach dem ersten Spieltag der laufenden Saison im Training und fiel vier Wochen mit einem lädierten Plantarimuskel aus.

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Bei der EM schwanken Bellinghams Leistungen. Trotzdem holt er fast den ersehnten Titel. (Photo by Alex Grimm/Getty Images)

Kein Kroos, dafür Mbappé: Die Statik passt noch nicht

Zudem füllt Bellingham in dieser Spielzeit eine neue Rolle im Team von Carlo Ancelotti aus. Genau genommen die, für die man ihn ursprünglich verpflichtet hatte. Vor einem Jahr hatte der italienische Starcoach seinen Millionen-Neuzugang nach dem Abgang von Karim Benzema kurzerhand vom Achter zu einer Art Zehner-Stürmer-Hybrid umgeformt.

Aus hängender Position stieß Bellingham immer wieder ins meist unbesetzte Sturmzentrum zwischen den Flügelstürmern Rodrygo und Vinicius Junior vor, wo er mit seiner körperlichen Präsenz und der neu entdeckten Torgefahr zu einer echten Entdeckung bei Real Madrid wurde. 19 Tore standen alleine in der Liga am Saisonende auf seinem Konto.

Nun endete im jüngsten Transferfenster jedoch endlich die jahrelange Saga um Kylian Mbappé, der sich nach Ende seines Vertrages bei PSG ablösefrei seinem Traumverein anschloss. Der neue „Chef-Galaktische“ ist seither im Sturmzentrum gesetzt und soll dort zur Institution werden, wie seine Idole Karim Benzema und Cristiano Ronaldo zuvor.

Doch noch fremdelt Mbappé mit seiner Aufgabe als Stoßstürmer. Die Räume für seine Tiefenläufe bekommt er in der Mitte nicht so häufig wie auf der linken Außenbahn. Auf der Lieblingsposition des Franzosen ist jedoch Vinicius Junior gesetzt, der sich in den letzten Jahren zum weltbesten Flügelspieler entwickelt hat.

Während Mbappé in der Spitze nach seiner Top-Form sucht, geht es Jude Bellingham eine Position weiter hinten ähnlich. Zwar ist er zurück auf seiner angestammten Position, doch die Abstimmung mit seinen Nebenleuten passt bisher zu oft nicht, für Defensivaufgaben, die in der vergangenen Saison andere erledigten ist der Nationalspieler Englands nun selbst verantwortlich. Zudem kommt er bedeutend seltener in Abschlusspositionen. Bis zum 13. Spieltag musste er auf sein erstes Saisontor warten, ehe er sich mit dem Heber über Sergio Herrera erlöste.

Im zentralen Mittelfeld tummeln sich mit Eduardo Camavinga, Federico Valverde und eben Bellingham Spieler, die allesamt Weltklasse verkörpern, sich aber vor allem durch ihre Wucht und Dynamik definieren. Eine ordnende Hand fehlt dem Spiel der Königlichen seit dem Karriereende von Toni Kroos an allen Ecken und Enden.

Luka Modric drückt dem Spiel zwar hin und wieder mit genialen Aktionen seinen Stempel auf, doch den Einfluss, den der Deutsche auf das Spiel der Madrilenen hatte, verkörpert der mittlerweile 39-jährige Kroate längst nicht mehr. Ohne Dirigent Kroos klingt das Real-Orchester bisher in der Mittelfeldzentrale ziemlich durcheinander und auch Mbappé trifft die Töne noch nicht regelmäßig. Für die Highlights sorgt derzeit daher meist Solist Vinicius Junior.

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Erleichterung pur: Jude Bellingham feiert am 13. Spieltag endlich sein erstes Saisontor. (Photo by Denis Doyle/Getty Images)

Bellingham: Deshalb wird er zurück zu alter Stärke finden

Bei aller Kritik an der derzeitigen Formschwäche des Engländers, darf man nicht außer Acht lassen, dass Jude Bellingham immer noch erst 21 Jahre alt ist. Schon zu Beginn seiner Karriere, als er mit 16 Jahren bei Birmingham City durchstartete, war er seinem Alter zwar weit voraus, dennoch muss man einem so jungen Spieler Leistungsschwankungen in gewissem Maße zugestehen. Die Erwartungshaltung ist zudem eine andere als vor einem Jahr, als die Nummer 5 der Königlichen einen Traumstart im Weißen Ballett hinlegte und damit alle überraschte, die den Schritt zu Real Madrid als zu früh bezeichnet hatten.

Hinzu kommt, dass Bellingham mit Carlo Ancelotti genau den Trainer an seiner Seite weiß, der in einer solchen Krisensituation einen kühlen Kopf behält. Auch bei Vinicius Junior und Rodrygo arbeitete der 65-Jährige in schlechten Phasen konzentriert und unaufgeregt weiter, mittlerweile zeigen beide eine beeindruckende Konstanz.

Die italienische Trainer-Koryphäe weiß um die herausragende individuelle Qualität seiner Mannschaft und vertraut darauf, dass er auch in seiner wohl letzten Spielzeit im Santiago Bernabeu wieder mal eine Mannschaft formt, die in der entscheidenden Phase der Saison voll auf der Höhe ist. Während sich die Offensive alleine qua Talent bald schon zu einer echten Waffe entwickeln dürfte, muss in der dünn besetzten Verteidigung im Winter dringend personell nachgelegt werden.

Zudem muss Ancelotti eine Lösung für das Kroos-Vakuum finden, sei es durch einen Neuzugang oder eine Anpassung des Systems, das sehr auf die perfekt getimten Tempoverschärfungen und -verzögerungen des Weltmeisters von 2014 ausgelegt ist. Greifen die Zahnräder in Reals Maschinenraum wieder besser ineinander, hört auch Bellinghams Motor auf zu stottern.

(Photo by Angel Martinez/Getty Images)

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