„Der VfB könnte einer der großen Profiteure werden“ – Das Experten-Panel zur Champions League | OneFootball

„Der VfB könnte einer der großen Profiteure werden“ – Das Experten-Panel zur Champions League | OneFootball

In partnership with

Yahoo sports
Icon: 90PLUS

90PLUS

·17 September 2024

„Der VfB könnte einer der großen Profiteure werden“ – Das Experten-Panel zur Champions League

Article image:„Der VfB könnte einer der großen Profiteure werden“ – Das Experten-Panel zur Champions League

Die Champions League ist zurück – und bringt nicht nur ein komplett neues Wettbewerbsformat mit sich, sondern auch jede Menge knackige sportliche Fragen. Schafft es der FC Bayern bis ins „Finale dahoam“? Wie schlagen sich Leverkusen und Xabi Alonso? Und wohin geht die surreale Reise für den VfB Stuttgart? Wir haben versucht, Antworten zu finden.

Vor dem Start der Champions League haben wir mit Prime-Kommentator Jonas Friedrich und Sky-Reporter Jesco von Eichmann (Schwerpunkt BVB) die heißesten Themen zur neuen Saison diskutiert. Aus der 90PLUS-Redaktion antwortete Till Gabriel.


OneFootball Videos


This browser is not supported, please use a different one or install the app

video-poster

Champions League: Alles neu – aber auch alles gut?

90PLUS: Die Champions League kommt im komplett neuen Gewand. Was halten Sie vom neuen Format? Positiv, dass es mehr Spieltage und damit auch mehr hochklassige Duelle gibt oder läuft man Gefahr, dass die Qualität und vielleicht auch der Reiz beim Fan darunter leiden?

Jesco von Eichmann: Ich hoffe, dass die Spannung höher sein kann, weil es weniger Spiele gibt, in denen Klubs nicht mehr investieren müssen, wie an den letzten Spieltagen der Gruppenphase. Auch werden Siege noch wichtiger als bisher. Insgesamt muss ich mich aber erstmal von diesem System überzeugen lassen. Die Belastung kann am Ende auch dazu führen, dass mehr und mehr Top-Spieler unter den vielen Spielen leiden.

Jonas Friedrich: Ich finde, das alte Gruppenformat hatte Schwächen. Die Gruppenphase war in weiten Teilen vorhersehbar und die Spieltage 5 und 6 oftmals bedeutungslos. Der neue Modus behebt diese Schwächen. Für die Topklubs ist es wichtig, unter die ersten Acht zu kommen und die „kleineren“ Klubs haben gute, fairere Chancen, in die Play-offs zu kommen. Dort ist dann alles möglich, um ins Achtelfinale einzuziehen. Kurzum: Ich bin dem neuen Modus gegenüber sehr optimistisch.

Till Gabriel: Grundsätzlich tut man sich als Fußball-Fan immer sehr schwer damit, wenn die Wettbewerbe, mit denen man auf- und in die Sportart reingewachsen ist, Veränderungen erfahren. Gerade, wenn der Hintergrund offensichtlich kommerziell ist. Im Fall der Champions League stehe ich der Ligaphase aber durchaus positiv gegenüber. Es kommt bereits früh im Wettbewerb zu Topduellen, zudem versprechen 18 (!) parallel laufende Partien am letzten Spieltag Spektakel pur. Anders als bei der WM, wo die Qualität durch die kommende Aufstockung auf 48 Teams sicherlich verwässert wird, wird das Teilnehmerfeld „nur“ um vier Teams erweitert. Das neue Ligasystem könnte die Fans schnell auf seine Seite ziehen. Übrigens: Einen Aufschrei gab es Anfang der 90er-Jahre auch, als unsere geliebte Gruppenphase eingeführt wurde.

Wie schlagen sich die deutschen Vertreter in der Champions League?

Dortmund stand dieses Jahr im Finale und Bayern befindet sich im Grunde ja naturgemäß im Dunstkreis der Favoriten, in dieser Saison mit der zusätzlichen Aussicht, den Titel im eigenen Wohnzimmer gewinnen zu können. Verglichen mit den internationalen Top-Teams: Wie stehen die Chancen für den FCB und den BVB?

JE: Bayern ist international immer absolut konkurrenzfähig und auch in der Lage, mit der Erfahrung weit in der Champions League zu kommen. Das verlorene Finale dahoam nagt noch an der bajuwarischen Seele und könnte extra Kräfte freisetzen. Dortmund wird eine solide Rolle spielen. Ein Platz im Viertelfinale ist drin. Dass sie den Erfolg der vergangenen Saison wiederholen können, erscheint mir eher unwahrscheinlich.

JF: Die letzte CL-Saison war verdammt nah am Optimum für Bayern und Dortmund. Es haben jeweils nur Kleinigkeiten zum ganz großen Erfolg gefehlt. Wie im letzten Jahr gilt: Für Dortmund muss es schon auch gut laufen (etwas Glück mit Los und Pfosten), um in der K.O.-Phase weit zu kommen. Für die Bayern muss das Halbfinale der Anspruch sein – und das Finale Dahoam II das große Ziel. Ohne in eine tiefe Sinnkrise zu verfallen, sollte man unterwegs beispielsweise gegen Man City ausscheiden.

TG: Beide gehören nicht zu den Top-Favoriten auf den Titel, die Bayern reihen sich aber direkt dahinter ein und dürfen sich mit dem nötigen Glück beim Turnierbaum eine Chance auf das nächste Finale Dahoam ausrechnen. Verläuft die Saison in der Liga nach Plan und greift Vincent Kompanys spielerischer Ansatz, sind die Münchner durchaus ein Titelkandidat. Gegenüber den Platzhirschen aus Madrid und Manchester fehlt es jedoch an Qualität in der Defensive.

Der BVB ist von der europäischen Spitze eigentlich ein gutes Stück entfernt, hat aber in der Vorsaison bewiesen, wie weit es gehen kann, wenn – auch hier ist der Turnierbaum Thema – alles stimmt. Vor heimischer Kulisse kann Borussia Dortmund jedem Gegner gefährlich werden. Ein sensationeller Finaleinzug wie vor einigen Monaten, erscheint aber doch sehr unwahrscheinlich.

Article image:„Der VfB könnte einer der großen Profiteure werden“ – Das Experten-Panel zur Champions League

In der vergangenen Saison schaffte es der BVB bis ins Finale der Champions League. (Photo by Dan Mullan/Getty Images)

Bei den deutschen Teilnehmern geht der Blick natürlich auch nach Stuttgart, das sich sensationell für die Champions League qualifiziert hat und nun im Bernabéu gegen Real Madrid startet, später noch unter anderem gegen Juventus und PSG antreten darf. Im Sommer musste der VfB allerdings viele Leistungsträger abgeben, und wie der Saisonstart gezeigt hat, drückt vor allem in der Defensive noch massiv der Schuh. Was ist den Schwaben zuzutrauen?

JE: Da kommt es drauf an, wie sie die Champions-League-Euphorie auf den Rasen bekommen. Die Mannschaft zeigt, dass sie in der Liga konkurrenzfähig ist, aber die Champions League ist ein anderes Niveau, besonders auch psychologisch. Ein Vorteil könnte sein, dass alle drei Heimspielgegner schlagbar sind.

JF: Der VfB spielt eine heikle Saison, zweifellos. Trotzdem gehe ich davon aus, dass der VfB die Playoff-Runde erreichen wird. Dann gibt’s abhängig vom Gegner die Chance aufs Achtelfinale – das wäre meiner Meinung nach das Idealszenario. Viel wichtiger wäre aber das nochmalige Erreichen der Champions League in der Bundesliga – das würde den Verein nachhaltig voran bringen.

TG: Der VfB Stuttgart könnte einer der großen Profiteure des neuen Systems werden. In einer Vierergruppe wäre es für die Schwaben, die sich nach den Abgängen von Leistungsträgern wie Serhou Guirassy, Waldemar Anton und Hiroki Ito, erst noch finden muss, schwer geworden. In der Ligaphase erscheint ein Platz unter den besten 24 und damit der Einzug in die Zwischenrunde realistisch, auch wenn das Programm es in sich hat. Stuttgart ist, gerade in der Offensive, immer noch gut genug besetzt, um nicht unter die Räder zu geraten und wird für die ein oder andere Überraschung sorgen.

Mit den Mailänder Klubs sowie Liverpool und Atlético hat Bayer Leverkusen ein durchaus knackiges Programm. Was ist dem deutschen Meister nach einjähriger Abstinenz und mit der gut geölten Alonso-Maschine in der Champions League zuzutrauen?

JE: Leverkusen ist als Mannschaft zusammengeblieben. Die Qualität, alle diese Klubs zu schlagen, haben sie. Leverkusen wird in der Champions League weiterkommen, wenn auch nicht unter den ersten acht Teams.

JF: Leverkusen traue ich alles zu. Sie haben den Kader, die Spielstärke, das Selbstvertrauen und die Ambition. Gegen Leverkusen will im Achtelfinale niemand antreten – für alle anderen ein hoch gefährlicher Gegner.

TG: Die Auslosung der Ligaphase meinte es zwar nicht gut mit der Werkself, allerdings wird sich auch keiner der genannten Gegner über das Los Leverkusen gefreut haben. Das Team von Xabi Alonso ist zum Großteil zusammengeblieben. Rein fußballerisch zählt Bayer selbst zu den besten Teams des Kontinents, allerdings fehlt in einigen Mannschaftsteilen naturgemäß noch die Erfahrung in K.o.-Spielen auf internationalem Spitzenniveau. Das wurde in der Vorsaison zum Beispiel auch dem FC Arsenal zum Verhängnis, der unter Mikel Arteta eine ähnliche Entwicklung durchlaufen hat, wie Bayer unter Alonso. Dass Leverkusen in der K.o.-Phase dabei sein wird, ist angesichts der Qualität und der Selbstverständlichkeit, mit der der deutsche Meister auftritt, nur Formsache.

Article image:„Der VfB könnte einer der großen Profiteure werden“ – Das Experten-Panel zur Champions League

Kann Xabi Alonso mit Bayer Leverkusen auch in der Champions League für Furore sorgen? (Photo by Alex Grimm/Getty Images)

Zeit für Prognosen: Wer überrascht? Und wer holt sich den Titel?

Wir alle lieben sie: die Underdogs, die über sich hinauswachsen und sich überraschend lange im Turnier halten, vielleicht sogar bis unter die letzten Vier stoßen. Welche Mannschaft hast du auf dem Schirm, die andere vielleicht nicht haben?

JE: Atalanta hat die Champions-League-Vorschule Europa League mit Auszeichnung bestanden in der vergangenen Saison. Gut möglich, dass sie jetzt auch eine Klasse höher für Furore sorgen.

JF: Vielleicht sehe zu viel durch die deutsche Brille, aber RB Leipzig wäre mein Geheimtipp für die neue Saison. Ich finde, Leipzig hat alles, was es braucht, um weit zu kommen. Eine Top-Transferphase – Olmo’s Abgang ist zu verkraften und die Neuzugänge haben großes Potenzial. Es fehlt der letzte Punch, die absolute Sieger-Mentalität. Womöglich entsteht sie dieses Jahr in einer gewachsenen Mannschaft. Mit einer möglichen Reise in Halbfinale.

TG: Von einem beliebten Underdog kann man da wohl nicht sprechen, aber: RB Leipzig hat seinen Kader im Sommer gut verstärkt und mit Benjamin Sesko und Lois Openda eines der besten Sturmduos Europas halten können. Die Rose-Elf hat zwar eine schwierige Ligaphase vor sich, übersteht sie diese aber, kann es ähnlich weit gehen wie beim Halbfinaleinzug 2020.

Aston Villa, einer der Gegner der Sachsen, beweist unter Unai Emery im Ligaalltag der Premier League, dass sie gegen die ganz großen Namen mithalten und punkten können. 42 Jahre nach dem Finaltriumph gegen den FC Bayern, können die Villains bei ihrer Rückkehr in die Königsklasse weit kommen.

Zu guter Letzt: Wer gewinnt die Champions League und warum?

JE: Real Madrid. Ganz einfach, weil sie in Spitze und Breite die beste Mannschaft haben.

JF: Steile These: Real Madrid gewinnt sie nicht. Die Zeit ist nun erst einmal wieder vorbei, genug gewonnen. Mein Tipp wäre stattdessen Paris. Letzte Saison waren sie wieder einmal verdammt nah dran, dieses Mal werden sie es schaffen. Witzigerweise ohne Mbappe.

TG: Am Ende macht es dann doch wieder Real Madrid. Die Königlichen sind individuell die bestbesetzte Mannschaft der letzten Jahre und haben Mr. Champions League an der Seitenlinie. Kommt Real nach mauem Ligastart ins Rollen, führt kein Weg an ihnen vorbei. Der zweite Top-Favorit ist Manchester City, hinter den beiden Überfliegern der letzten Jahre reihen sich Arsenal, Inter und der FC Bayern ein.

Fragen von Michael Bojkov

(Photo by VALERY HACHE/AFP via Getty Images)

View publisher imprint