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Philipp Overhoff·9 August 2025
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Philipp Overhoff·9 August 2025
Vor einem Jahr hatte man ihn kaum auf dem Radar, geschweige denn auf einer Ballon-dâOr-Shortlist: Doch heute ist Scott McTominay nicht nur italienischer Meister, Serie-A-Spieler des Jahres und eine absolute Napoli-Legende, sondern auch ganz offiziell einer der 30 besten FuĂballer der Welt. Wie zur Hölle konnte es bitte zu diesem kometenhaften Aufstieg kommen?
Ganz einfach: Es bedurfte eines Tapetenwechsels, eines Trainers mit klarem Plan und eines Spielers, der keine Angst davor hatte, seinen Komfort hinter sich zu lassen. Als Belohnung wird er nun in einem Atemzug mit Diego Maradona genannt. Zumindest unter Napoli-Fans.
Noch letztes Jahr im August war McTominay bei Manchester United kaum mehr als ein gewöhnlicher Kaderspieler. Sein letztes Spiel? Eine triste 1:2-Niederlage gegen Brighton, welcher er lediglich als Joker bewohnte.
Der schottische Nationalspieler wurde von vielen Red-Devils-Fans sinnbildlich fĂŒr die anhaltende Misere ihres Lieblingsklubs herangezogen. Der Vorwurf: Technische Limitationen und schlichtweg fehlendes Niveau fĂŒr die ganz groĂen Ziele.
Doch dann kam Napoli und blĂ€tterte mit rund 30 Millionen Euro eine Summe hin, die heute wie ein SchnĂ€ppchen wirkt. Am Ende der Saison standen fĂŒr McTominay 12 Ligatore, der Scudetto und der Titel als wertvollster Spieler der Serie A zubuche. Sein spektakulĂ€rer Seitfallzieher gegen Cagliari ebnete auĂerdem den Weg zur Meisterschaft. Ein Drehbuch hĂ€tte es kitschiger kaum schreiben können.
Aber wer ist der Mann hinter dieser Verwandlung? Einer Verwandlung, die man einem 28-jÀhrigen Spieler in dieser Form nicht mehr zugetraut hÀtte. Die Antwortet lautet ganz klar: Antonio Conte.
WĂ€hrend McTominay bei United als âdefensiver WassertrĂ€gerâ (O-Ton des BBC-Journalisten Pat Nevin) abgetan wurde, stellte Conte ihn weiter vorne auf. Als aggressiven Box-to-Box-Spieler mit der Lizenz zum Torabschluss.
đž Marco Luzzani - 2025 Getty Images
Das Ergebnis: In 34 Serie-A-Spielen netzte er so oft wie in keiner Saison zuvor. Zum Vergleich: In 178 Premier-League-EinsĂ€tzen hatte er gerade einmal 19 Treffer erzielt. Bei Napoli dagegen gehörte er zu den gefĂ€hrlichsten Mittelfeldspielern der Liga. Und trotzdem bĂŒĂte er nichts von seiner ursprĂŒnglichen ZweikampfstĂ€rke und physischen PrĂ€senz ein.
âMcTominay ist perfekt fĂŒr Conte und Conte ist perfekt fĂŒr McTominayâ, fasste der italienische Analyst Vincenzo Credendino diese Symbiose perfekt zusammen.
Auch abseits des Platzes hat sich McTominay schnell in der sĂŒditalienischen Metropole eingelebt. Und das, obwohl das Leben fernab der Heimat anfangs ungewohnt war. âIch habe immer nah bei meiner Mutter gewohnt. Jetzt bin ich 1.500 Meilen entfernt. Aber genau das gibt einem mentale StĂ€rkeâ, erzĂ€hlte er der 'BBC'.
Der Wechsel ins Ausland war fĂŒr ihn ein bewusster Schritt raus aus der Komfortzone: âIch will nicht stehen bleiben. Ich will ĂŒberall hingehen und mein Bestes geben. Wer sollte mich daran hindern?â
Wer ihn definitiv nicht daran hinderte: Landsmann und Freund Billy Gilmour, der am exakt selben Tag wie McTominay von Brighton zu Napoli wechselte. Gemeinsam meistern sie nicht nur das neue Spielsystem. Noch viel eklatanter: Sie meisterten auch den Ăbergang von der britischen KĂŒche und Kultur hin zur italienischen.
đž DARREN STAPLES - AFP or licensors
In Neapel ist McTominay inzwischen mehr als nur ein FuĂballer, der kommt und wieder geht. Zahlreiche Fans lieĂen sich Tattoos stechen, sein Spitzname âMcFratmâ (eine Mischung aus Mc und Fratello â italienisch fĂŒr Bruder) ging viral und in Edinburgh hĂ€ngt in einem Restaurant eine schottische Flagge mit der Aufschrift: âNapoli. McTominay. Pizza. In that order.â
Diese Liebe beruht auf Gegenseitigkeit. âDie Leute hier sind unglaublich. Sie geben dir ĂŒberall Energie. Beim Training, im Stadion, auf der StraĂeâ, erzĂ€hlt McTominay begeistert. âSie inspirieren dich, jedes Mal dein Bestes zu geben.â
Diese Inspiration beschrĂ€nkt sich dabei scheinbar nicht nur auf den Sport, sondern auch auf die eigenen AnsprĂŒche an Kleidung. Denn wĂ€hrend das einstige Mittelfeld-Raubein zu Premier-League-Zeiten viel eher so aussah, als wĂŒrde er regelmĂ€Ăige JochbeinbrĂŒche in Pubs verteilen, mauserte er sich im Land der Mode zu einer wahrhaftigen Stilikone.
Dass sein Name nun auch noch auf der prestigetrÀchtigen Ballon-d'Or-Liste auftaucht, ist die Kirsche auf einer ohnehin sensationellen italienischen Sahnetorte.
Vom SĂŒndenbock zum Superstar innerhalb von zwölf Monaten: Scott McTominays Aufstieg ist der lebende Beweis dafĂŒr, dass ein Tapetenwechsel manchmal genau das ist, was ein FuĂballer braucht.
Und wer weiĂ? Vielleicht wird aus âMcFratmâ ja bald sogar âMcBallondâOrâ.
đž Francesco Pecoraro - 2025 Getty Images
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