Miasanrot
·1 December 2024
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Wenn man FC Bayern-Fans nach der Saison 2000/2001 fragt, kommt wahrscheinlich allen der letzte Spieltag in den Sinn, als Patrick Andersson mit einem indirekten Freistoß zur Meisterschaft schoss. Dieser Titel wurde allerdings erst möglich durch einen Last-Minute-Treffer eine Woche zuvor.
Im Adventskalender schauen wir im Jahr 2024 auf die vergangenen 24 Jahre. Dabei entscheiden sich unsere Autor*innen für einen Moment, der aus ihrer Sicht besonders war. Das muss nicht immer zwangsläufig der größte und wichtigste, sondern kann und darf auch einfach mal ein sehr persönlicher Moment sein.
Wir schreiben den 12. Mai 2001, vorletzter Spieltag in der Fußball-Bundesliga. Die Frage nach der deutschen Meisterschaft ist spannender als jemals zuvor. Wobei, so ganz stimmt das nicht. Denn im Jahr zuvor war Unterhaching, ich saß bei meinem Onkel auf dem Sofa und jubelte über Ballack und Oberleitner.
Aber an diesen Samstag läuft die Konferenz auf „Premiere“ ohne mich. Meine Eltern haben kein Pay-TV und zudem steht eine Familienfeier an. Ausgerechnet heute. Im Autoradio auf dem Weg zur Feier läuft SWR1 im Stadion, die Konferenz des kleinen Mannes.
Vor dem Heimspiel gegen den 1. FC Kaiserslautern ist die Ausgangslage klar: Ein Sieg muss her. Nach 32 Spieltagen steht der FC Bayern punktgleich mit dem FC Schalke 04 an der Spitze, doch die Knappen haben ein um fünf Tore besseres Torverhältnis.
In meinem Teenager-Hirn rechne ich die beiden letzten Spieltage durch: Zuhause gegen Kaiserslautern, die noch um den Einzug um den UEFA-Cup spielen und anschließend zum HSV, der bereits den Klassenerhalt feiern konnte.
Und Schalke? Auswärts beim abstiegsgefährdeten VfB Stuttgart und dann am letzten Spieltag das Heimspiel gegen die SpVgg Unterhaching, die ebenfalls noch Chancen auf den Klassenerhalt haben. Werden die Hachinger also erneut zum Meistermacher?
Der vorletzte Spieltag wird spannender, als es mir lieb ist. Zwar fällt das oftmals verbeigesehente frühe Tor im Olympiastadion, doch es sind die Betze-Buben, die feiern. Lokvenc trifft nach fünf Minuten zur 1:0-Führung.
Na das kann ja eine tolle Feier werden, sollte der FC Bayern hier und heute die Meisterschaft verspielen. Und selbst mein Cousin, ähnlich fußballvernarrt wie ich, wird sich dieses Mal nicht über eine Bayern-Niederlage freuen: Er ist nämlich Dortmund-Fan.
Doch auch Schalke tut sich gegen den VfB Stuttgart schwer. Zwar hat Mpenza früh im Spiel die Chance auf das 1:0 doch der Belgier scheitert an Timo Hildebrand. Zur Halbzeit steht es 0:0 und somit wäre der FC Bayern nur ein Punkt hinter Schalke.
Doch die Bayern kommen nach einer knappen Stunde zum Ausgleich. Carsten Jancker verwertet eine Salihamidzic-Flanke zum Ausgleich. Richtig beruhigen kann mich das nicht. Ich weiß: Treffen Sand, Mpenza und Co. beim VfB beträgt der Rückstand vor dem letzten Spiel zwei Punkte. Addiert man das bessere Torverhältnis dazu, war es das.
Der FC Bayern, so viel ist klar, muss gewinnen. Und ich muss den familiären Pflichten nachkommen. Hände schütteln, gratulieren, Kuchen essen, dies, das. Doch der Drang nach draußen ist groß. Nicht auf die Toilette, sondern zum Auto-Radio.
Dort, auf dem Parkplatz, überschlagen sich die Ereignisse. Es ist bereits die 90. Minute als Alexander Zickler einen Befreiuungsschlag auf der linken Seite erläuft und mit großen Schritten in den Sechzehner eindringt. Schußversuch, geblockt, nochmals volley drauf gehalten.
Der Ball schlägt im rechten Winkel ein. Rumms. Eine Einzelaktion. Ein bisschen mit dem Kopf durch die Wand. Egal. Drin das Ding, das Stadion explodiert.
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„Tor in Stuttgart“ brüllt es aus dem Lautsprecher. Ja wie jetzt? Bayern trifft, wenn jetzt tatsächlich Schalke auch trifft, bleib alles so wie es ist. Endlose Sekunden vergehen, bis ich Gewissheit habe: Es ist Balakov der den VfB Stuttgart in Führung bringt.
Das gibt es doch nicht. Nach Unterhaching im letzten Jahr also erneut so ein Drama. Abpfiff. Jetzt ist klar, in Hamburg muss der FCB „nur“ einen Punkt holen, um deutscher Meister zu werden. Das sollte ja zu schaffen sein.
Die Bayern-Spieler, das habe ich spätabends im Sportstudio gesehen, feierten Zicklers Treffer überschwänglich und ausgelassen. Klar, was sollte nach dieser Wendung denn jetzt noch schief gehen!