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·11. Juli 2020

Zuschauer trotz Corona-Pandemie: Union will mit Tests das Maximale möglich machen

Artikelbild:Zuschauer trotz Corona-Pandemie: Union will mit Tests das Maximale möglich machen

“Ausgehend vom DFL-Hygienekonzept, das sich im Sonderspielbetrieb der Bundesliga bewährt hat, strebt Union die Vollauslastung des Stadions An der Alten Försterei spätestens ab dem 1. Spieltag der Saison 2020/21 an”, so heißt es in der Vereinsmitteilung über die Entwicklung eines eigenen Hygienekonzeptes des 1. FC Union Berlin, die am Freitagabend für sehr kontroverse Diskussionen gesorgt hat. Von absoluter Freude über die Perspektive auf eine Rückkehr ins Stadion bis hin zu kompletter Ablehnung, weil die Coronavirus-Pandemie noch lange nicht vorüber sei, war eigentlich alles dabei. Medial hat das auch Wellen geschlagen, allerdings gingen die selten über “Union zahlt fans den Coronatest” hinaus. In den Berliner Medien haben sich eigentlich nur Kurier und Bild trotz der späten Mitteilung mit dem Thema ernsthaft beschäftigt.

Doch wie lautet eigentlich Unions Idee für ein Konzept, dass eine Vollauslastung des Stadions mit über 22.000 Zuschauern ermöglicht? Grundlage dafür ist ein negativer Test auf eine Infektion mit dem neuen Coronavirus (also kein Antikörpertest). Der darf nicht älter als 24 Stunden sein (die Inkubationszeit kann nur 1 Tag betragen und laut Untersuchungen liegt die Vermutung nahe, dass die höchste Ansteckungsgefahr von Personen ausgeht, wenn sie infiziert sind, aber noch keine Symptome zeigen). Mit diesem negativen Testergebnis könnte man ins Stadion und die anderen Vorsichtsmaßnahmen (Abstand, Maske etc.) seien dann nicht nötig. Union sagt auch, dass der Verein die Kosten für die Tests selbst tragen würde.


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Viele Fragen bleiben offen

Ganz wichtig: Das ist eine Idee für ein Konzept. Das ist noch kein fertiges Konzept. Denn es sind ja noch ein paar Fragen ungeklärt:

  • Was kosten die Tests? Die Preise sinken auf jeden Fall (laut Deutscher Apotheker-Zeitung auf 39,40 Euro). Über die Zusammenlegung von Tests kann das vielleicht noch viel günstiger werden.
  • Aus welchen Mitteln bezahlt Union die Tests? Der Etat des Vereins lässt im Prinzip keinen Spielraum dafür, selbst wenn man das alles als Übergangszeit betrachtet und die Stadionöffnung nicht zur Gewinnerzielung sondern “nur” zur Erhaltung des Geschäftsbetriebs und der Arbeitsplätze betrachtet. Gehe wir davon aus, die Tests würden nur wahnsinnige 10 Euro kosten, dann wären das 220.000 Euro je Spieltag und locker 3,74 Millionen Euro für eine Bundesligasaison (Testspiele rechne ich nicht mit, und Heimspiele im DFB-Pokal gibt es für Union sowieso nicht). Nehmen wir den günstigsten aktuellen Preis von 39,40 Euro, dann wären wir bei Saisonkosten von 14,73 Millionen Euro.
  • Was ist mit den falschen Testergebnissen? Der Test selbst bietet kein 100% sicheres Ergebnis. Es wird eine gewisse Zahl an falschen positiven Tests und, das ist viel kritischer, an falschen negativen Ergebnissen geben. Die DFL hat wohl aus diesem Grund nicht einen negativen Coronatest, sondern zwei negative Tests nacheinander als Kriterium für die Teilnahme am Spiel- und Trainingsbetrieb vorgeschrieben.
  • Wie wird die Logistik für die Tests aussehen? Dazu hat sich Union noch nicht geäußert. Aber das stelle ich mir tatsächlich interessant vor. Es muss viele Teststellen geben, denn die dürfen ja nicht überfüllt sein und müssen tatsächlich ein gewisses Pensum schaffen können. Bei einem Spiel am Samstag um 15.30 Uhr darf eben auch erst um 15.30 Uhr am Freitag mit dem Testen angefangen werden. Dazu kommen die Tests für Auswärtsfans in den jeweiligen Städten und für Unionfans, die nicht aus Berlin kommen.
  • Was ist mit der Anreise? Das Thema ist schon ohne Corona-Pandemie nicht gelöst. Ich vermute, dass der Verein die Anreise mit Auto nicht empfehlen wird (wo sollen die parken?) und stattdessen darauf hofft, dass die Inkubationszeit von mindestens 24 Stunden eine Sicherheit gibt. Kneipen, vollen Bahnen etc. werden dabei nicht berücksichtigt. Das klingt irgendwie nicht gut.
  • Was ist mit positiven Fällen im Stadion? Die sind theoretisch ausgeschlossen, aber nicht unmöglich. Müssen dann alle 22.000 zu einem Test? Die Tickets werden wohl personalisiert sein müssen für die Kontaktnachverfolgung. Ich kann mir nicht vorstellen, dass das Gesundheitsamt hier den eigenen Prozess für Union aufgibt. Aus Selbstschutz wäre die aktive Installation der Coronavirus-Warn-App noch zusätzlich sinnvoll.
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Warum geht Union jetzt damit raus?

Es gibt noch eine große Frage, die im Raum steht: Warum veröffentlicht Union hier etwas, was sie noch gar nicht als fertiges genehmigtes Konzept vorliegen haben?

Aus meiner Sicht hat das mehrere Gründe:

  • Diskussion vorantreiben: Bisher wird die Diskussion über Zuschauer im Stadion vor allem über Sitzplätze geführt (Problem für Union mit einem Stehplatzstadion), weil sich so Abstandsregeln einfacher umsetzen lassen. Außerdem geht es immer um begrenzte Zulassung, nie um das maximal mögliche. Und es wird mit technischen Lösungen geliebäugelt, die auch später zur Überwachung von Zuschauern eingesetzt werden können.
  • Verbündete finden: Es gibt im Prinzip niemanden, der sich mit Voraussetzungen für volle Stadien oder Veranstaltungen befasst. Erstens ist es einfacher, Beschränkungen durchzusetzen als Lösungen zur Vollzulassung, und zweitens wird auch niemand die alleinige Verantwortung dafür übernehmen wollen. Gleichzeitig werden in Berlin mit Start des neuen Schuljahres alle Beschränkungen abgeschafft, ohne dass es ein Testkonzept für alle Beteiligten gibt. Ich kann mir vorstellen, dass man hier einerseits im politischen Spektrum mehr Verbündete sucht (aktuell dürfte nur die AfD alle Corona-Maßnahmen abschaffen wollen, aber das hat bei der Partei eher was mit Fundamentalopposition als mit nachvollziehbaren Sachargumenten zu tun). Und andererseits dürfte der Vorstoß von Union im Veranstaltungsbusiness (Messen, Konferenzen, Konzerte, etc.) auf viel Aufmerksamkeit stoßen. Und vielleicht lassen sich so Kosten für denn Aufbau von Test-Logistik besser verteilen.
  • Dauerkarten verkaufen: Union wird sicher keinen Dauerkartenverkauf starten, so lange keine Zuschauer ins Stadion dürfen. Über das Konzept (wenn es denn vorliegt), wäre ein Verkaufsstart möglich. Wir dürfen allerdings nicht so blauäugig sein und erwarten, dass wir dann jedes Spiel sehen können. Selbst wenn das Testkonzept genehmigt würde, kann das Infektionsgeschehen jederzeit so dynamisch hochgehen, dass Veranstaltungen wieder untersagt werden, um Kapazitäten in Gesundheitsämtern und Krankenhäusern freizuhalten. Das heißt: Wir würden Dauerkarten kaufen und wahrscheinlich schon vorher in einen Verzicht einwilligen (also nicht freiwillig wie bisher).

Ich habe bisher noch keine Meinung zu dem Konzept, weil ich es noch gar nicht vollständig kenne. Aber ich finde es gut, dass man sich Gedanken macht und dabei schaut, wie man Dinge ermöglichen kann, ohne dabei fahrlässig eine Pandemie zu ignorieren.

Der ExWuschel hat gestern in unserem Chat geschrieben, dass wir bei Erfolg der Idee wohl den Union-Gesang “Wir sind Unioner, wir sind die Kranken …” umdichten müssen:

Wir sind Unioner, wir sind getestet, unser Verein ist der allerbeste …

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Und sonst so?

Es schwirrt ein Gerücht durch die Medien (unter anderem Bild/BZ), dass Max Kruse zu Union kommt. Das regt natürlich unser aller Fantasie an. Aber auch hier habe ich einige Fragen:

  • Kann sich Union das Gehalt leisten?
  • Ist die Kündigung in der Türkei rechtmäßig oder wird er im Nachhinein durch die Fifa gesperrt?
  • Passt Max Kruse als Typ zur Mannschaft? Und das meine ich null im sportlichen Sinne.
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