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·14. Juni 2025
Zum Fußball nur mit Hut, Tuch oder Mütze

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·14. Juni 2025
Die Ärztin war streng. „Wenn sie stundenlang auf ihrem Amateurplatz in der Sonne stehen, müssen Sie sich immer eincremen und einen Hut oder eine Mütze aufsetzen! Gilt auch für Frauen und Mädchen in Ihrem Verein, die können ja ein Tuch tragen, wenn sie keine Hüte mögen!“ Der Grund für die resolute Ansage dürfte selbst Leugnern der Klimakrise bekannt sein: Bei Nichtbefolgung drohen irreparable Veränderungen der Haut, im schlimmsten Fall sogar Hautkrebs. Einige Opfer für unseren Sport gehen dann doch zu weit.
Wenn man sich auf Deutschlands Sportplätzen umsieht, tragen aber weniger als ein Drittel Kopfbedeckungen. Nur wenige haben so kräftiges Haar, dass die Sonne ihrem Kopf nichts anhaben kann. Zumal der auch noch aus Nase, Ohren, Wangen und Nacken besteht, die genau wie Arme, Hände und Beine meist schutzlos der Sonne ausgesetzt werden.
Vor Kurzem wurde der Hitzeschutzplan vorgestellt, der gleich mal von interessierten Medien mit dümmlichen Behauptungen (Bratwurst und Bier geht es an den Kragen!) diskreditiert wurde. Einige so genannte Journalisten können das Wort Hitzeschutz nicht mal aussprechen, wie sie unter Beweis stellten. Kann man schwurbelnde TV-Ansager eigentlich wegen Aufrufs zur fahrlässiger Körperverletzung anzeigen?
Betroffen sind nicht nur ältere Menschen, obgleich die besonders gefährdet sind, denn sie haben schon tausende von Hitzestunden auf‘ m Platz hinter sich. Auch Trainer sollten Sonnenmilch und Schutzkleidung nutzen. Kinder müssen in den warmen Monaten bei Spiel und Training geschützt werden. Wir wissen aus den Feriencamps, dass sie nicht so viel Lust verspüren, zu Beginn eingecremt zu werden und diesen Vorgang mittags noch einmal zu wiederholen. Wir sollten den Nachwuchs nicht mit ihrem Unmut durchkommen lassen, denn wir haben eine Fürsorgepflicht zu erfüllen.
Hilfreich war für uns zuletzt ein Riesensonnenspender, den wir von der EURO 2024 „geerbt“ haben. Einige Exemplare standen auf der Fanmeile und vor dem Olympiastadion, sie werden nun weitergenutzt. Das ist allemal sinnvoller, als sie wegzuwerfen, wie es nach Großveranstaltungen oft der Fall ist. Die Botschaft „Kein Platz für Rassismus“ auf dem Spender schadet auch nicht, in diesen Zeiten schon gar nicht.
So oft die Behörden kritisiert werden, die EURO-Arbeitsgruppe in der Berliner Senatsverwaltung für Sport muss man ausdrücklich loben. Sie haben der EM tatsächlich einen Stempel der Nachhaltigkeit aufgedrückt, bei der Müllvermeidung, beim Sonnenschutz, mit vielen großartigen Projekten zu Umwelt, Vielfalt, Ehrenamt oder Teilhabe. Berlin mag Probleme bei alltäglichen Dingen wie dem reibungslosen Einlass zum Pokalfinale haben. Aber was kreative Menschen aus der sportlichen Zivilgesellschaft und sogar in den Verwaltungen auf die Beine stellen können, wurde im letzten Sommer eindrücklich demonstriert.
Bleibt zu hoffen, dass die Erkenntnisse und Initiativen langfristig in den Amateurvereinen ankommen und dort verstetigt werden. Die jüngst durchgeführte DOSB-Konferenz unter dem Motto „Klima wandelt Sport“ kam da gerade richtig. Hitze ist als wichtiges Thema in den Köpfen des Verbands angekommen und wird an die Vereine kommuniziert.
Auch der DFB hat sich dem Thema Umwelt- und Klimaschutz mit der Kampagne „Anstoß für Grün“ gewidmet und Ideen von Vereinen unterstützt. Geschäftsführer Andreas Rettig sagt dazu: „Nachhaltigkeit im Amateurfußball ist nicht nur ein Ziel, sondern eine Notwendigkeit.“ Was Hoffnung gibt, dass die Nationalspieler künftig auch sensibilisiert sein dürften und vielleicht sogar als Förderer auftreten werden. Ideen gibt es in den Vereinen zuhauf, nur fehlen meist die Mittel zur Umsetzung.
Beim FC Internationale Berlin haben wir das Privileg, zwei funktionierende Arbeitsgruppen zu haben: eine für Nachhaltigkeit, die andere für Kommunikation. Beide unterstützen den sportlichen Bereich, z. B. aktuell mit einem Video zum sinnvollen Umgang mit Hitze auf dem Platz. Auch andere Vereine weisen ihre Mitglieder auf die Herausforderungen hin, wenn auch immer noch viel zu wenige.
Ich kann nur an alle Verantwortlichen, ob Verbände, Vorstände, Trainer oder Eltern, appellieren, den Hitzeschutz ernst zu nehmen und nicht zu unterschätzen. Es muss doch nicht sein, dass die Ärztin eines Tages sagt: „Hätten Sie mal Hut oder Mütze getragen, dann könnten wir uns den Eingriff jetzt sparen!“
Wer glaubt, das Thema immer noch abtun zu können, sollte diese Schlagzeile zur Kenntnis nehmen: „Die Zahl der Hautkrebsbehandlungen in Krankenhäusern hat sich in den letzten 20 Jahren nahezu verdoppelt und liegt längst jenseits der 100.000 Betroffenen.“ Fußball und andere Freiluftsportarten dürften ihren Anteil daran haben. Wie haben wir früher in der Werbung gelernt? Vorbeugen ist besser als heilen! In diesem Sinne allen einen sorgenfreien Sommer.
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