Wochenschau: Wenn "Fans" auf Großeltern pissen wollen | OneFootball

Wochenschau: Wenn "Fans" auf Großeltern pissen wollen | OneFootball

Icon: OneFootball

OneFootball

Dominik Berger·30. Mai 2020

Wochenschau: Wenn "Fans" auf Großeltern pissen wollen

Artikelbild:Wochenschau: Wenn "Fans" auf Großeltern pissen wollen

Die Bundesliga steht im Fokus der Weltöffentlichkeit und versucht, sich von ihrer besten Seite zu zeigen. Manchen „Fans“ gelingt das aber nicht immer.

Der Re-Start der Bundesliga ist nun auch schon wieder zwei Wochen her und während man bei der DFL und den Rechteinhabern insgeheim die Sektkorken knallen lässt, weil die Bundesliga aktuell als einzige Liga überhaupt übertragen wird, bemühen sich auch die Akteure auf dem Rasen um ein tadelloses Bild in den Medien. Denn besonders als die Pandemie ihren Höhepunkt erreichte, spitzte sich das gesellschaftliche Bild in puncto Profifußballer zu.


OneFootball Videos


Ottonormalverbraucher verlieren ihren Job, ihre Existenz ist gefährdet, während beispielsweise ein Kingsley Coman mit dem falschen Luxusauto zum Verein fährt. Die Blase des Profifußballs, sie war und ist zuweilen eine undurchdringliche für die Sportler, nur die wenigsten gönnen sich ab und zu einen Blick nach draußen. Spätestens bei der Diskussion zum möglichen Re-Start hatten die Profifußballer einen ganz schweren Stand in der Gesellschaft, denn auch die Amateure waren zum Stillstand gezwungen.

Artikelbild:Wochenschau: Wenn "Fans" auf Großeltern pissen wollen

„Ganze Betriebe haben zu, aber die Millionäre sollen noch kicken? Ja, wo sind wir denn hier!“ – so oder so ähnlich lauteten die Reaktionen. Doch die Spiele waren nicht die Spiele, die man bisher gewohnt war. Kein Event mit Musik und Rahmenprogramm drumherum, sondern das, was sie eigentlich immer sind: einfach nur Fußballspiele. So wurde aus dem Spitzenspiel Dortmund-Bayern unter der Woche ein Gekicke auf einer etwas überdimensionierten Bezirkssportanlage.

Denn wo keine Zuschauer sind, da gibt es auch keine Show. Wo es keine Show gibt, spielt auch keiner mehr fürs Publikum und versucht, mit seinem Einsatz eine Reaktion im Stadion auszulösen. Sprich: Es gibt weniger Schwalben oder Theatralik und das Beste am ganzen „neuen“ Bundesliga-Alltag: Jedes einzelne Wort der Spieler ist zu hören. Leipzigs Trainer Julian Nagelsmann wollte im Vorfeld den anwesenden Journalisten zuvorkommen und hatte angekündigt, sich nur sozialverträglich zu äußern.

Artikelbild:Wochenschau: Wenn "Fans" auf Großeltern pissen wollen

Und was soll man da sagen: Nicht nur Julian Nagelsmann hält bisher Wort. Beim Spiel gegen Hertha war der Trainer mit einer Schiedsrichterentscheidung nicht einverstanden und wollte die Entscheidung aufgebracht kommentieren. Mit den Worten „Richtig cool seid ihr!“ hat er dem gesamten Schiedsrichterteam aber mal so richtig die Meinung gegeigt. Auch Schalkes Gregoritsch, wohlwissend, dass er nun besser zu hören ist, kommentierte eine aus seiner Sicht falsche Entscheidung stilgerecht.

„Wahnsinn… so ein guter Linienrichter und du siehst das nicht!“

„Richtig zahm seid ihr“, möchte man ihnen da fast schon zurufen.

Aber der Ansatz ist ja nicht verkehrt. Denn wie es die italienische ‚Gazzetta dello Sport‘ auf den Punkt brachte: „Die ganze Welt schaut Dortmund-Schalke“. Durch diesen Brennglaseffekt steht eine unbedachte Äußerung eines Spielers eben nicht mehr nur auf Seite 1 eines deutschen Sportmagazins, sondern wird plötzlich weltweit rezipiert. Da bekommt selbst Heiko Herrlichs „ulkige“ Corona-Anekdote eine weltmännische Tragweite, die dem ein oder anderen Bundesliga-Akteur sicherlich zu denken gibt.

Artikelbild:Wochenschau: Wenn "Fans" auf Großeltern pissen wollen

Die ganze Welt sieht gerade, wie sich die Bundesliga-Fußballer verbal am Riemen reißen, doch leider ist das bei manchen „Fans“ noch nicht angekommen. Sie arbeiten sich auf Twitter, Instagram und Facebook an den Profis ab und schießen dabei teilweise deutlich über das Ziel hinaus. Stefan Ilsanker postete etwa Hass-Nachrichten, die er von einem frustrierten Eintracht-Anhänger zugeschickt bekommen hatte:

„Ich werde auf deine Großeltern pissen und auf deinen Vater scheißen“, stand da unter anderem geschrieben. Dass Ilsanker eine solche Nachricht leider nicht zum ersten Mal bekommt, machte er danach selbst auf Instagram deutlich: „Ich habe den Post vorhin gepostet, weil ich es satt bin, solche Nachrichten lesen zu müssen. Das ist eine nicht hinnehmbare Zumutung.“ Recht hat er!

Das oft zitierte „Schmerzensgeld“ ist in den Gehältern der Spieler zwar mit eingepreist, doch kein Mensch sollte sich solche Beleidigungen anhören müssen, nicht ein Mal und ganz bestimmt nicht regelmäßig. Denn auch wenn die Profis den Umgang mit ihrem Leben in der Öffentlichkeit gelernt haben, so bleibt von all dem Mist, mit dem sie in den sozialen Medien beworfen werden, doch auch immer ein kleines Stück kleben. Dass Ilsanker sich zur Wehr setzte, ist deshalb mehr als verständlich.

Dieser Browser wird nicht unterstützt. Bitte verwenden Sie einen anderen Browser oder installieren Sie die App

video-poster

Wenn die Geisterspiele irgendeine gute Seite haben können, dann bleibt zu wünschen, dass diese gute Seite eine Vorbildfunktion für die Zuschauer ist: Weniger Schwalben, die auf den Amateurplätzen nachgeäfft werden, weniger Diskussionen mit dem Schiedsrichter, ein respektvollerer Umgang mit den Mitmenschen im Allgemeinen und klare Kante gegen Beleidigungen im Internet.

Es wird dauern, bis das auch beim Letzten angekommen ist. Aber immerhin guckt ja gerade die ganze Welt auf die Bundesliga.