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Niklas Levinsohn·18. Juli 2020

Wochenschau: Warum Gareth Bale ein gutes Vorbild für uns alle ist

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Wenn Du jetzt mit der Erwartungshaltung auf diesen Artikel geklickt hast, eine ironische Überschrift gelesen zu haben, müssen wir dich enttäuschen. Denn das ist ernst gemeint.

„Snowflakes“ ist ein englisches Wort, das seit einigen Jahren zwei Bedeutungen hat: Eine sehr naheliegende, Schneeflocken eben. Und eine, die man nur kennt, wenn man lose mit dem amerikanischen Politdiskurs vertraut ist. Ist dort von „Snowflakes“ die Rede, sind übermäßig sensible Menschen gemeint. Geprägt wurde der Begriff ursprünglich von amerikanischen Konservativen, um sich über die vermeintliche Fragilität ihrer linken Gegenspieler lustig zu machen.


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Was das mit Fußball zu tun hat? Nun, ironischerweise sind es häufig jene Konservative, die von anderen mehr Widerstandsfähigkeit einfordern, aber selbst nach jeder noch so kleinen Verbalgrätsche Neymar-esk über das Spielfeld des öffentlichen Diskurses rollen. Stichwort Mülldeponie. Und was in der Politik die Konservativen sind, das sind im Fußball leider oft die Fans.

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Funktionäre? Müssen es (richtigerweise) aushalten, schmähend besungen oder auf Plakaten gerne auch mal derb kritisiert zu werden. Profis? Sollen sich mal nicht so anstellen, schließlich werden die ja auch gut bezahlt. Solche Aussagen kamen manch einem sogar nach den rassistischen Beleidigungen im DFB-Pokalspiel auf Schalke gegen Herthas Jordan Torunarigha über die Lippen. Aber wehe einer zieht ein Trikot an, das er nicht anziehen darf. Dann ist die Empörung beim Anhang plötzlich groß.

Auch wenn er wie Rabbi Matondo 19 Jahre alt ist, es das Trikot seines langjährigen Freundes Jadon Sancho war und der Waliser es in einem privaten Kontext getragen hat. Eine Entschuldigung war fällig, damit die gekränkte Schalker Fanseele ihren Frieden finden konnte. Natürlich hat nicht jeder, der es mit den Königsblauen hält, beim Anblick Matondos in Schwarzgelb gleichfarbigen Schaum vorm Mund gehabt. Trotzdem waren es genug, um öffentlich Buße tun zu müssen.

Hinter dieser realitätsentrückten Erwartungshaltung an die Profiriege steckt oftmals die zu kurz gedachte Gleichung, dass reich sein ein Synonym für glücklich sein ist. Wer so und so viele Millionen im Jahr verdient, dem muss es auch gut gehen. Und wem es gut geht, den muss man auch nicht mit Samthandschuhen anpacken. Die Gleichung mag oft aufgehen, aber – wie die Variable Andre Schürrle gestern bewiesen hat – nicht immer.

Einer, der öffentlich keine Buße tut und außerdem ziemlich glücklich wirkt, ist Gareth Bale. Der Waliser hat den Stempel des Söldners solange aufgedrückt bekommen, bis er ihn einfach angenommen und nach seinen Vorstellungen mit Leben gefüllt hat. Statt sein Dasein als königlicher Buhmann schmollend zu fristen, macht Bale das Beste draus und bringt die, die ihn ohnehin nicht mögen würden, noch ein wenig zur Weißglut.

Witze über sein unter den schützenden Strähnen wegschwindendes Haupthaar. Pfiffe von den eigenen Fans, denen er maßgeblich zwei der vergangenen vier Champions League Titel beschert hat. Die kalte Schulter eines Trainers, in dessen Plänen er keine Rolle mehr spielt: Am 31-Jährigen prallt alles ab. Bale hat sein persönliches Glück offenbar erfolgreich losgelöst von dem, was in seiner Profikarriere passiert. Oder generell auf der Welt.

In einem Interview mit dem ‚Telegraph‘ gab der Mann mit dem linken Huf im Herbst 2019 unverhohlen zu, nicht zu wissen, wer britischer Premierminister ist. Zum Brexit, dem Inselthema schlechthin, sagte Bale: „Ich habe keinen Einfluss darauf, also interessiert es mich nicht.“ Natürlich klingt das erstmal ignorant und es ist natürlich eine Ignoranz, die man sich leisten können muss. Zum Beispiel mit einem Jahresgehalt von angeblich mehr als 17 Millionen Euro.

Aber auch für die nicht 17 Millionen Euro im Jahr verdienenden unter uns lässt sich daraus vielleicht etwas Alltagstaugliches mitnehmen: Häufiger gedanklich von den Dingen abzulassen, die nicht in unserer Hand liegen. Oft auch nicht so wichtig sind wie sie scheinen. Und uns stattdessen auf die Dinge zu konzentrieren, die uns wirklich etwas bedeuten. Wales und Golf zum Beispiel.