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Matti Peters·7. Dezember 2019

Wochenschau: Mehr Toleranz für Langnasen, weniger Abendgarderobe

Artikelbild:Wochenschau: Mehr Toleranz für Langnasen, weniger Abendgarderobe

Freunde, was war das schon wieder für eine Woche? Uns glüht immer noch die Birne bei so vielen Themen, die den Fußball nur unnötig kompliziert machen.Wir versuchen uns mal an einer Aufarbeitung.

Deutschlands vermeintlich bester Schiedsrichter äußerte seine Meinung gegenüber der ‚Süddeutschen Zeitung‘ zu dem unsäglichen Thema VAR. Einerseits weiß er ihn zu schätzen weil er verhindere, „dass mir eine Jahrhundertfehlentscheidung passiert“. Anderseits wird der 46-Jährige das Gefühl nicht los, das der VAR dem Fußball „die Seele raubt“. Da spricht der Fan aus ihm.


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Das Hauptproblem sei die inflationäre Anwendung. Folglich schaltet sich der Video Assistent Referee eben nicht mehr nur bei sogenannten faktischen Entscheidungen ein, sondern eben auch bei Szenen, die interpretiert werden müssen. Die Probleme werden also eigentlich nur verlagert. Vom Rasen in den Kölner Keller, der mittlerweile reichlich Fanpost bekommt.

Gräfe präsentierte weiterhin einen Lösungsansatz. Er würde den Trainern die Möglichkeit einer Challenge wie beim American Football einräumen. Sehen wir also bald auch rote Flaggen auf den Fußballplätzen dieser Welt?

Eine Nasenspitze im Abseits

Eine andere Idee gab Uefa-Präsident Aleksander Ceferin unter der Woche zum besten. Der Funktionär konnte mit seiner Entrüstung nicht hinterm Zaun halten: „Wenn du eine lange Nase hast, stehst du im Abseits“, wetterte er im Gespräch mit dem englischen ‚Mirror‘. Damit sei der Zweck der Abseitsregelung verfehlt.

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Sagen wir mal so: Seine vorgestellte Optimierung liegt nicht unbedingt näher am Ziel, aber würde sicherlich die Produktion des guten alten Geodreiecks ankurbeln. Denn für die mehr als kleinlichen Abseitsentscheidungen könne man über die Einführung einer Toleranz von 10-20 Zentimeter nachdenken. Der Sinn von Abseits sei es, Vorteile zu vermeiden.

Von einem Vorteil könne aber erst ab einer solchen Länge die Rede sein. Na klar, vielleicht sollte wir auch die Gezeiten, die Sonneneinstrahlung und die Übertragungsrate der örtlichen Glasfaserkabel mit einbeziehen. Aber nur an einem regnerischen Sonntag.

Unter Umständen hätte das VfB-Stürmer Mario Gomez einen kuriosen Rekord erspart. „Gonzo“, wie ihn Thomas Müller einst im Kreise der Nationalmannschaft taufte, erzielte gegen Sandhausen nämlich gleich drei Abseitstore. Teilweise hauchdünn. Es waren Zentimeter-Entscheidungen, wie ihm der Unparteiische noch auf dem Rasen wissen ließ. Entsprechend bedient war Gomez im Anschluss am Mikrofon von ‚Sky‘. „Das System wie es ist, ist einfach scheiße“, monierte er.

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Lieber Mario, wir verstehen deine Frustration und deine Sehnsucht nach der Ära „Im Zweifel für den Angreifer“, aber was sollen denn die vielen Verteidiger unseres geliebten Sports sagen, wenn sie mit ihrer etwas zu muskulösen Gesäßhälfte mal wieder um Haaresbreite deine Abseitsstellung aufgehoben haben?

Ballon d’Or oder „The Best“?

Wir behaupten jetzt einfach mal, dass Gomez auch wenn all seine Abseitstore nicht als solche enttarnt worden wären, nie eine Chance auf die Wahl zum Weltfußballer gehabt hätte. Dafür fehlte dem schwäbischen Torero einfach die Lobby. Womit wir auch bei einer anderen vollkommen verkopften Thematik im Profifußball sind.

Am Montag wurde mal wieder der rote Teppich für die besten Fußballer des Erdballs ausgerollt. Die Vergabe des Ballon d’Or stand auf dem Abendprogramm. Lionel Messi räumte in Paris völlig überraschend diesen Preis ab. So richtig erschließt sich uns die Notwendigkeit solcher Galaveranstaltungen nicht.

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Klar, jeder hat einen feinen Zwirn, den er gerne mal zur Schau stellen will und generell gilt auch Ehre, wem Ehre gebührt, aber braucht es das ganze Brimborium gleich doppelt? Ballon d’Or oder das Spektakel der Fifa, besser bekannt als „The Best“. Was zählt denn jetzt eigentlich mehr und wo liegt letztlich der Unterschied?

Zwischen 2010 und 2015 war das mal das Gleiche. Da gab es eine Wahl zum besten Spieler der Welt. Seitdem gibt es wieder zwei – eine von der französischen Fachzeitschrift „France Football“ und eine vom Dachverband des Weltfußballs. Der Vertrag der zwischenzeitlichen Kooperation lief aus und die Verlagsgruppe „Amaury“, die „France Football“ herausgibt, und die Fifa machen seitdem wieder ihr eigenes Ding.

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Beim Ballon d’Or stimmen weltweit Journalisten ab, bei der Fifa zu je einem Viertel Medienvertreter, Fans auf der Website, die Cheftrainer/-innen sowie die Spielführer/-innen aller Nationalteams. Am Ende sind es trotzdem die gleichen Pappenheimer, die eine Dankesrede schwingen.

Also tut uns doch den Gefallen und haltet den Ball einfach mal flach. Denn dieser hoch­sti­li­sie­rte oder, wie Bruno Labbadia sagen würde, „hochsterilisierte“ Unterhaltungs-Kick-and-Rush führt nur dazu, dass die etwas leistungsschwächeren Rechner unter uns an die Grenzen ihres Arbeitsspeichers gehen. Uns raucht ohnehin schon der Kopf. Kein Wunder nach so einer verkopften Woche.