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Helge Wohltmann·7. Mai 2021

Wochenschau: Der Legendkiller packt den Stone Cold Stunner aus

Artikelbild:Wochenschau: Der Legendkiller packt den Stone Cold Stunner aus

Stell dir vor, Du arbeitest in deinem Traumjob, wohnst in einer wunderschönen Stadt, bist erfolgreich und wirst trotzdem gefeuert. An Weihnachten. Verständlich, wenn Du dich danach einfach in eine Kugel zusammenrollst und Plätzchen in dich hineinschlingst. Noch besser ist es aber, wenn Du direkt wieder aufstehst und deinem Ex-Arbeitgeber zeigst, dass er gerade einen Riesenfehler begangen hat.

Genau das gelingt Thomas Tuchel gerade, der mit dem FC Chelsea ins Finale der Champions League eingezogen ist. Ex-Klub PSG schied währenddessen im Halbfinale gegen Manchester City aus. Der 47-Jährige übernahm die Blues auf dem neunten Tabellenplatz, hat sie mittlerweile auf den vierten Rang der Premier League geführt und auch noch das Endspiel des FA Cups erreicht. Viel mehr geht nicht.


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Auf dem Weg dahin hat er gleich noch das Legendkiller-Gimmick von Randy Orton übernommen, mit dem dieser sich zu Beginn seiner WWE-Karriere einen Namen machte. Während Orton unter anderem Wrestling-Legenden wie Shawn Michaels, RVD und Mick Foley besiegte, setzten Tuchel und sein Team sich gegen Jürgen Klopp, Zinédine Zidane, José Mourinho, Pep Guardiola, Carlo Ancelotti und Diego Simeone durch. Das Who is Who der Trainer in etwas mehr als drei Monaten auf die Matte gepinnt.

Bei PSG hingegen hat sich seit der Entlassung und dem Wechsel zu Mauricio Pochettino wenig verändert. Auch drei Spieltage vor Schluss liegen sie in der Ligue 1 weiterhin einen Punkt hinter der Spitze. Das Aus in der Königsklasse wurde schon erwähnt. Trainereffekt gleich null also. Es wäre Tuchel zu verzeihen, sollte er dabei ein wenig Genugtuung empfinden. Immerhin hatte er im April bei ‚Sky‘ zugegeben, dass ihn die Entlassung getroffen habe: „Man ist natürlich enttäuscht und es beschäftigt einen.“

Aus Sicht der Fußballfans ist es jedenfalls eine Geschichte, die zunächst Mitgefühl weckte und nun für etwas Schadenfreude sorgt. Jeder Angestellte würde es seinen (Ex-)Bossen wohl gerne genauso zeigen.

Parallelen werden deutlich zu einer weiteren WWE-Storyline, die Ende der Neunziger Millionen von Fans unterhalten und genau dieses Gefühl bedient hat: Stone Cold Steve Austin gegen seinen Boss Vincent Kennedy McMahon.

Nun ist es ausgeschlossen, dass Tuchel die Glastür eintretend, mit zwei Bierdosen in der Hand in das Büro seines ehemaligen Arbeitgebers stürmen möchte, um seinen ehemaligen Chefs den Mittelfinger zu zeigen. Für Fans und Zuschauer fühlte sich sein Finaleinzug jedoch wie ein Stone Cold Stunner gegen einen Ex-Klub an, der ihn nicht mehr haben wollte. Einer, der sich gegen „die da oben“ durchgesetzt hat.

Klar, Tuchel ist finanziell weich gefallen, musste keine Existenzängste durchleiden und hat mit dem Investorenklub Chelsea, der gerade erst die Super League mitgründen wollte, nun wirklich keinen Underdog nach oben geführt. Doch auch bei Austin und McMahon wusste man, dass hier ein Millionär einen reicheren Millionär in einer Fernsehshow verprügelt. Was die Fans berührte war der Gedanke, dass auch ihnen eines Tages gelingen könnte, was sie im TV zu sehen bekamen: Es einer Autoritätsperson zu zeigen.

Diese Europapokal-Woche lieferte am Donnerstag dann noch einmal eine ganz ähnliche Geschichte. Die Hauptrolle spielte hier Unai Emery, der sich mit Villarreal im Halbfinale der Europa League gegen Arsenal durchsetzte und ins Endspiel einzog.

Genau, der Unai Emery, über dessen Akzent sich Arsenal-Fans und Ex-Spieler noch eineinhalb Jahre nach seiner Entlassung lustig machen. Obwohl Emery einen besseren Punkteschnitt als der aktuelle Arsenal-Trainer, Mikel Arteta, hat, sehen die Gunners-Fans seine Amtszeit deutlich kritischer. So ließ es sich selbst Ex-Gunner Mesut Özil vor der Partie nicht nehmen, auf das berühmte „Good ebening“ von Emery einzugehen, mit dem der Andalusier immer seine Interviews nach dem Spiel begonnen hatte.

Dass dieser fehlende Respekt dem erfolgreichen Trainer gegenüber zumindest bei Villarreal einen faden Beigeschmack hinterlassen hatte, zeigte sich im Anschluss der Partie. Der spanische Klub verpasste es nach dem ersten Europapokal-Finaleinzug der Vereinsgeschichte nicht, die Sticheleien der Arsenal-Seite mit einem eigenen Tweet zu kontern.

Sein Image in England mag dadurch zwar auch nicht wiederhergestellt sein, in seiner Heimat kann Emery sich aber sicher sein, dass ihm höchster Respekt entgegengebracht wird. Sich gegen seinen Ex-Klub durchzusetzen, um ins Finale der Europa League einzuziehen, dürfte dann auch einen zufriedenstellenden Schlusspunkt unter seine Zeit in London setzen.

Vor allem aber zeigt es, dass man sich nach Rückschlägen nicht Plätzchen essend zusammenrollen braucht. Zumindest nicht für immer. Give me a hell yeah.