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Selina Eckstein·3. August 2024

Wieder Frust nach dem Hype? DFB-Weltmeister geht jetzt volles Risiko

Artikelbild:Wieder Frust nach dem Hype? DFB-Weltmeister geht jetzt volles Risiko

Wo ist er? Irgendwo muss er doch sein! Dutzende Fans drängen sich dicht aneinander. Alle versuchen einen Blick zu erhaschen auf den neuen Coach. Klar, dass viel los ist, wenn auf einmal ein Superstar den Lieblingsklub trainiert. Da will schließlich jeder mal gucken und ein Foto machen. Selbst bei strömenden Regen.

Sofort war der Hype entfacht, als bekannt wurde, dass Miroslav Klose den 1. FC Nürnberg übernehmen wird. Die Euphorie ist groß, der Wirbel um den Weltmeister von 2014 aber auch, wie das Bild vom ersten Test der Vorbereitung zeigt. Bis kurz vor dem ersten Saisonspiel hat sich daran nichts geändert.


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Der Auslöser der Aufregung kennt solche Situationen bereits und versucht „jeden Wunsch zu erfüllen, da nehme ich mir auch Zeit. So war das bei mir schon immer“, wie er der ‚SZ‘ sagte. Der 46-Jährige ist eigentlich ein Anti-Star. Keine fetten Autos, keine auffälligen Klamotten und keine Allüren. Klose ist kein Lautsprecher. Im Gegenteil, seine leise Stimme sorgt auf X schon für Kommentare, die ihm eine fehlende Aura unterstellen. In Nürnberg fliegen ihm aber bisher die Herzen zu.

Von einem riesigen Klose-Hype kann jedoch auch ein anderer Klub ein Lied singen. Als er 2022 beim SCR Altach vorgestellt wurde, brach sogar die Vereinswebseite unter dem Ansturm zusammen, den die Verkündung auslöste.

Doch wie das mit der Euphorie manchmal so ist, folgte alsbald die Ernüchterung. Von einer zusammenbrechenden Website bis zu Kommentaren wie „Ich hoffe, Klose erkennt selbst, dass er als Trainer komplett versagt und erklärt den sofortigen Rücktritt als Trainer“ dauerte es in Österreich gerade mal acht Monate.

Seine erste Station als Coach hatte er sich sicher anders vorgestellt. Dabei schien es auf den ersten Blick die richtige Entscheidung gewesen zu sein. Kein europäischer Topklub, sondern ein eher beschauliches Umfeld, wo er in Ruhe arbeiten könnte. Eine typische Klose-Entscheidung eigentlich, der seine Trainerkarriere nicht überhastet angegangen war. Erst als Stürmertrainer beim DFB, dann in der Jugendabteilung des FC Bayern und anschließend in Altach wollte er Stück für Stück Erfahrungen sammeln.

Mit seiner Verpflichtung geriet der Klub jedoch unter ein Brennglas. Plötzlich wollten alle wissen, was in Altach passiert. Außerdem seien ihm Dinge versprochen worden, die nicht eingehalten wurde, berichtete der ehemalige Stürmer rückblickend.

Es wurden kaum Verstärkungen geholt. Außerdem hatte er Probleme seine Spielidee weiterzugeben. Sein Team soll der aktive Part eines Spiels sein – agieren statt reagieren. Aber: „Um hoch zu stehen, braucht man Fitness. Die war nicht da, wie ich es gewohnt bin. Und deshalb brachte die Mannschaft nicht die Energie auf, um 90 Minuten dagegen zu halten“, stellte Klose in einem Interview mit dem ‚kicker‘ fest.

Mit einem Schnitt von 0,83 Punkten pro Spiel wurde er nach nicht mal neun Monaten entlassen. Ein Rückschlag, der Zweifel aufkommen ließ, wie gut Klose wirklich als Trainer ist. Auch er wird wissen, dass er sich einen weiteren Fehlschlag nicht erlauben kann, wenn es etwas werden soll mit dem Aufstieg zum Coach eines Topklubs.

Doch anders als zuvor wählt er ausgerechnet jetzt einen riskanten Weg. Im Gegensatz zum beschaulichen Altach hat der Club aus Nürnberg ein ohnehin schon unruhiges Umfeld, in dem schnell Pessimismus herrscht, wenn die Ergebnisse ausbleiben.

Mit der Verpflichtung von Klose gibt es nun noch einen zusätzlichen Fokus auf den Zweitligisten. Einige Fans träumen sogar vom Aufstieg. Mit einem „Ohje“ kommentierte der ehemalige Stürmer diese Fantasien und fügte direkt an, dass das nicht die interne Zielsetzung sei. Immerhin habe er aber einen guten Eindruck von der Mannschaft. Anders als zu seiner Zeit in Österreich stimme hier die Fitness.

Vor dem Ligastart wirken die Clubberer eingespielt. Vier von fünf Testspielen wurden gewonnen, darunter auch eins gegen Juventus Turin. Inklusive Klose-Salto von Youngster Dustin Forkel. „Er kann ihn besser als ich“, stellte der ehemalige deutsche Nationalspieler anerkennend fest.

Artikelbild:Wieder Frust nach dem Hype? DFB-Weltmeister geht jetzt volles Risiko

Für die Italiener war es allerdings die erste Partie in der Vorbereitung, weshalb das Ergebnis nur bedingt Aussagekraft hat. Wo die Nürnberger wirklich stehen, werden die ersten Spiele in der 2. Bundesliga zeigen. „Es kribbelt wirklich, ich bin froh, dass es los geht und auch die Vorfreude in der Mannschaft ist wirklich zu spüren“, sagte Klose auf der Pressekonferenz vor dem heutigen Spiel gegen die Karlsruher.

Er wird aber auch selbst wissen, welch großes Risiko er mit seiner Entscheidung für Nürnberg eingegangen ist. Wie schnell aus Vorfreude Enttäuschung werden kann, zeigte sich bei seinen Vorgängern. Während Christian Fiel mit einem Jahr vergleichsweise lang blieb, waren Dieter Hecking (101 Tage) und Markus Weinzierl (139 Tage) nur kurz im Amt. Der Trainerposten beim FCN war zuletzt kein Sprungbrett für junge Trainer, sondern ein Schleudersitz, der Karrieren eher schadet als ihnen zu helfen.

Klose steht also direkt unter Druck und muss diesen Trend umkehren. Damit das gelingt, hat er ein einfaches Rezept: „Am besten erfolgreich (spielen, Anm. der Red.), denn ein schönes Spiel nützt nichts, wenn man die Punkte nicht holt.“

Klingt einfach, aber damit sich auch im nächsten Sommer noch Nürnberg-Fans um ihn drängen und sein Autogramm wollen, muss Klose zeigen, dass er aus seiner Altach-Zeit gelernt hat und dass der Hype dieses Mal gerechtfertigt ist.