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Selina Eckstein·13. April 2024
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Selina Eckstein·13. April 2024
"Wer ein Trainer werden will, muss vorher mit ihm geredet haben", sagte Pep Guardiola 2012. Als er damals vom "besten Trainer der Welt" sprach, meinte der heutige City-Trainer niemand geringen als seinen Freund und Kollegen Marcelo Bielsa. Dass er zu den Besten zählt, sprach sich auch bis nach Rom herum.
2016 wurde Bielsa als neuer Trainer bei Lazio vorgestellt. Viele Fans hofften wohl schon auf ruhmreiche Zeiten. Doch was blieb, war eine angeblich geplante Schadensersatzklage in Höhe von 50 Millionen Euro und große Enttäuschung. Nach nur zwei Tagen war der groß angekündigte Toptrainer schon wieder weg. Wie konnte das passieren?
Lazio war damals auf der Suche nach einem neuen Trainer. Simone Inzaghi hatte das Team im April nach der Entlassung von Stefano Pioli interimsweise übernommen. Auf Platz acht beendeten die Römer die Saison und verpassten die meist fest anvisierten internationalen Plätze. Mit Bielsa schien scheinbar der richtige Kandidat für den Neuanfang gefunden zu sein. Er ist für seine Fußballbesessenheit und die akribische Trainingsarbeit sowie seine offensive Spielweise bekannt.
Der Argentinier soll eine riesige Sammlung von Videokassetten mit Spielszenen besitzen. Analysen von Partien können wohl auch mal einen Tag dauern. Einer seiner ehemaligen Spieler von Athletic Bilbao, Iker Muniain, scherzte laut 'tagesspiegel.de' einmal über ihn: "Morgen werden wir 32 Besprechungen haben und 600 Videos sehen."
Der Erfolg gab ihm zumindest in Teilen Recht. In Argentinien gewann er zahlreiche Meisterschaften, als Nationaltrainer von Chile begeisterte er die Massen und mit Athletic Bilbao erreichte er das Finale der Europa League und der Copa del Rey. Beide Endspiele gingen allerdings verloren. Nach einer Saison bei Olympique Marseille war Bielsa 2016 also frei für eine neue Herausforderung.
Die Lazio-Bosse nutzten die Chance und verpflichtete "El Loco" (Der Verrückte). Den Spitznamen erhielt Bielsa in seiner Heimat wegen seiner exzentrischen Art sowie seinen teils ungewöhnlichen Trainingsmethoden. Die Italiener bekamen nur seine Art zu spüren, nicht aber seine Trainingsmethoden. Denn nur zwei Tage nach seiner Verpflichtung teilte der Klub aus der Serie A mit, dass Bielsa der Klubführung seinen Rücktritt mitgeteilt habe.
Im Statement des Vereins hieß es damals, dass der Rückzieher eine "eklatante Verletzung der Vertragspflichten" darstelle. Die Verträge, die zwei Tage zuvor unterzeichnet wurde, seien bereits beim Ligaverband sowie beim italienischen Fußballverband eingegangen. Laut Medienberichten wolle der Verein den Argentinier wegen Vertragsbruch auf Schadensersatz von 50 Millionen Euro verklagen.
"Jetzt begreife ich, warum man Bielsa 'El Loco' nennt", sagte Lazios Sportdirektor Igli Tare 'Spox' zufolge. Doch was bewegte Bielsa zu diesem Schritt? In der 'Marca' veröffentlichte er eine brisante E-Mail, mit der er seinen Rückzieher erklärte. Bielsa wollte den brasilianischen Stürmer Pato in seinem Team haben. Von den Klubbossen habe es allerdings keine Garantie für die Verpflichtung gegeben.
Auch weitere sechs Spieler soll er gefordert haben. Beim Trainingsstart sollten sie dabei sein, wurde ihm wohl versprochen. "Keiner ist gekommen. Dennoch veröffentlichte der Klub einen Vertrag, von dem er genau wusste, dass er ohne die Neuzugänge keine Gültigkeit besaß", sagte Bielsa im Nachgang und wehrte sich so gegen die Vorwürfe der Lazio-Bosse.
Außerdem sei es ihm wichtig, klar zu stellen, dass er kein Angebot von einem anderen Klub vorliegen habe. "Wir werden in Kürze die Kündigungsdokumente zusenden."
Die Zusammenarbeit kam nie zustande, einen lachenden Dritten gab es allerdings doch. Simone Inzaghi, der eigentlich wieder in den Nachwuchsbereich zurückkehren sollte, wurde neuer Cheftrainer und blieb auf diesem Posten bis 2021. Unter seiner Leitung wurde Lazio unter anderem italienischer Pokalsieger.