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Matti Peters·6. April 2024

Wie konnte das passieren? Ein Bayern-Trainer schenkt die Meisterschaft ab

Artikelbild:Wie konnte das passieren? Ein Bayern-Trainer schenkt die Meisterschaft ab

Thomas Tuchels Blick nach Pleite gegen den 1. FC Heidenheim sprach Bände. Er ging ins Leere und war von der gleichen Ratlosigkeit geprägt, wie man es nach enttäuschenden Auftritten schon häufiger gesehen hat. War er vor knapp einem Jahr kurz nach seinem Amtsantritt noch „schockverliebt“, ist bis heute nur noch der Schockzustand geblieben.

Das gleich Bild schon eine Woche zuvor nach der Heimpleite gegen Borussia Dortmund. Auch da sagte sein versteinerter Blick mehr als 1000 Worte und doch waren es vor allem drei spezielle, mit denen er sich aus dem ‚Sky‘-Interview verabschiedete und die man nach vielen Jahren der nationalen Dominanz von einem Bayern-Trainer zu diesem Zeitpunkt der Saison nicht mehr für möglich gehalten hat: „Glückwunsch nach Leverkusen“. Ein Bayern-Coach schenkt Ende März die deutsche Meisterschaft ab. Wie konnte das passieren?


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Die Liste der Gründe für eine Bayern-Saison zum Vergessen ist so vielfältig wie die Arten und Weisen, mit denen die Münchner in den letzten acht Monaten Spiele aus der Hand gegeben haben.

Formschwache Schlüsselspieler, Verletzungsmisere in Kombination mit einem vermeintlich zu dünn besetzten Kader, mangelnder Erfolgshunger nach vielen titelreichen Jahren, überforderte Defensive, phasenweise stotternde Offensive und nicht zuletzt ein Trainer, dem es mit seinem Stab nicht gelang Spieler weiterzuentwickeln oder seine Spielidee zu implementieren. Experten und Medien führten in den vergangenen Monaten viele Gründe an, warum es nicht mehr funktioniert.

Doch auch wenn man diese Liste noch weiter ausführen könnte und sie ganz sicher nur an der Oberfläche kratzt, liegt der FC Bayern von der Punkteausbeute nach 28 Spielen immer noch ungefähr da, wo er auch in den letzten Jahren zum gleichen Zeitpunkt der Saison lag. Tuchel-Debatte hin oder her.

In den Vorsaisons waren die Münchener mit ähnlich vielen Punkten regelmäßig auf Titelkurs. Woran liegt es also, dass gerade in diesem Jahr Krisenstimmung herrscht? Wir alle reden immer über die Probleme der Bayern, dabei ist der wirklich entscheidende Aspekt an dieser frühzeitig abgeschlossenen Suche nach dem nächsten deutschen Meister die wirklich grandiose Entwicklung, die Bayer Leverkusen unter Xabi Alonso hingelegt hat.

Und wie gut die Werkself unter Alonso ist, wird bei aller Lobhudelei immer noch unterschätzt. Der Spanier liegt mit seinem Team auf Kurs den Punkterekord der Bundesliga zu knacken. Eine mögliche perfekte und somit historische Saison zu spielen, in der selbst zwei der erfolgreichsten Bayern-Trainer wie Jupp Heynckes oder Pep Guardiola mit ihren Erfolgsmaschinen in Bredouille gekommen wären. Punktet Leverkusen so weiter, wären selbst diese beiden Erfolgscoaches in ihren jeweils besten Spielzeiten nicht Meister gegen sie geworden.

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Alonso impfte dem vielerorts abgestempelten Vizekusen das Sieger-Gen ein. Die Werkself agiert seit Saisonstart unfassbar konstant und hatte in dieser Saison selbst in den Spielen, in denen mal nicht alles wie am Schnürchen lief, sehr häufig noch das letzte Wort. Allein in der Nachspielzeit konnten durch späte Treffer noch sieben Ligapunkte erzwungen werden. Früher hieß das Bayern-Dusel, heute eher Bayers Last-Minute-Wahnsinn.

Ein Vergleich, der Bayer 04 mit seiner unfassbaren Serie von 41 ungeschlagenen Spielen am Stück nicht wirklich gerecht wird. Wer Anfang April das einzige Team ohne Niederlage in den Top-5-Ligen Europas ist, hat sich nicht mal eben so durchgeduselt.

Sollte Leverkusen die überragende Form und auch die Anspannung bis in den Mai transportieren können, dann ist wie bereits geschrieben ein neuer Bundesligarekord in Reichweite. Den stellte der FC Bayern in der Triple-Saison 2012/13 mit 91 Punkten auf. Mit einem Punkteschnitt von 2,67 pro Spiel pflügten die Münchner damals durch die Liga. Leverkusen steht aktuell mit 2,71 sogar noch ein bisschen besser da. Schon jetzt haben Alonsos Überflieger mehr Punkte als insgesamt 14 Meistermannschaften seit Einführung der Drei-Punkte-Regel Mitte der 90er Jahre.

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Selbst wenn Leverkusen doch noch die große Flatter bekommen sollte und und sagen wir „nur“ noch sieben der 18 noch zu vergebenen Punkte erspielt, dann hätten sie in sieben der zehn letzten Titelrennen am Ende die Schale in die Luft gestemmt.

Ob sich ein Heynckes, Guardiola, Ancelotti, Flick oder Hitzfeld an Tuchels Stelle ebenfalls geschlagen gegeben hätten und vorzeitige Glückwünsche an die Konkurrenz geschickt hätten, ist natürlich hypothetisch. Eine derartig übermächtige Gegenwehr, wie sie Bayer 04 Leverkusen in dieser Saison auf den Rasen gebracht hat, hatten diese Welttrainer zu ihrer Zeit bei Bayern aber auch nicht.