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Paul Cichon·27. Januar 2024

🧐 Wie konnte das passieren? Der vielleicht schlechteste Wechsel ever

Artikelbild:🧐 Wie konnte das passieren? Der vielleicht schlechteste Wechsel ever

Eigentlich war die Geschichte des Jordan Henderson überaus romantisch. Er spielte sich mit seinen Leaderfähigkeiten nicht nur in die Herzen der Liverpool-Fans, sondern erhielt über die eigenen Vereinsgrenzen hinaus Anerkennung. Der langjährige Kapitän der Klopp-Elf war der Anführer beim Triumph in der Champions League und der ersten Meisterschaft nach 30 Jahren Wartezeit.

Der Mittelfeldstratege inszenierte sich außerdem ziemlich glaubhaft als öffentlicher Unterstützer der LGBTQIA+-Community und unterstrich diese Message regelmäßig mit Kapitänsbinde und Schnürsenkeln in Regenbogenfarben. Für die Liverpool-Fans war er seit seiner Ankunft vor zwölf Jahren auf und neben dem Platz ihr Held. Ein halbes Jahr später ist davon kaum noch etwas zu spüren. Bei einem großen Teil seiner nun ehemaligen Anhänger ist Hendo unten durch, sein Ansehen vermutlich unwiderruflich beschädigt. Wie konnte das passieren?


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Ein Titel-Held wechselt zu Al-Ettifaq

Der 33-Jährige war Leader, Vorbild und absoluter Publikumsliebling bis es er sich im Sommer 2023 entschied, den Klub zu verlassen. Den Grund für den Abgang verriet Jürgen Klopp auf einer Pressekonferenz. Während der Sommer-Vorbereitung habe der Coach Henderson eröffnet, dass er ihm keinen Stammplatz mehr garantieren könne und es die Möglichkeit gebe, dass er nicht mehr regelmäßig spielt. Klopp: „Hendo ist ein fantastischer Spieler, ich werde ihn immer lieben, er ist ein fantastischer Typ, aber er geht nicht gut damit um, wenn er nicht spielt.“

Entsprechend sei dann auch die Antwort des Kapitäns ausgefallen. Henderson habe gesagt, dass er nur bleiben würde, wenn Klopp ihm sagen könne, dass er in der kommenden Saison eine zentrale Rolle im Mittelfeld übernimmt. „Ich konnte das nicht und darum war es besser, dass Hendo weitergezogen ist“, so Klopp.

Henderson erlag dem Ruf des schnellen Geldes und wechselte zu Al-Ettifaq in Saudi-Arabien. Das passte für viele nicht mit dem Bild zusammen, dass der Musterprofi bei den Reds zuvor von sich gezeichnet hatte. In Saudi-Arabien ist Homosexualität strafbar, weitere Menschenrechte, vor allem für Frauen, sind eingeschränkt. Geld und Stammplatz waren dann doch wichtiger als Werte, so die allgemeine Interpretation.

Thomas Hitzlsperger warf Henderson – stellvertretend für viele andere – deshalb Scheinheiligkeit vor. Unzählige englische Fanvereinigungen reagierten bestürzt auf den Transfer und unterstellten dem Engländer er würde seine Überzeugungen verkaufen. Als der Wüstenklub im Vorstellungsvideo dann auch noch alle Passagen, die Henderson mit Regenbogenbinde zeigten, in schwarz-weiß darstellte, war der Shitstorm perfekt.

Henderson sah sich gezwungen, seine Entscheidung zu erklären und begründete diese vor allem mit dem Trainer Al-Ettifaqs. Vorbild Steven Gerrard sei der Hauptgrund für seinen Wechsel gewesen.

Bei ‚The Athletic‘ versuchte Henderson seine Entscheidung weiter zu verteidigen: „Ich denke, die Leute kennen meine Ansichten und Werte, bevor ich gegangen bin, und tun es auch heute noch. Ich glaube fest daran, dass es etwas Gutes ist, dass ich in Saudi-Arabien spiele.“

Viele Fans glaubten ihm aber nicht mehr und ließen ihn spüren, was sie von seinem Wechsel hielten. Bei einem Testspiel der Three Lions gegen Australien buhte ihn das Londoner Publikum im Oktober ausgiebig aus. Ein völlig neues Gefühl für den zustimmungsverwöhnten Henderson.

Jähes Ende in Saudi-Arabien

Offensichtlich ein derart Unvertrautes und Unbehagliches, dass Henderson sein Engagement sechs Monate nach seinem Wechsel noch einmal überdachte. Einer der Gründe dafür: die geringen Zuschauerzahlen in der Wüste. Zu den Spielen Al-Ettifaqs kamen teilweise unter 1.000 Zuschauer.

Außerdem soll er mit Alltag, Lebensstil und Temperaturen im autoritären Öl-Staat einfach nicht zurechtgekommen sein. Und auch sportlich lief es für Gerrards Team nicht. Obwohl Al-Ettifaq sein Auftaktspiel gegen CR7s Al-Nassr noch gewann und der Auftakt somit vielversprechend war, stürzte das Team nach Spieltag sieben in eine sportliche Krise und hat mittlerweile 28 Punkte Rückstand auf Tabellenführer Al-Hilal.

Doch damit nicht genug, er drohte zudem noch seinen Platz in der englischen Nationalmannschaft zu verlieren. Kurz: Es war der vielleicht schlechteste Wechsel ever.

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Im Winter drängte Henderson bei Al-Ettifaq deshalb auf eine Rückkehr nach Europa und bekam seinen Wunsch von Ajax Amsterdam erfüllt. Sein Abschied glich einer Flucht aus dem finanzstarken Wüstenstaat. Aber auch einer Besinnung auf ursprüngliche Werte?

Was jetzt noch Hoffnung macht

Henderson hat sich inzwischen bei der LGBTQIA+-Community entschuldigt und seine Entscheidung für Saudi-Arabien als Fehler bezeichnet. „Aber gleichzeitig sind es nur Fehler, wenn man nicht aus ihnen lernt“, fügte er hinzu.

Eine Einsicht die vielleicht gerade noch rechtzeitig kommt. Beim kriselnden Ajax eröffnet sich jetzt eine Chance für Henderson sich in die Herzen einer aktuell leidenden Fanszene zu spielen. Im Interview mit ‚The Athletic‘ erzählte Henderson auch, dass er glücklich sein wolle Fußball zu spielen. Dass dafür Zustimmung von den Rängen und Zuschauer wichtig sind, schien er im Juli vergessen zu haben.

Bei Ajax ist man in jedem Fall bereit dazu den alternden Star wieder zu seinem Glück zu verhelfen. In den ersten 24 Stunden war das Shirt des Engländers das sich am schnellsten verkaufende Trikot der Amsterdamer Vereinsgeschichte. Die dortigen Fans haben ihm den größten und einzigen Griff ins Klo seiner Karriere verziehen. Ob sich sein Ruf und seine Glaubwürdigkeit auch in England wiederherstellen lassen, steht aktuell noch in den Sternen. Viele seiner ehemaligen Unterstützer müssten sich wohl in Vergebung üben.