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·17. März 2023
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Vermont Green FC kickt in der vierten Liga der USA, doch ist kein gewöhnlicher Klub. Der Verein setzt sich auf allen Ebenen für Umweltgerechtigkeit ein – und will damit ein globales Zeichen setzen. Hinter dieser Mission steckt ein Mitbegründer, der bereits für die ganz Großen der Branche arbeitete.
Vermont ist ein Bundesstaat im Nordosten der USA, der nur etwas größer ist als Hessen. Doch einen Männer-Fußballverein gab es in Vermont nicht – bis Matthew Wolff mit ein paar Freunden „auf die verrückte Idee“ kam, einen Klub zu gründen, den es ohne die Corona-Pandemie „wahrscheinlich nicht geben würde“: Vermont Green FC. „Die Isolation während der Pandemie weckte in mir die Sehnsucht nach der Gemeinschaft, die ein Fußballverein bieten kann“, erinnert sich Wolff. Als „verrückt“ bezeichnet er die Idee deshalb, weil es „unglaublich anstrengend“ sei, einen Verein von Grund auf aufzubauen. Schließlich ist Vermont Green kein 08/15-Klub. Wolff und seine Kollegen verfolgen eine bestimmte Mission – und das beileibe nicht nur sportlich.
Die MLS ist schließlich noch weit weg: Vermont Green kickt derzeit in der USL League 2, der 4. Liga der amerikanischen Fußballpyramide. Das Besondere an Vermont Green: „Wir wollen den Fußball als Plattform nutzen, um auf die Dringlichkeit der Klimakrise hinzuweisen und die Menschen darüber aufzuklären.“ Wolff selbst fungiert nicht etwa als Trainer, Präsident oder Sportdirektor. Nein, er ist Grafikdesigner und Art Director – und in der Branche über die Landesgrenzen hinaus renommiert. Das aus guten Gründen: Für MLS-Franchisen wie Chicago Fire FC, New York City FC und Los Angeles FC entwarf er schon Logos; dank seines Designs wurde Nigerias WM-Trikot 2018 zum Verkaufsschlager – und das Starensemble von Paris Saint-Germain zauberte bereits in seinen kreierten Jerseys.
„Diese Erkenntnisse nehme ich natürlich mit zu Vermont Green“, sagt Wolff. Dort ist er nun für alle Designs verantwortlich. Egal ob Wappen, Spielausrüstung oder Fanartikel. „Ich liebe es, dass die Kombination von Symbolen, Farben und Typografie Vereine, Gemeinden, Städte und Länder repräsentieren und widerspiegeln kann“, begründet er. Das von ihm für Vermont Green entworfene Wappen, das mit reichlich Grün, einer Sonne und einem Smiley geziert ist, ist das beste Beispiel dafür. Zumal Vermont für seine idyllischen Landschaften bekannt ist – und dies auch so bleiben soll. „Wir glauben, dass Fußball ein starker Katalysator für eine ökologisch nachhaltigere und sozial gerechtere Welt sein kann“, bekräftigt er und konstatiert: „Das Interesse an Fußball wächst hier in den USA rapide, überall im Land entstehen neue Mannschaften und Ligen.“
Doch nicht jedes Projekt vermag direkt zum Erfolg zu führen. Wolff schildert: „In unserer ersten Saison haben wir uns ins Ungewisse gewagt. Wir hatten keine Ahnung, ob wir Fans haben würden, ob unsere Mannschaft konkurrenzfähig sein würde, ob wir Sponsoren finden würden oder ob sich jemand für unsere Mission der Umweltgerechtigkeit interessieren würde.“ Doch er versichert: „Nach unserem allerersten Heimspiel wurde uns klar, dass wir uns auf dem richtigen Weg befinden. Die erste Saison war ein Riesenerfolg. Die Mannschaft war von Anfang an konkurrenzfähig, die Zuschauerzahlen stiegen von Spiel zu Spiel und beim letzten Heimspiel hatten wir sogar ausverkauftes Haus.“
Das bleibt auch den Schwergewichten nicht verborgen. Wolff verrät, dass mit Owen O’Malley (St. Louis City), Eythor Bjørgolfsson (Seattle Sounders) und Nick Christoffersen (CF Montreal) drei eigene Spieler von Teams aus der MLS abgeworben wurden, doch betont daneben gleichermaßen stolz: „Wir haben große Fortschritte bei der Sensibilisierung für unsere Mission der Umweltgerechtigkeit und der Durchführung von Aktionen erzielt. Vor allem aber haben wir eine ständig wachsende Gemeinschaft von Menschen geschaffen, die am Aufbau dieses einzigartigen Fußballvereins interessiert sind.“
Wolff und seine Gleichgesinnten seien dabei, „einen Klub aufzubauen, der bei allen Geschäftsentscheidungen die Umwelt in den Vordergrund stellt“. Als Vorbild dienen ihnen die englischen Forest Green Rovers, die vegan sind und von den Vereinten Nationen 2018 als erster klimaneutraler Fußballklub der Welt ausgezeichnet wurden. „Wir lieben Fußball und sehen eine Möglichkeit, die Entwicklung des schönen Spiels in Vermont zu unterstützen, indem wir Zugang zum höchsten Niveau des Männerfußballs in diesem Bundesstaat bieten“, erklärt Wolff und sagt: „Wir sind uns auch bewusst, dass die Klimakrise real ist und uns betrifft, und dass jeder von uns aktiv dazu beitragen kann. Wir bauen einen wettbewerbsfähigen Verein auf, den die Einwohner von Vermont mit Stolz ihr Eigen nennen können.“
Dabei denken die Initiatoren langfristig: „Unsere Klubziele und die kontinuierliche Weiterbildung unserer Mitarbeiter, Spieler und Unterstützer sollen einen effektiven Weg in eine bessere Zukunft aufzeigen. Wir hoffen, dass wir Veränderungen in unserer Gemeinde, in der Welt des Fußballs und darüber hinaus bewirken können.“ Um dies zu ermöglichen, trackt Vermont Green im Sinne der Klimaneutralität die Emissionen; spendet ein Prozent des Jahresumsatzes an gemeinnützige Organisationen; beschafft Waren, die den höchsten Standards für Umweltschutz und soziale Verantwortung genügen und bietet dem systemischen Rassismus im Fußball und darüber hinaus mit einem klar definierten Leitfaden die Stirn.
Bei den Fans findet dies großen Anklang. Die Atmosphäre während der Spiele sei „fantastisch“, berichtet Wolff. Die Fans würden mittels Gesängen Stimmung machen, in der Halbzeitpause gebe es oft Gastredner, die über das Thema Umweltgerechtigkeit sprechen. Er behauptet: „Die Fankultur in den unteren Ligen des US-Fußballs wächst immer noch rasant, und wir haben ein offenes und kooperatives Verhältnis zu unseren Fans. Wir sind der Meinung, dass der Charakter des Vereins den Fans die Freiheit gibt, sich so auszudrücken, wie sie es wollen, und wir haben das Glück, dass sie sich auf der Tribüne und bei ihrer eigenen Arbeit in der Gemeinde für unsere Mission einsetzen wollen.“
Mit den Werten Vermont Greens identifizieren sich nicht nur die Fans, sondern auch namhafte Sponsoren. Der Hauptsponsor ist SunCommon, ein lokaler Solarenergieanbieter, und obendrein konnte sogar der bekannte Speiseeishersteller Ben & Jerry's als Partner angeworben werden. „Ben & Jerry's ist eine wunderbare Organisation, deren Werte mit unseren übereinstimmen. Ben & Jerry's ist außerdem eine der weltweit bekanntesten Marken aus Vermont, so dass wir von Anfang an wussten, dass wir mit ihnen zusammenarbeiten wollen“, erklärt Wolff und garantiert: „100 Prozent der Gewinne aus den Ben & Jerry's-Trainingsoberteilen werden an gemeinnützige Organisationen gespendet, um die Umweltgerechtigkeit hier in Vermont zu fördern. Als Bonus verschenken sie bei unseren Spielen kostenloses Eis.“ Für die Zukunft erhoffe sich der Klub „weitere nationale, aber auch globale Partner, um unsere Mission der Umweltgerechtigkeit einem noch größeren Publikum zu präsentieren“.
Der sportliche Erfolg soll dabei aber nicht außer Acht gelassen werden. „Wir bereiten uns gerade auf unsere zweite Saison vor, wir rekrutieren Talente aus der Region und aus dem ganzen Land und streben einen Titel in der Liga an“, verrät Wolff und blickt voraus: „Wir hoffen, dass der Verein über Generationen hinweg Bestand haben kann und mehr Fußballvereine und Unternehmen zu einem Handeln wie dem unserem inspiriert. Ich hoffe, dass die Arbeit, die wir jetzt leisten, den Grundstein dafür legt, dass Vermont Green auch in 100 Jahren noch aktiv sein wird.“ Fest steht jedenfalls: „Es ist eine Achterbahnfahrt und wir genießen sie in vollen Zügen.“