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Benjamin Kuhlhoff·10. Juli 2018
Wie der Ronaldo-Wechsel den Weltfußball verändern wird

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Benjamin Kuhlhoff·10. Juli 2018
Christiano Ronaldo wechselt zu Juventus Turin. Klingt absurd, ist es irgendwie auch. Und genau deswegen wird der Transfer den Weltfußball für immer verändern.
Messi oder Ronaldo? Keine Frage, sondern eine Lebenseinstellung. Für Fans, Spieler, Trainer. Über ein Jahrzehnt duellierten sich die beiden Überfußballer in der spanischen Liga. Es ging um Pokale, Rekorde und natürlich die Krone als Weltfußballer. Nun verlässt der Portugiese im Alter von 33 Jahren Real Madrid. Ein kleines Erdbeben.
Einerseits verliert Real Madrid sein dickstes Ausrufezeichen, sein Gesicht, seinen Schlüsselspieler. Einen Verein, dessen Selbstverständnis seit jeher durch Adjektive wie „galaktisch“ und „königlich“ definiert war, bringt dieser Transfer in Zugzwang. Und es packt ihn bei der Ehre. Der größte Fußballverein der Welt wird sich nun um eine Neuaufstellung seines Kaders bemühen. Eine Mannschaft, die drei Mal in Folge die Champions League gewann, ist natürlich schwer zu verbessern, sagen die einen. Es wurde Zeit, kontern die anderen.
Erst Zidane, jetzt Ronaldo. Sein Abgang zeigt auch, dass der Zahn der Zeit an der Übermannschaft nagte. Weitere Abgängen werden folgen. Das bedeutet auch, dass Real den Transfermarkt mit Geld fluten wird. Kein Ziel ist zu klein, keine Ablöse zu hoch. Nach diesem Abgang muss und wird Real mindestens ein Zeichen setzen. Neymar? Mbappé? Salah? Die elf besten Spieler der WM auf einmal? Nichts scheint jetzt mehr unmöglich.
Real Madrid ist vom Abgang gekränkt. Medienberichten zufolge ging es in den vergangenen Tagen ohnehin nur noch darum, dass Ronaldo öffentlich eingesteht, dass er den Verein verlassen wollte – und nicht vom Hof gejagt wurde. Das Gegenteil soll der Fall sein. Real wollte Ronaldo zu Geld machen – und dabei sein Gesicht wahren.
Ronaldo hat dennoch gezeigt, dass er längst größer als Real ist – vielleicht sogar größer als der Fußball selbst. Aus dem gestriegelten Lachs ist eine Fußballmaschine geworden, der das Spiel selbst längst überstrahlt. Und mit seinem Stab aus Beratern und Aufpolierern versteht, wie man die Aufmerksamkeit auf sich zieht. Dass Ronaldo und Real den Wechsel nur wenige Stunden vor dem WM-Halbfinale öffentlich machten, zeigt ohnehin, dass sich beide Parteien vom Tagesgeschäft entkoppelt haben. Die WM? Ein Fliegenschiss gegen die Überpower von CR7.
Der italienische Fußball wird Juventus Turin mindestens die Füße küssen. Denn mit dem CR7-Transfer katapultiert sich die darbende Serie A von einer Schrottliga in einen Hotspot des europäischen Fußballs. Jeder Schritt, jeder Trick, jeder Fehlschuss wird um die Welt gehen und bringt Italien zurück auf die Fußballlandkarte. Das ist mit Geld kaum aufzuwerten, gerade weil der italienische Fußball nach der verpassten WM-Quali ohnehin in schwere Katerstimmung verfallen war. Ronaldo wirkt da wie eine Pille Ecstasy, deren Wirkung erstmal nicht aufzuhören scheint.
Das ewige Gigantenrennen Messi gegen Ronaldo wird zudem auf die Zielgerade einbiegen. Beide Superstars gehen vielleicht in ihre letzte Saison, in der sie sich auf Augenhöhe duellieren. Und während Messi sich gemütlich ins heimische Barca-Sofa kuschelt und alles beim Alten lässt, bezieht Ronaldo ein neues Wohnzimmer. Das ist mutig, denn es besteht immer die Chance zu scheitern.
Doch Ronaldo wechselt eben auch in eine Liga, die derzeit nicht wettbewerbsfähig ist. Und zu einem Verein, der auch ohne ihn jeden denkbaren Titel eingesammelt hat – außer die Champions League. Würde Ronaldo mit Juve tatsächlich die Königsklasse holen und Weltfußballer werden, wäre er endgültig unsterblich. Er wäre der erste Spieler aller Zeiten, der den Ballon d’Or mit drei verschiedenen Vereinen holen könnte.
Der Ronaldo-Transfer verschiebt die tektonischen Verhältnisse der Fußballwelt. Dass der Fußball sich durch dieses Erdbeben reinigt, ist nicht zu erwarten. Wie bei der jeder Naturkatastrophe werden neue Lebensräume entstehen. Für neue Stars, neue Rekorde, neue Dinge, die man nie für möglich gehalten hat.