MillernTon
·11. Juli 2025
Wer ist Louis Oppie? – Ein Spielerprofil

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Nach dem Abgang von Philipp Treu hat der FC St. Pauli in Louis Oppie einen neuen Außenverteidiger verpflichtet, der dank Dynamik und linkem Fuß sehr gut zur Spielidee passen sollte.(Titelfoto: Fabio Deinert/Getty Images for DFB/via OneFootball)
Es geht wirklich Schlag auf Schlag beim FC St. Pauli. Mit Louis Oppie präsentiert der FCSP den nächsten Neuzugang. Der Linksverteidiger unterschrieb nach unseren Infos einen langfristigen Vertrag und soll die Lücke schließen, die durch den Abgang von Philipp Treu entstanden ist. Er ist der achte Spieler, der diesen Sommer zum Team hinzugestoßen ist und auch er passt ziemlich gut ins Konzept.
Louis Oppie Gürsoy ist im Mai 2002 in Berlin geboren. Seine Fußballkarriere begann bei Tasmania Berlin. Bereits mit sieben Jahren wechselte er in die Nachwuchsabteilung von Hertha BSC, wo er bis 2017 die Jugendteams durchlief. Von einer Hertha ging es dann zu einer anderen: Ab Sommer 2017 spielte Oppie für eine Saison in der Jugend von Hertha Zehlendorf. 2018 folgte der Wechsel ins NLZ von Hannover 96.
Bei Hannover durchlief Louis Oppie dann erst die U17 (23 Einsätze als Linksverteidiger, fünf Torbeteiligungen) und U19 (in zwei Saisons kam er auf 19 Einsätze und sieben Torbeteiligungen). Es wären wohl deutlich mehr Einsätze in der U19 geworden, doch die Pandemie sorgte dafür, dass Oppie in den Jahren 2020 und 2021 extrem wenig spielte. Wie viele Jugendspieler damals, die an der Schwelle zum Herrenbereich standen, ging es auch für ihn dann erstmal in der zweiten Mannschaft weiter. Für Hannover 96 II kam er in zwei Saisons zum Einsatz (auch als Innenverteidiger und im defensiven Mittelfeld), er war dort Stammspieler.
Die Leistungen von Louis Oppie waren gut. So gut, dass es für ihn ab der Saison 23/24 in der 3. Liga weiterging, Arminia Bielefeld sicherte sich seine Dienste und konnte sich sofort über eine Verstärkung freuen: Nach einigen Kurzeinsätzen zu Saisonbeginn wurde er Stammspieler auf der Linksverteidiger-Position, trug unter anderem sechs Torbeteiligungen bei. In der Folgesaison konnte er diese Zahlen sogar noch hochschrauben, in Liga und DFB-Pokal trug er in 43 Spielen insgesamt fünf Tore und 10 Vorlagen bei.
Eine Zusammenstellung seiner Highlights haben wir in den tiefen Untiefen des Internets nicht gefunden. Aber Louis Oppie hat einen „goldenen“ linken Fuß, anders kann es nicht beschrieben werden. Glaubt Ihr nicht? Dann schaut Euch mal das Tor im Pokal gegen Hannover an (ab Minute 1:41). Oder das gegen Freiburg (ab 4:44). Oder das gegen Ingolstadt in der Liga (ab 2:56). Oder das gegen Osnabrück – herrje, kann der überhaupt „normale“ Tore?!
Zwar hat Louis Oppie noch keinerlei Bundesligaerfahrung, stand im Mai aber mit Arminia Bielefeld im Finale des DFB-Pokals.
// (c) Christian Kaspar-Bartke / Getty Images / via OneFootball
Wer sich mit dem deutschen Profifußball beschäftigt, der/dem muss Eva-Lotta Bohle eigentlich nicht mehr vorgestellt werden. Sie ist als Expertin und Co-Host im Rasenfunk und auch bei 11Freunde aktiv, ist auch viel in anderen Podcasts zu hören und war auch bereits beim MillernTon zu Gast, als der FC St. Pauli gegen Arminia Bielefeld spielte. Und sie hat uns sogar schon einmal ein paar Fragen zu einem Neuzugang beantwortet. Zu Marcel Hartel war das. Hoffen wir mal, dass das ein gutes Vorzeichen ist.
Moin Eva, Louis Oppie wechselt von Arminia Bielefeld zum FC St. Pauli in die Bundesliga – passt der Wechsel aus Deiner Sicht?Bei St. Pauli ist ja logischerweise die LV-Position durch den Wechsel von Treu vakant. Da den besten LV der vergangenen Drittligasaison zu holen, ist sicherlich ein logischer Schritt. Mit St. Pauli hat er einen Verein gefunden, der den Fokus nächste Saison sicherlich erstmal auf den Ligaverbleib legt und gleichzeitig ist ihm Spielzeit mehr oder weniger garantiert, beides für ihn gut, um in der Bundesliga anzukommen. Denn die Sache muss man vorweg schicken: Oppie hat keine Bundesligaerfahrung, mit Arminia hat er das erste mal Profifußball gespielt – die Fallhöhe könnte also trotz seiner Talente hoch sein.
Was sind seine Stärken auf dem Platz?Zu seinen Stärken gehört sicherlich seine offensive Ausrichtung als Linksverteidiger. Er kommt aus einem vorwiegenden 4er-Kettensystem, fühlt sich aber auch in einer 5er- beziehungsweise 3er-Kette als offensiver Schienenspieler auf der linken Seite wohl. Unter Arminia-Coach Mitch Kniat hat er in Kombination mit Chris Lannert auf rechts auch mal die Seiten gewechselt. Er hat einen starken Abschluss, wurde von Kniat auch immer wieder ermutigt, ihn zu nehmen und hat dadurch bereits vermehrt für absolute Traumtore gesorgt, unter anderem in den Pokalspielen gegen Hannover und Freiburg letzte Saison. In den zwei Jahren bei uns hat er viel an Körperlichkeit aufgebaut, weil Kniat von seinen Spielern eine hohe Laufbereitschaft und Fitnesslevel erwartet – das passt sicherlich gut in euer System. Dadurch kann er auch in der Nachspielzeit zu einem Sprint in beide Richtungen ansetzen, was ihn als LV eben so wertvoll macht.
In welchen Bereichen kann er sich noch verbessern? Und was können wir nicht von ihm erwarten?Man sollte Louis Oppie schon ein paar Monate Zeit geben, um in der Liga anzukommen und das Spielsystem komplett zu verinnerlichen. Er ist aber ein sehr lernstarker Spieler, der vor allem seine anfänglichen Timing-Probleme in der Verteidigung nach 6-8 Monaten gut in den Griff bekommen hat. Was man bei Oppie merkt: Eine gewisse Müdigkeit war nach der Dreifachbelastung in der letzten Saison durchaus zu erkennen und dann macht er leichter Fehler, bespielt die falschen Räume, verliert den Überblick. Auf 50 Spiele wird St. Pauli in der nächsten Saison aber wohl kaum kommen, daher ist hier vielleicht das Risiko etwas geringer, auch wenn die Spielintensität in der Bundesliga natürlich was anderes ist. Die Robustheit bringt er aber per se mit. Ich glaube in der Bundesliga wird spannend zu sehen sein, wie er da mit dem Timing in Verteidigungssituationen klarkommt, das geht ja alles bekanntlich etwas schneller. Aber er hatte ja schon fünf Bundesligisten als Gegner in der letzten Saison, da hat das meistens enorm gut geklappt, weil er einfach weiß, was er mit freiem Raum machen kann.
Jetzt kommt ein leicht widersprüchlicher Satz: Oppie kann Standards und Weitschüsse, seine Flankengenaugkeit in der Liga lag bei 26,1%, im Pokal bei 17,6% – das ist dann schon nicht so gut und das sieht man dann doch leider auch zum Teil in den Standards. Er hat aber eine hohe Passgenauigkeit und schickt dann eher den Pass in die Tiefe, als unnötig so ne Halbfeldflanke zu schlagen (irgendwo jubelt gerade Max Ost).
Der FC St. Pauli legt den Fokus kommende Saison vermehrt auf das Umschaltspiel – wie gut passt Oppie zu diesem Spielstil?Umschaltspiel passt hervorragend zu Oppie, weil Kniat vor allem das Spiel gegen den Ball fokussiert hat und da eben auch schnelle Ballgewinne auf den Außen und im Zentrum wichtig waren, um zügig ins letzte Drittel zu kommen. Von daher würd ich da per se erstmal den Daumen hoch geben.
Was ist Louis Oppie für ein Typ auf und neben dem Platz?Vom Typ her ist Oppie sicherlich ein Spieler, der ein gewisses Mannschaftsgefüge und Vertrauen braucht, um gut zu funktionieren. Er ist super ehrgeizig, nimmt sich aber auch den Ruhm, der ihm zugesprochen wird und baut darauf auf. Neben dem Platz kann und möchte ich ihn ungern bewerten, kann nur in soweit sagen, dass er nicht durch Negativverhalten aufgefallen ist.Liebe Eva, vielen Dank für die Einschätzung!
Eva hat Louis Oppie als besten Linksverteidiger der dritten Liga bezeichnet. Schauen wir mal, ob die Daten das bestätigen:Auffällig ist beim Blick in die Zahlen auf jeden Fall, dass Oppie sehr kopfballstark ist (er hat unter allen Außenverteidigern die beste Quote). Als Außenverteidiger ist er mit 1,84m zwar kein Riese, aber ganz sicher auch nicht klein. Zudem liefert er ganz gute Zahlen bei den abgefangenen Pässen. Was Eva mit „Problemen beim Timing in der Verteidigung“ meinte, lässt sich an der Zweikampfquote ablesen, die ist nämlich deutlich unterdurchschnittlich und dürfte zusammen mit der defensiven Positionierung in der kommenden Saison die größte Baustelle für ihn werden.
Kern-Statistiken von Louis Oppie der Saison 24/25, dargestellt als Perzentile im Vergleich zu allen Linksverteidigern der 3. Liga. (Erklärung: Die Länge des dunkel gefärbten Teils des Pizzastücks zeigt, wie viele Prozent der anderen Spieler auf dieser Position schlechtere Werte oder oder maximal den gleichen Wert haben. Komplett dunkel heißt: Keiner ist besser. Zudem sind die Absolutwerte in Zahlen angegeben.)
Keine Baustelle, sondern eine Stärke ist ganz generell das Passspiel von Louis Oppie. Und dort zähle zumindest ich auch seine Flanken mit hinein, die in dieser Schärfe so von der Außenposition sicher seit Leart Paqarada nicht mehr beim FC St. Pauli zu sehen waren. Allerdings ist die Streuung seiner Flanken (noch) zu groß. Die Zahlen zeigen zudem, dass Louis Oppie ein sehr progressiver Spieler ist, gerne mit Pässen den Weg nach vorne sucht, überdurchschnittlich viele Pässe ins letzte Drittel oder allgemein nach vorne spielt. Und das Beste: Diese Pässe kommen überdurchschnittlich oft beim Mitspieler an.
Diese guten Zahlen sind möglich, weil Louis Oppie technisch sehr gut dabei ist. Zur Vergleichbarkeit: Das ist sicher nicht das Paqarada-Level, aber eben auch weit weg von Daniel Buballa. Der erste Kontakt ist, wenn er etwas Zeit hat, richtig gut. Mit seinem linken Fuß kann er grundsätzlich einige richtig starke Sachen machen. Allerdings ist auch sein rechtes Bein nicht nur dafür da, um nicht umzufallen. Einige seiner Treffer für Bielefeld erzielte er sogar mit rechts. Das macht ihn für gegnerische Defensiven besonders gefährlich, weil er auch nach innen abkippen kann, nicht „nur“ die Linie runterballert und Flanken schlägt.
Der Beitrag zur Offensive ist aus den Zahlen ersichtlich: Nur zwei Drittliga-Außenverteidiger brachten mehr Zuspiele nahe am gegnerischen Tor zum Mitspieler (in diese Zahlen sind Flanken übrigens nicht mit eingerechnet).Und dann ist da ja noch das Tempo. Auch Louis Oppie ist, wie die meisten anderen Neuzugänge des FC St. Pauli, ein sehr dynamischer Spieler. Ich würde ihn – (noch) nicht leistungsmäßig – als Mischung zwischen Leart Paqarada und David Raum bezeichnen. Sein dynamischer Antritt und sein genereller Drang nach vorne sind zusammen mit seinem linken Huf auf jeden Fall das, was ihn als Spieler am ehesten auszeichnet und dafür sorgt, dass er sich nun im Kader eines Bundesligisten befindet.
Ob er aber auch so schnell ein Bundesligaspieler wird, den Konkurrenzkampf mit Lars Ritzka (der übrigens den gleichen Berater hat) also gewinnt? Hmmm, der Sprung aus der dritten Liga ins Oberhaus ist sehr, sehr groß. Louis Oppie wird in der Bundesliga bei seinen Aktionen nun viel weniger Zeit haben, Ungenauigkeiten werden viel brutaler bestraft, hohes Tempo zählt mehr oder minder zur Grundausstattung nahezu aller Teams, wenngleich der FC St. Pauli da kommende Saison wohl versuchen wird, den Maßstab zu setzen. Die kolportierte Ablösesumme (Oppies Vertrag lief in Bielefeld noch bis 2027) und das berichtete hohe Interesse auch von anderen Clubs sollten nicht dazu führen, dass die Erwartungen an ihn direkt zum Saisonstart in den Himmel wachsen. Linksverteidiger sind rar gesät, das Interesse an Oppie entsprechend auch sicher deshalb besonders hoch.
Das soll natürlich nicht bedeuten, dass das Potenzial von ihm unterschätzt wird. Vielmehr sollte einem 23-jährigen Spieler, der bisher nur in der Regionalliga Nord und der dritten Liga zum Einsatz kam, Zeit eingeräumt werden, damit er sich akklimatisieren kann. Was allerdings Mut macht: Louis Oppie konnte bereits in einigen Spielen gegen Bundesligisten glänzen. Gegen Union Berlin, Werder Bremen, den SC Freiburg, Bayer Leverkusen und den VfB Stuttgart hat er letzte Saison im DFB-Pokal gespielt. Das sind zwar nicht soo viele Minuten, aber sie dürften der Scouting-Abteilung des FC St. Pauli sicher wichtige Infos geliefert haben, wie Oppie mit den Ansprüchen der Bundesliga klarkommen könnte. Entsprechend ist das Risiko sicher etwas kleiner, als wenn ein Spieler aus einer unteren Liga aus einem anderen Land kommen würde. Sicher ist auf jeden Fall: Sollte Louis Oppie noch einmal ein solcher Leistungssprung gelingen wie im Jahr 2024, dann kann er die Lücke ganz schnell schließen und wird auch in der Bundesliga Eindruck hinterlassen.
Herzlich Willkommen am Millerntor, Louis Oppie!// Tim
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