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Jan Schultz·4. Oktober 2020
🔮 Was wäre eigentlich, wenn Flick nicht FCB-Trainer geworden wäre?

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Jan Schultz·4. Oktober 2020
Weltmeister, Triple-Sieger, Menschenfänger: Hansi Flick hat sich binnen kürzester Zeit vom Nebendarsteller zum absoluten Über-Trainer gemausert. Doch was wäre eigentlich, wenn der Heidelberger in München nie die Chance dazu erhalten hätte?
Der 2. November 2019 war ein Tag mit einschneidender Wirkung für den FC Bayern. In Frankfurt hatte der vermeintlich übermächtige Dauermeister eine herbe 1:5-Klatsche kassiert. Die Eintracht hatte die Münchener, allen voran aber deren Trainer Niko Kovač, komplett bloßgestellt. Dessen Aus wurde nun noch vehementer als schon in den Wochen zuvor gefordert. Einen Tag später war es dann soweit, der Double-Coach musste seinen Hut nehmen.
Doch diese gravierende Entscheidung sorgte nicht auf einen Schlag für Ruhe an der Säbener Straße, ganz im Gegenteil. Denn nun stand ein nicht minder bedeutungsvoller Beschluss an. Es galt zu klären, wer den frei gewordenen Platz auf der Bank einnehmen würde.
Die Gerüchteküche fing schneller an zu brodeln als Uli Hoeneß beim Thema Juan Bernat. Arsène Wenger wurde gehandelt, Mauricio Pochettino war ein Thema und selbst José Mourinho stand wohl zur Debatte. Eines war dabei aber schnell klar: Eine interne Lösung wird es nicht geben. Co-Trainer Flick galt den Bossen als zu Kovač-nah, weshalb auch er gehen musste.
Die Entscheidung fiel letztlich auf Pochettino, der aber absolut keine Anlaufzeit hatte. Gegen Piräus mühten sich die Bayern nur vier Tage nach der Schmach von Frankfurt zu einem 1:0-Erfolg, drei Tage später setzte es gegen überraschend mutige Dortmunder eine 1:2-Pleite. „Ich habe immer gewusst, dass wir absolute Mentalitätsmonster sind“, jubelte Marco Reus anschließend. „Das wird mir in der öffentlichen Diskussion oft nicht genug thematisiert.“
Michael Zorc feierte den von ihm geforderten „Männerfußball“ auf der Tribüne indes mit einer Hommage an Diego Simeones Cojones-Jubel.
Für den BVB war dies der Startschuss einer Serie, die Bayern hingegen stabilisierten sich nach der folgenden Länderspielpause nur bedingt. Klare Siege gegen Düsseldorf, Belgrad oder Bremen wechselten sich mit ernüchternden Auftritten gegen Leverkusen, Gladbach und Wolfsburg ab. Zur Winterpause stand der FCB damit nur auf dem fünften Platz.
Der Trainerwechsel hatte die Bayern sportlich bis dahin kaum vorangebracht. Pochettino galt zwar als erstklassiger Förderer von Talenten, im Umgang mit Stars schien er aber noch nicht das richtige Händchen zu haben.
Das sorgte etwa im Hause Müller für Unmut, was Ehefrau Lisa zu einer Schimpftirade auf Instagram trieb. Problem dabei: Die Ur-Bayerin spricht kein Spanisch und bediente sich daher des Google-Übersetzers, der mit dem schwierigen Dialekt aber nicht viel anfangen konnte. Beim Übungsleiter kamen in der Folge nur nette Grüße an seine Mutter an. Die Bild titelte am nächsten Tag trotzdem: „Putsch gegen Poch!“
Trotz dieser vermeintlichen Schmeicheleien schob der Argentinier Müller im Winter unter öffentlichem Applaus von Joachim Löw erfolgreich zu Inter Mailand ab. Aus dem Norden Londons wechselte dafür Pochettinos Lieblingsschüler Dele Alli für die Rekordsumme von 85 Millionen Euro nach München.
Zum Rückrundenauftakt folgte direkt der nächste Rückschlag, denn gegen Jürgen Klinsmann und Hertha BSC sprang nur ein Punkt heraus. Dies wiederum war für die Münchener allerdings der Startschuss für einen Lauf, von den zehn Partien bis zur Corona-Pause gewannen sie acht.
Lediglich gegen Leipzig (0:0) und bei Hoffenheim (1:1) ließ der FCB Federn. In Sinsheim geschah dies allerdings mit Ansage, denn Karl-Heinz Rummenigge wollte seinem guten Freund Dietmar Hopp ein kleines Geschenk machen. Ohne Zweifel die Geste des Jahres!
Als der Ball im Mai endlich wieder rollte, knüpften die Münchener zunächst an ihre Form an und starteten mit vier Siegen. So gelang auch die Revanche gegen den BVB. Persönliche Genugtuung widerfuhr dabei Hoeneß, der Zorcs Cojones-Jubel aus dem Hinspiel imitierte, diesen aber als „Eiertanz“ eindeutschte.
Endlich einen Zähler vor den Schwarz-Gelben stehend, präsentierte sich der Serienmeister öffentlich in der Folge siegessicher, die nächste Schale sei nun nur noch eine Frage der Zeit. Jérôme Boateng präsentierte eine Sonnenbrillen-Linie, bei denen die Gläser aus Meisterschalen bestehen, und Robert Lewandwoski veröffentlichte ein Fitnessvideo, in dem er zehn Yoga-Übungen mit der Schale präsentierte. Doch dieses vom Trainerteam geduldete Verhalten sollte der Mannschaft um die Ohren fliegen.
In einer schicksalhaften Woche kassierte der FCB nämlich drei Niederlagen: In der Liga musste man sich erneut Leverkusen und Gladbach geschlagen geben, dazwischen zerschellten die Pokalträume im Halbfinale an der eisenharten Rübe Martin Hintereggers. Der Innenverteidiger twitterte danach, dass es für ihn immer ein besonderer Ansporn sei, gegen Serge Gnabry zu spielen: „Gegen so einen spielt man auch gerne, um ihm zu zeigen: ‚Hey, was bist du eigentlich für einer?'“
Der Schlussspurt mit drei Siegen war anschließend nicht mehr genug, um den BVB erneut abzufangen. Nach sieben Meisterschaften in Folge war die Dominanz der Bayern somit durchbrochen.
In der Champions League gewann der FCB indes auch das Rückspiel gegen Chelsea und zog somit ins Viertelfinale ein. Dort wartete der FC Barcelona und damit ein alter Bekannter: Flick. Die Katalanen hatten den Ex-Bayer nämlich im Dezember als Ersatz für Ernesto Valverde installiert.
Angeführt vom überragenden Lionel Messi spielte die im Winter verjüngte Mannschaft den Bundesligisten regelrecht an die Wand. Am Ende stand ein Ergebnis, das die ganze Sportwelt schockte, ein 8:2. Für Pochettino kam dies dem Ende in München gleich, für Barça war es indes nur ein Zwischenschritt auf dem Weg zum dritten Triple der Vereinsgeschichte.
Im Süden der Republik folgte ein Transfersommer des Umbruchs, denn Manuel Neuer, David Alaba, Thiago und Robert Lewandowski sahen bei der internationalen Konkurrenz nun bessere Chancen, die Königsklasse zu gewinnen. Leroy Sané entschied sich indes aus ebenjenem Grund doch für einen Verbleib in Manchester.
So hießen die bayrischen Königstransfers im Spätsommer 2020 Hinteregger und Filip Kostić. Neu-Coach Adi Hütter brachte das Duo aus Frankfurt mit. Aber selbst die ehemalige Eintracht-Connection konnte die peinliche 1:2-Niederlage zum Saisonstart gegen Schalke nicht verhindern. Schon im Herbst brennt damit in München wieder der Baum.
Dieses Format soll dich in regelmäßigen Abständen in ein Paralleluniversum der Fußballwelt entführen. Du darfst dich also auf weitere Teile einer Serie von unterhaltsamen, lustigen oder sogar absurden Texten freuen.